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Und  w i e  ich meinen Vater fragen werde.

Ich verlangte bereits zu viel von Gabriela und wollte ihr diese Bürde nicht aufsetzen. Das war eine Sache zwischen meinem Vater und mir, dass ausgebadet werden musste. Er schuldete mir eine Erklärung, eine dringende.

Unentwegt musste ich daran denken, was wohl passiert wäre, wenn ich mich durch die Männerwelt durchgevögelt hätte. Und den Erstbesten genommen hätte. 

Das wäre mir lieber, als das Kind eines Massenmörders in mir zu tragen.

Zu dessen Opfer im Übrigen auch ich dazu gehört habe.

Wir eilten zu einer mächtigen Brücke, die nicht weit vom Hafen entfernt war. Sofort merkte man, dass wir uns dem Stadtinneren näherten. Der guten Gegend. Der reichen.

"Valencia, das tut mir alles so leid", gestand Rebecca.

"Ich kenne deinen Vater nicht, Valencia, aber er ist mir jetzt schon ziemlich unsympathisch", fügte Julian hinzu.

"Danke", antwortete ich gekränkt von der Seite und registrierte, wie er einen Klaps von Rebecca kassierte.

Ich holte die Karte hervor und betrat einen riesigen öffentlichen Park. Von hier aus waren wir nur noch wenige Gehminuten entfernt.

"Val, du sollst nur wissen, dass wir für euch da sind. Für dich und sie. Egal, was mit deinem Vater passiert", bemühte Rebecca sich, Julians Schlamassel wieder gerade zu biegen.

"Sie?", jetzt blieb ich stehen, sodass sie fast in mich hinein rannte. 

"Dein...Mädchen", sprach sie unschuldig.

"Tja, was das angeht", ich lächelte schief, "Mein Mädchen ist nicht länger ein Mädchen."

"Ja, ist klar", lachte sie und blickte zu Julian, der ziemlich ernst drein schaute.

"Was? Machst du Witze?", sie riss den Kopf wieder in meine Richtung und blinzelte verunsichert.

"Es ist ein er. Das Baby ist ein Junge", ich stemmte die Hände in die Hüften und nickte stolz.

Mehr...oder weniger.

"Oh, verdammt", wisperte sie, "Ich- Ich meine Wow. Ich - Du- mir fehlen die Worte", ihre Augen waren ziemlich geweitet.

"Ja, das haben wir jetzt auch verstanden", mischte sich Julian ein und trat zwischen uns, "Was ich eigentlich sagen wollte", er wandte sich an mich, "Ist, dass dein Vater ein ziemlicher Dreckskerl ist. Du weißt, ich bin immer ehrlich. Aber...Er ist auch dein Vater, Valencia. Irgendwann, vielleicht nicht jetzt, aber irgendwann, wird sich dein Gewissen einschalten. Und du wirst vermutlich bereuen, dass du dein eigen Fleisch und Blut hingerichtet hast. Denkst du nicht?"

"Das habe ich bereits", ich spähte zu Rebecca, "Nämlich mit Davide."

"Ja, das hatte mir Riccardo bereits erzählt. Sag mir bereust du es nicht, Valencia? Zumindest ein kleines bisschen?"

Gute Frage.

Bereue ich es?

Ich blickte ihn nachdenklich an.

"Das kann nicht dein Ernst sein", schimpfte Julian, "Du-Du hast deinen eigenen Bruder getötet und bereust es nicht?!"

Ich senkte den Kopf.

"Doch, irgendwie schon. Ich meine, ich vermisse ihn. Aber hätte ich ihn nicht getötet, hätte er viele weitere Menschen auf dem Gewissen gehabt. Unter anderem meinen Vater."

"Dem du übrigens jetzt, persönlich, in den Kopf schießen wirst. Na, herzlichen Glückwunsch."

Autsch.

R O M E R O II [Riccardo Mancini]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt