~10~

2K 104 39
                                    

Valencias POV:

Das verdammte Meeting stand bevor und ich verstand die Welt nicht mehr, warum ich dumm genug war, dort anzutanzen. Ich glaubte Angst zu haben, Élian zu verlieren, weil er der einzige Menschenkontakt war, den ich besaß.

Mein Gedankengang war egoistisch, ich war egoistisch. Egoismus war mein zweiter Name. Ich hasste mein jetziges Ich. Ich hasste, ich selbst zu sein.

Ich strich noch ein letztes Mal mein Kleid vor dem Spiegel glatt, ehe ich sah, wie jemand mit seinen Autolichtern in die Einfahrt einbog und meinen Hausflur mit Helligkeit durchfluten ließ.

Mit laut klackernden High-Heels lief ich zur Haustür, schloss sie hinter mir ab und lief auf den Wagen zu. Élian stieg aus und zu meiner Überraschung trug er seine glatten, schulterlangen Haare offen.

Es stand ihm wirklich gut. Sein Blick fiel auf mein schwarzes Kleid, das als Oversizer lässig über meine Schultern hing. Und es war schwarzer als die Hölle.

"Du siehst wundervoll aus", merkte er an und ich lächelte dankend. Ich ließ mir von ihm die Wagentür öffnen und setzte mich hinein.

Wir fuhren den kleinen, schrägen Hügel hinauf und parkten nahe eines noblen Restaurants. Auf der Terrasse war ein langläufiger Tisch gedeckt und in unmittelbarer Nähe waren erstmal keine anderen Tische. Schwache, warmgelbe Leuchten erleuchteten die kleine Terrasse am Hang auf romantische Art und Weise. 

Was für ein Drecksort.

Élians Geschäftspartner waren anwesend, er stellte mich ihnen vor und ihre Augen lagen meiner Meinung nach ein wenig zu lange auf mir.

Es fiel Élian auch auf, aber er tat rein gar nichts dagegen.

Riccardo hätte sie am liebsten alle geköpft.

Verdammte Scheiße, ich tue es schon wieder.

Wir setzten uns an einem Ende des Tisches und nach und nach sammelten sich seine Sponsoren. Irgendwann war der gesamte Tisch bis auf einen Platz, nämlich den am anderen Kopf des Tisches, besetzt und Élian schaute auf die Uhr.

"Was ist?", flüsterte ich.

"Es wird langsam spät. Es ist besser wir beginnen zu bestellen."

Mein Blick fiel auf den leeren Stuhl.

Im selben Moment vibrierte das Handy in meiner Clutch und ich öffnete sie, um das Handy hervorzuholen.

Darauf stand Akil.

Schlechter Zeitpunkt, Akil.

Wir orderten unsere Bestelllungen und kamen in angenehme Gespräche mit den anderen Gästen. Es stellte sich heraus, dass Élians Sponsoren die selben Interessen bezweckten wie er. So konnten sie sich am Tisch über vieles einig werden. Die bürokratischen Dinge würden sie im Einzelnen in seinem Büro klären, sofern mein Französisch ausreichte, um es richtig verstanden zu haben.

Wir waren alle offen für leckerere Desserts und ich konnte nicht verpassen, wie sehr Élian über beide Ohren erleichtert strahlte. Der Abend verlief genau so, wie er es sich erhofft hatte. Und ich gönnte es ihm von ganzen Herzen.

Er war ein aufrichtiger Mensch, der niemandem was Schlechtes wünschte.

Keiner hatte es mehr verdient als er.

Im Laufe des Abends legte er seinen Arm um meine Stuhllehne. Sein gleichaltriger Geschäftspartner und ich waren in einem Gespräch vertieft, dem Himmel sei Dank, dass er spanisch konnte, nur schien es völlig an Élian vorbeizugehen. Geschweige denn, dass er daran interessiert war, zu erfahren, worüber wir sprachen.

Er vertraute mir wohl sehr.

Zu sehr.

Zehn Prozent seines Vertrauens an Riccardo und wieder wäre ich davon überzeugt, dass ich nicht da stände, wo ich jetzt bin.

Mir schien auch auf, dass Akil mich noch mindestens zwei Mal anrief. Nachdem ich den dritten Anruf durchrasseln ließ, breitete sich ein unwohles Gefühl in mir aus. Vielleicht war es dringend?

Ich war müde und war wenig erfreut von Drama zu erfahren, doch ich musste die Toilette aufsuchen und Akil schnellstmöglich zurückrufen. Ein Gefühl in mir bahnte sich an, dass sein Anliegen nicht unwichtig war. Doch bevor ich aufstand, sah ich zu Élian, um ihn in einem ruhigen Moment zu erwischen und ihn zu fragen, wann wir denn gehen würden.

Plötzlich sah ich diesen Schatten, der Abriss eines Mannes.

Der sich unserem Tisch näherte.

Die gedämpften Stimmen verstummten nach und nach, der Geräuschpegel auf der Terrasse war jetzt deutlich reduziert. Und plötzlich empfand ich es als so leise, dass ich mir einbildete, die Schritte auf dem steinernen Pflaster hallen zu hören.

Ich sah mir über die Schulter und sah diese elegante Gangart, die bewusst arrogante Haltung und dieses verdammt selbstgefällige Lächeln im Gesicht, als er auf sich herabsah.

Mein Herz rutschte mir in die Hose.

Nein.

Nein.

Nein!

Das Handy in meiner Handy vibrierte und mein Blick fiel darauf. Es war eine Nachricht von Akil.

Verschwinde sofort von dort, V!!!

Ich schaute unter bebenden Mundwinkeln wieder auf, in dieses Gesicht. Er hatte sich an dem für ihn leeren Platz niedergelassen und winkte mit zwei Fingern forsch nach einem Kellner. Ohne jemanden zu begrüßen, ohne sich auch ein einziges Mal vorzustellen.

Sein Blick war durchgehend auf mich gerichtet. Seine Augen durchbohrten mich und ließen mir Einlass in die tödlichen Vorstellungen, die er für mich mit größtem Vergnügen geplant hatte.

Er hat mich.

Gefunden hat er mich.

Wieso tötete er mich nicht sofort?

Nein, seine Spiele haben gerade begonnen. Und ich bin mittendrin. Sein Ziel, sein Lämmchen.

Élian stand von seinem Stuhl auf und lehnte sich in seine Richtung:

"Monsieur Mancini, es ist mir ein Vergnügen, Sie bei uns begrüßen zu dürfen. Sicherlich haben Sie von meinen Gerätschaften mitbekommen?"

Élian. Ich habe Élian da mit reingezogen.

Verflucht.

"Natürlich", sein Wort hatte diesen einen Klang, der Élian klar machte, wie mickrig und dumm er war. Hinzu kam, dass er immer noch ununterbrochen zu mir sah, "Was sollen die Förmlichkeiten, Élian? Nenn mich doch einfach Riccardo."

Als Ausgleich für das entspannte Ende des letzten Kapitels. Jetzt ist denke ich der richtige Zeitpunkt gekommen, um euch in R O M E R O II zu begrüßen und euch viel Spaß zu wünschen. Mk

R O M E R O II [Riccardo Mancini]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt