~12~

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Er blufft immer noch.

Er muss bluffen.

Er labert. 

Er lügt mir ins Gesicht.

Das darf nicht stimmen!

Aber was hat er schon von Rebecca? Sie hat kein Nutzen für ihn. Gleichzeitig weiß er, dass sie Julian was bedeutet hat. Wenn er also noch einen kleinen Funken Menschlichkeit in sich drin hat, hat er sie verschont. 

Aber das kleine bisschen Menschlichkeit...das habe ich ihm genommen.

Nein, er hat sie getötet.

Er hat Rebecca getötet.

Meine Rebecca.

Ich schluchzte unterschwellig, als Élian den Arm wieder um meine Schultern legte und mit mir zusammen die Gasse hinunter lief. 

Wo war denn meine Menschlichkeit, als ich Julian getötet habe?

Dann fiel mir etwas ein. Dass Akil mir sagte, er würde Rebecca nicht mehr auffinden können. Und ich Idiotin fürchtete darum, dass sie sich was angetan hatte.

Nein, der verdammte Pate hatte sie gefunden. Er hatte sie geschnappt und sie kaltblütig getötet.

Meine arme Rebecca. 

Schwer war es um mein Herz. Ich fühlte tausend Schuldgefühle, warum ich sie nicht aufhielt. Wie konnte ich so dumm sein und sie in diesem Zustand überhaupt gehen lassen? Ich hätte sie festhalten, ich hätte sie einsperren müssen. Ich hätte -

"Gut, da wären wir", unterbrach Élian mich aus meinen Gedanken. Schnell senkte ich den Kopf, damit er meine Tränen nicht sah. 

Fakt war, dass nur zwei Leute von meinem Aufenthalt in Cannes wussten. Akil und Rebecca. Ersteres hat mich noch während Riccardos Erscheinen versucht zu erreichen.

Die Antwort auf die Frage, wenn von den beiden Riccardo gefunden hatte, erübrigte sich also für mich. 

Für diese Sache würde ich Riccardo mit meinen eigenen Händen das Genick brechen.

Darauf ein Wort.

Aber nicht jetzt. Nicht hier.

Und nicht heute.

"Valencia?", fragte mich Élian.

Ab sofort hieß es Alarmstufe rot für mich. Ich war hier nicht mehr länger sicher. 

Außerdem wollte ich gut und gerne noch alt werden.

Und mit genau diesen Gedanken schaute ich auf.

"Élian, lass mich heute Nacht nicht allein, ja?"

.         .         . 

Eine weite Wiese. Ich sehe meine eigenen Füße über die Gräser laufen. Dann stehe ich vor diesem Baum. Dem chinesischen Blauregen.

Rosa Blüten, die sich von den Zweigen lösen, als ein Windzug vorbei zieht.

R a s c h e l n.

Ein paar Blüten verirren sich in meine Haare und ich schließe die Augen und atme den herrlichen Duft der Natur ein.

Es ist nicht kalt, es ist nicht warm. Es ist genau richtig. Alles ist perfekt. Woher kenne ich diesen Ort?

Dann fällt es mir wieder ein. Es ist Riccardos Anwesen in Madrid. Wo ist Riccardo?

R a s c h e l n.

R O M E R O II [Riccardo Mancini]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt