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So viel Stress.

Ich spüre es.

Wie mir der Schweiß hinunter rannt.

Ich kann nicht mehr.

Aber ich muss mich entscheiden.

Mein Atem.

Ich kann kaum atmen.

Und mein Herz pocht so stark, die Vibrationen dessen bestimmen meinen ganzen Körper.

Mein Gunman hielt den Oberhaupt dieses dörflichen Bezirkes am Kragen und wartete auf mein Zeichen, ihn abknallen zu dürfen. Die Arbeit war anstrengend. Der Adrenalin, in dem Chaos alle aus dem Dörfchen zusammen zu trommeln, gab mir den Rest.

Aber das konnte ich mit mir selbst nicht vereinen.

Ich muss. 

Sonst verliere ich diesen Ort.

"Holt sein Kind", hörte ich mich sprechen.

Bei Kindern werden die Eltern vermutlich schwach.

So schone ich sein Leben und kriege trotzdem, was ich will.

Der schrille Schrei einer Frau ließ mich wissen, dass die Mutter dieses Kindes ganz und gar nicht erfreut war.

"Nicht mein Kind! Nein!", kreischte sie und warf sich dazwischen. 

Mein Hals wurde ganz trocken. 

Und meine Lippen ganz blass.

Ich verschluckte mich an der Spucke, die zu trocken war. 

Ich war kurz davor zu würgen.

Was tue ich eigentlich da?

Mein Gefühl war ganz und gar nicht dabei. Erst recht nicht mit einem verdammten Baby im Bauch. 

Ich konnte quasi ihren Schmerz nachempfinden. Warum auch immer.

Und plötzlich, da hatte ich diesen Stich im Magen. 

Diesen krampfartigen Stich. Das unerträgliche Ziehen. Es war unaushaltbar.

Mein Gunman hielt dem kleinen Jungen, der schätzungsweise drei oder vier Jahre alt war, die Knarre an den Kopf.

Automatisch ging meine Hand zu meinem Bauch und ich knüllte den Stoff des Shirts zusammen, in der Hoffnung, der Schmerz würde nachlassen.

"Ist gut! Lasst meine Sohn in Ruhe. Ihr könnt alles haben!", sprach der Oberhaupt.

Ich ging zu ihm, stellte mich vor ihm auf.

Erst jetzt merkte ich, dass ich vor Schmerzen die Luft angehalten hatte. 

"Ich hätte niemals abgedrückt, das musst du wissen. So habe ich dein Leben verschont und kriege trotzdem was ich will. Aber ich bin nicht Fernando. Ich will nicht alles haben, ich will mit dir verhandeln. Lass uns dein Dorf gemeinsam regieren."

Wieder durchzog mich dieser stechende Schmerz, ich biss die Zähne zusammen und lief davon. 

"Aber...nicht heute. Wir werden uns bei dir melden."

Ein Wagen fuhr ran, ich setzte mich hinein und lehnte mich zurück.

Ich atmete geübt.

Mein Fahrer drehte sich um: "Todo está bien [span.: Alles in Ordnung]?"

"Ja, alles okay. Ich habe Schmerzen, ich glaube ich habe mich überanstrengt. Fahr mich nach Hause. Die anderen kommen nach."

Er nickte und drückte aus das Gaspedal. Ich schloss die Augen und lokalisierte den Schmerz.

Es kam aus meinem Unterleib.

Eine gefühlte Ewigkeit dauerte es, bis wir endlich ankamen. Langsam ließ der Schmerz auch nach, er kam nur noch zeitweise. Trotzdem war ich erledigt.

Als ich in mein Zimmer flüchtete, lag Riccardo sperrbreit auf meinem Bett und starrte die Decke an. Er entdeckte mich, setzte sich auf und grinste breit.

"Oh nein, nicht du", säuselte ich verzweifelt.

"Wir wollten noch reden."

"Hast du die ganze Zeit hier auf mich gewartet?"

"Natürlich nicht", murrte er.

"Ist klar", ich rollte die Augen und lief zu dem Stuhl meines Tisches, "Wir reden wann anders."

"Warst du erfolgreich, Göttin von Spanien?"

Begleitet seinen Satz etwa eine Prise Sarkasmus?

"Riccardo, ich sagte wir reden wann anders!", schrie ich ihn an. 

Er sprang auf und kam zu mir. 

"Nein, wir reden heute. Ich bin nicht dein Gelegenheitshund, den du ausführst, wann immer es dir beliebt. Entweder du-"

Mitten in seinem Satz krallte ich mich an seinem Oberteil und riss die Augen auf.

"Was zur Hölle-"

"Nein, nein, nein", flüsterte ich, "Oh, verdammt!", stöhnte ich vor Schmerz. 

Die Schmerzen.

Sie kehrten schlagartig zurück und stachen erbarmungslos zu. Bevor meine Knie einknickten, fing Riccardo mich auf.

Ich spürte, dass meine Hose im Schritt nass war. 

Automatisch wanderte meine Hand dahin, ich befühlte etwas und als ich meine Finger betrachtete, erkannte ich Blut daran.

Auch Riccardo erkannte es. Er handelte nur noch intuitiv.

"Hilfe! Helft uns!", rief er. Im Handumdrehen hob er mich hoch, trug mich in seinen Armen, und rannte mit mir hinaus auf die Fluren, "Hey! Verflucht, wir brauchen sofort Hilfe!"

Kurzes Kapitel, aber dieser Cut musste einfach sein. #iamevil



R O M E R O II [Riccardo Mancini]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt