~16~

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Valencias POV:

Noch immer strich ich über die Stelle meiner Handgelenke. Die Vertiefungen meiner Haut erinnerten mich an den Schmerz. Aber meine Gedanken waren bei Rebecca. 

Wenn ich an ein bisschen Barmherzigkeit festhielt, bestand die klitzekleine Möglichkeit, dass Riccardo sie verschont hatte. 

Aber wenn ich Riccardo jetzt genauer betrachtete, war nichts Menschliches verblieben. Schließlich war Julian tot und er wollte Rache für alles, was er verloren hatte.

Meinetwegen.

Aber er musste doch erkennen, dass sie zu Julian gehörte. Und Julian hätte das nun mal nie gewollt.

Ich hoffe du hast dein mickriges, kleines Köpfchen benutzt, Riccardo.

"Ich wollte einkaufen, möchtest du mit?", unterbrach Élian meine Gedanken.

"Ja", antwortete ich zu schnell und sprang auf. Mein kurzes, lockeres Sommerkleid wedelte auf und er kam mir näher.

Er ignorierte die roten Stellen, für die Riccardo verantwortlich war.

"Du siehst toll aus."

"Danke."

"Valencia, ich muss dir was sagen."

"Ja?", ich hob abwartend die Braue.

"Du...sagtest du kommst aus Spanien", druckste Élian herum und drückte seine Zehenspitzen nervös Richtung Boden.

"Das sagte ich."

"Und ich will...dir nicht nahetreten, aber ich...muss dir schildern, was ich denke."

"Wieso?", ich schränkte irritiert die Arme ein.

"Hör mich einfach an. Als ich klein war, reiste meine Familie oft nach Spanien. Wir hatten entfernte Verwandte dort. Dann bekam meine Familie es mit einer Gang zu tun. Romero hießen sie", ich hörte auf zu atmen, "Mein Vater war in etwas verstrickt, worauf ich nicht stolz bin. Er...Wir- wir waren arm. Er brauchte das Geld. Als er es dann nicht zurückzahlen konnte, hat er anderweitig bezahlt."

Ich hielt mir die Hand vor dem Mund und riss die Augen auf.

Nicht heulen.

Ich darf jetzt nicht heulen.

Mein Blick forderte gleichzeitig, dass er verdammt nochmal weitersprach.

"Er wurde von ihnen erschossen. Er und...meine gesamte Familie. Meine Geschwister. Onkel und Tanten. Ich war zu der Zeit beim Nachbarsjungen, von meiner Existenz wussten sie nichts. Die Polizei wurde durch mich gerufen, ich habe sie gefunden. Und ich war neun."

"Élian", ich nahm seine Hand in meine und hoffte, dass er nicht merkte, wie meine Finger dieser Hand zitterten.

Gott hasst mich.

"Natürlich machte die Polizei nichts. Das wurde nicht mal publik, die stehen hinter diesen Romeros. Aber ich hasse sie. Ich werde dieses Drogenkartell immer hassen, denn sie haben mir meine Familie genommen", er atmete belastend aus.

Und ich? Ich wusste gar nicht, wo mir die Luft blieb.

"Aber es gibt sie, solche Menschen wird es immer geben. Ich habe weiter gemacht, ich habe mich entschlossen, dem zu entfliehen und ein neues Leben aufzubauen. Armut, Trostlosigkeit, Angst und Einsamkeit sind einige der Dinge, die ich aus meinem Leben eliminiert habe. Das solltest du auch tun."

Geht nicht, wenn ich in meinem eigenen Haus gefesselt und mit einem Messer aufgeschlitzt werde.

Sorry not sorry.

R O M E R O II [Riccardo Mancini]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt