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Tränen füllten sich in meinen Augen, schnell wusch ich sie weg.

Ich nickte hastig und bevor ich tätig werden konnte, rückte Riccardo ein kleines Stück näher und schob mein seidiges Oberteil hoch. Da lag undefinierbare Neugierde in seinen Augen und noch etwas anderes.

Liebe.

Er legte sehr behutsam seine Handinnenfläche auf meinen Bauch, sie war kühl die Hand. Es tat gut, weil mir so warm war.

Um mein Herz herum.

Er hielt inne. Sagte dann: "Ich spüre nichts."

Und ehe ich es realisierte, schob er mich an meinen Hüften weiter runter, lehnte sich vor und legte sein Ohr an meinem Bauch ab.

Ich musste lachen.

Und ich lachte so, so lange. Konnte mich kaum einkriegen. Bis das Lachen in ein Schluchzen überging. Und dann weinte ich. Aus den tiefsten Tiefen meines Inneren weinte ich. Und ich konnte mich gar nicht mehr einkriegen.

So sehr weinte ich.

Mein Herz brannte.

Und Riccardo schaute auf und sagte nichts. Er sah mich nur an. Als unsere Blicke sich kreuzten, hielt ich meine Augen zu, sodass er mich nicht so ansehen musste. Aber er rückte näher, legte die Arme um mich und manövrierte uns zu liegen. Sobald wir lagen, sagte er:

"Valencia, nimm die Hände weg."

Ich schüttelte den Kopf.

"Bitte."

Ich entfernte meine zittrigen Finger von meinem Gesicht.

Und dann legte er seine Lippen sachte auf meinen auf.

Leichte, sanfte, kurze Küsse.

Vorsichtige, behutsame Küsse.

Und vor allem langsame Küsse.

Auf meinen Lippen, über meiner Lippe, an meinem Kinn, meine Wangen.

Bis ich einschlief.

.          .          .

Möwenschreie weckten mich. Als ich die Augen aufschlug, erinnerte ich mich daran, wo ich gerade war. Ich setzte mich ruckartig auf. Riccardo war nicht da.

Was.

War.

Das.

Gestern?

Ich ging mir durch die zauseligen Haaren, ich spürte noch die Schwellung meiner Augenlidern, wegen den gestrigen Tränen.

Schnell rappelte ich mich auf. Ich fühlte mich gut. Leicht.

Die Gespräche von gestern hatten etwas verändert. Alles war vertrauter. Es war der erste Schritt in eine Richtung.

In welche nur?

Riccardo buchte ein kleines Boot mit Elektromotor. Ich sollte ihn am Boot erwarten. 

Unten am Steg entdeckte ich ihn. Mit einem...Strauß Blumen?

Er hatte diesen intensiven Blick. Ich lief auf ihn zu und schaute auf in seine intensiv schwarzen Augen, die die Hölle bargen.

"Was sollen die Blumen?"

Er rezitierte mich: "Eine kitschige Umgebung? Ein Strauß Blumen? Und...", er beugte sich vor und platzierte einen Kuss auf meine Stirn, "...Was war das noch gleich?"

Oh.

"Du...Du", druckste ich herum.

Er griff nach meiner Hand und zog mich den Steg hoch auf das Boot. Ich feierte das Boot, es war klein, einfach, süß. Nicht überflüssig riesig wie einer seiner Luxus Yachten. Das hier fand ich deutlich schöner.

Er fuhr hinaus aufs Meer. Dann kletterte er gebückt aus der zu kleinen Kapitänskabine.

Ich konnte mich nicht zurückhalten mit der folgenden Frage: "Worauf bist du hinaus?"

Riccardo schmunzelte, lehnte sich vor und küsste mir erneut die Stirn.

Einmal ist Zufall. Zwei Mal ist Absicht.

"Okay, jetzt habe ich Angst."

"Wieso Angst?"

"Erwartet mich jetzt ein Geständnis?"

Er seufzte.

"Ehm, Riccardo?"

Er nahm meine Hand und wir setzten uns auf die Liegeflächen am Bug. Zwischen uns gab es Früchte und Säfte. 

"Valencia", startete er.

"Ja?"

"Hasst du mich immer noch?" 

Schweigen.

"Das habe ich mir gedacht", er befeuchtete seine Lippen und senkte den Blick. Weil er mich nicht ansehen konnte.

Und ohne viel darüber nachzudenken, haute er etwas raus. Und warf mich mit seinem nächsten Satz völlig aus der Bahn.

"Ich habe nachgedacht."

"Nachgedacht? Worüber?"

Er atmete tief ein.

"Wir sollten heiraten."


R O M E R O II [Riccardo Mancini]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt