kein oneshot
»Was ist passiert?«, ich schrecke aus dem Stuhl hoch und sehe in das angespannte Gesicht der Frau. Meine Stimme ist krächzig, weswegen ich mich sofort räuspere.
»Okay, pass auf. Erwähne dieses Gespräch niemals in irgendeiner Weise. Verstanden?«, sie sieht mich so ernst an, dass ich nur nicken kann. »Für dich kommen mehrere Fraktionen in Frage«, eindringlich sieht sie mich an.
»Wie kann das sein - ich meine, das geht doch eigentlich nicht?«, hauche ich fassungslos. »Sprich nie wieder darüber! Ich werde eintragen, dass dein Ergebnis Ken ist. Hast du mich verstanden?«, sofort nicke ich, beiße mir auf die Unterlippe, während mein Kopf sich dreht. Es ist zu viel für mich auf einmal.
»Gut. Dann kannst du jetzt gehen«, seufzt sie und ich kann sie nur anstarren. Doch die Frau sagt nichts mehr zu mir. Ich springe von dem Bett runter und gehe mit flüchtigen Schritten aus dem Raum.
Eine Unbestimmt? Ich? Niemals hätte ich es für möglich gehalten, dass ich nicht zu den Ken passe - Ja. Aber in mehrere Fraktionen? Ich weiß, wie gefährlich es ist und dass ich niemanden vertrauen darf. Nicht einmal meiner eigenen Familie.
Die letzten paar Stunden sind nur so an mir vorbeigezogen. Wir haben nicht über das Ergebnis gesprochen, das dürfen wir nicht. Doch meine Gedanken sind unumgänglich darum geschweift.
Ich konnte an nichts anderes denken und hätte es mir am liebsten von der Seele geredet, doch das wäre mein Untergang gewesen, weswegen ich die Gedanken einfach runtergeschluckt habe.
Angst durchströmt jede einzelne Zelle meines Körpers. Ich habe Angst. Angst um mich. Angst davor mich zu verraten. Angst davor getötet oder Fraktionslos zu werden.
Dennoch habe ich den letzten Abend mit meinen Eltern verbracht, mir ihr Lachen, ihre freundlichen Augen eingeprägt - denn wenn ich eins weiß, bei den Ken wird mich nichts halten.
Als würden meine Eltern spüren, dass ich mich nicht für die Kens entscheide, haben sie mir mein Lieblingsessen gekocht, noch einmal unser Lieblingsspiel gespielt, ehe wir uns schon auf dem Weg gemacht haben, dass ich meine Fraktion wählen kann.
Der Raum ist riesig. Auf der Tribüne sieht man jeweils wo welche Fraktion sitzt. Was nicht schwer zu unterscheiden ist, denn jede Fraktion verkörpert etwas anderes, trägt andere Kleidung oder benimmt sich auch dementsprechend.
Die Zeremonie kriege ich nur am Rande mit, starr blicke ich nach vorne, während nach und nach ein Jugendlicher bei seiner Fraktion bleibt, oder eine neue wählt. Als ich meinen Namen höre, steckt mir ein Kloß im Hals fest.
Ich spüre die Hand meiner Mutter, die ein letztes Mal, meine sanft drückt, ehe meine Beine mich automatisch die Tribüne, hinunter zu den Schalen tragen. Jede einzelne Schale steht für eine Fraktion. Mein Blick schweift über die Schalen, meine Gedanken sind leer.
Ich habe mir keine Gedanken gemacht, in welche Fraktion ich will. Dennoch greift meine Hand zu dem Messer, ohne eine Miene zu verziehen, schneide ich mir in meine Hand, dass das Blut auf den Boden tropft.
Für einen Moment schließe ich meine Augen, verharre einen Moment mit meiner Hand in der Luft, als ich ein leises zischen höre, als ich mich für eine Fraktion entschieden habe.
Die Gruppe rechts von mir, die allesamt dunkel angezogen sind, fangen laut an zu jubeln.
Somit ist es nun offiziell. Ich gehöre von nun an zu den Ferox.