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Julians POV:

"Hey! Du!", rief ich einem Mann auf den Gängen zu. Er blieb stehen, drehte sich um und ich erkannte Valencias Gunman.

Er sah nicht begeistert aus.

"Wo ist Riccardo?"

Keine Antwort.

Es hielt mich nicht davon ab, ihm den Finger vor die Nase zu halten und ihn mit bissigen Worten zurechtzuweisen.

"Luca Marino, soweit ich das beurteilen kann, kommst du ursprünglich aus dem Süden Italiens. Als kleiner Junge nach Spanien gezogen zu sein, ändert nichts an der Tatsache, dass du dir zwischenzeitlich deine Familie aufgebaut hast, die du brav nach Sizilien zurück geschickt hast. Ich frage mich, wie Lucias Tag heute gelaufen ist?", ohne auch nur den Blick abzuwenden, zog ich das Handy aus der Tasche und drückte auf den letzten gewählten Anruf, als der Kragen des Gunmans beinahe platzte.

"Du wagst es nicht-"

"Pronto", ertönte es am Hörer.

"Sag mir was tut sich bei den Marinos?"

"Lucia bringt gerade Viola ins Bett. Findest du nicht auch, dass weiße Fensterrahmen mittlerweile absolut ausgelutscht sind?"

Bevor ich reagieren konnte, ergriff Luca das Telefon, zerdrückte ihn mit der bloßen Hand zu einer Masse aus Plastik und klatschte es an die Wand.

Ich hob unbeeindruckt die Braue. Er nahm tief Luft und deutete auf einen Gang.

Geht doch.

Ich verlor keine Zeit und suchte weiter nach Riccardo. Ich kannte ihn mittlerweile in und auswendig. Und ich spürte, wie mir das Blut in den Adern gefror, je mehr ich rannte und je weniger ich etwas sah, was nach Riccardo aussah.

Wo ist er hin?!

Ich hörte schallendes Gerenne, welches mich in den Keller des Anwesens führte. Dann stand ich vor dem Weinkeller des Hauses. Ein kleiner Raum. Das Licht gedämmt. 

Spärlich betrachtete ich die breiten Schultern des schwarz gekleideten Mannes, der mich noch nicht wahrgenommen hatte. Er stützte seine Hand an einen der Weine an, der in liegender Position neben zig anderen gelagert war. Ungewollt fiel sie bei seiner Krafteinwirkung zu Boden und er schrak zurück. Unmittelbar danach griff er nach einem anderen Wein und schmetterte ihn bewusst zu Boden. Dann den nächsten, rüttelte an den Schrank, bis jedes einzelne Glas zerbrach und das schallende Klirren den gesamten Keller erfüllte. 

Er schrie.

Fuck. Schlimmer als erhofft.

"Ri-Riccardo", ich griff nach seiner Schulter und er riss den Körper herüber.

Wenn ich auch nur ein Prozent Angst hatte, der Gunman hätte mich auseinander genommen, lag die Angst, die ich in diesem Moment spürte, bei mindestens zweihundert.

Ich musste mich besinnen.

"Ein scheiß Vater? Ich soll ein scheiß Vater sein?!", schrie er, als hundert weitere Gläser des nächsten Schrankes mit einer aggressiven Bewegung seinerseits polternd zerbrachen.

"Hör auf Riccardo, lass das. Nicht das...ähm, gute Wein", versuchte ich ihn zu lockern und zog ihn am Arm. Ich biss mir selbstkritisch auf die Lippen, weil meine Finger zitterten.

Es sah nach einem wütenden Riccardo aus, aber dem war nicht so. Mit einem frustrierten Riccardo würde ich klar kommen. Ich würde ihn wieder zurück auf den Boden kriegen. Aber in diesem Zustand wusste ich mir nicht zu helfen.

Auch wenn es extrem selten passierte, ich wusste, was jetzt geschehen würde und konnte rein gar nichts steuern.

Riccardo tritt die Scherben zur Seite, dann stützte er sich mit beiden Armen an einen unversehrten Schrank an. Ließ den Kopf hängen.

R O M E R O II [Riccardo Mancini]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt