~19~

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Ich hatte wieder eine dieser Tage. Ich war schlecht gelaunt, nicht gut anzusprechen und wollte mich am liebsten zuhause verkriechen. Aber ich entschloss trotzdem zur Arbeit zu fahren und als ich Feierabend hatte und meinen Gartenkittel im Flur aufhängen wollte, hörte ich diese Stimme.

Sofort stellten sich mir die Nackenhaare auf. Da war dieser unüberhörbare, sizilianische Dialekt. Intuitiv näherte ich mich dem Büro der Madame. 

Riccardo saß ihr am Tisch gegenüber, es sah so aus, als wäre er ihr Chef und sie eine untergeordnete Haussklavin. 

Lächerlich, Riccardo konnte die reichsten Menschen so darstellen, als wären und hätten sie nichts. Mit seiner einfachen Aura, die alles und jeden beschattete.

Ich hörte sie reden. 

Über die Geschäfte. 

Nämlich, dass sie ihr geschäftliches Verhältnis zu Élian cutten sollte.

Und es ging gar nicht mehr um das 'sollen', sondern schon fast darum, als hätte sie sich so gut wie darum gekümmert.

Wenn Riccardo wollte, könnte er ihr ihre Geschäfte abkaufen. Dieser Mann war stinkreich.

Und scheiße gutaussehend. 

Madame war ihm verfallen, auch wenn sie gute zwanzig Jahre älter war als er. Dem Himmel sei Dank, dass Riccardo nicht auf ältere Damen stand.

Martina war wahrscheinlich die Ausnahme.

Aber Riccardo beabsichtigte nicht, sein Imperium zu erweitern, die Rache mir gegenüber hatte Vorrang. Und die schloss Élians Karriereweg mit ein.

Er stand auf, klopfte sich sein teures Hemd glatt und es sah danach aus, als würde sie ihm die Hand vorstrecken wollen. Er drehte sich jedoch zur Tür und gab ihr mit ihrem vorgestrecktem Arm einen Korb. Schnell machte ich ein paar Schritte zurück und versteckte mich hinter dem Türrahmen.

Riccardo lief hinaus, schloss die Tür hinter sich und als ich dachte, er würde zum Ausgang stürmen, schweifte sein Blick zu den Fenstern, die die Gärten draußen präsentierten. 

Suchte er nach mir? Hatte er mich schon gesichtet?

Er machte Anstalten, zur Küche zu laufen, statt zum Ausgang. In die entgegengesetzte Richtung, als erwartet. Aus dem Grund war ich darauf nicht vorbereitet und bevor die Katastrophe ihren Lauf nahm, rannte er, mit den Augen immer noch an den Fenstern haftend, in mich hinein.

"Was zur-"

Ich blickte ihn scheu an.

Ich wollte ihn anmotzen, aber ich genoss jede wütende Mimik dieses Mannes.

Ich war doch so besessen nach dem Giftigen.

"Die Verräterin. Höchstpersönlich."

"Wer ist hier der Verräter?", ich deutete mit dem Kopf auf Madames Zimmer. 

Er hob seine scharfe Braue.

"Was suchst du hier?"

"Ich mache Geschäfte."

"Mit einer Gärtnerin? Komm schon, Riccardo, du warst schon mal kreativer. Wieso cuttest du Élians Geschäftsbeziehung zu ihr?"

"Wieso nicht?"

"Du hast offensichtlich Langeweile."

"Du auch. Sonst würdest du von morgens bis abends keine Erdbeeren pflücken."

Autsch.

"Also hast du mich doch beobachtet", ich lächelte gefällig.

Und er grinste.

R O M E R O II [Riccardo Mancini]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt