Namjoon
„Okay, ich trefft euch um halb drei? Also hast du nur eine halbe Stunde, um dich fertig zu machen. Du musst duschen, dich umziehen, stylen und vielleicht auch ein bisschen schminken", zählt Hobi auf. Wir sitzen in meinem Zimmer auf dem Boden und machen eine wichtige Lagebesprechung. „Mein Lieber, das wird sehr knapp. Frag ihn, ob ihr euch eine halbe Stunde später treffen könnt." „Ja, Sir." „Als nächstes: Was kommt alles mit? Also Handy, wichtig: vorher anschließen, Geld, ich würde auf jeden Fall viel mitnehmen, Pfefferspray, Minzbonbons-" „Stoopp stopp stopp", bremse ich meinen besten Freund. „Ich brauche keine Minzbonbons, ich hatte eigentlich nicht geplant, ihn zu küssen." „Na und, wer weiß schon, was morgen passiert? Du nimmst Minzdinger mit, duh." Ich seufze und lege mein Kinn auf meiner Faust ab. Lass ihn einfach machen, Namjoon. Er wird schon das Richtige tun...hoffentlich. Ich blende seine Stimme aus und sehe einfach nur zu, wie meine Packliste immer weiter wächst. „Hobi, wenn ich das alles mitnehmen will, brauche ich einen Koffer", merke ich irgendwann an. Hoseok hält kurz inne und blinzelt. Er scheint wieder in die Realität zurückgekehrt zu sein, denn er dreht das Blatt und hebt die Augenbrauen. „War ich das?" „Jap." „Hm. Die Hälfte der Sachen brauchst du wirklich nicht." „Sag ich doch." „Dann streichen wir das zweite Outfit raus?" „Ja bitte!" Dieser Spinner. „Den Regenschirm?" „Ew, ja." „Sonnenbrille? Sonnencreme?" „Beides raus." „Winterjacke?" „Was zur Hölle?! Raus damit! Jung Hoseok, wir haben Sommer!" „Spätsommer." „Spätsommer", äffe ich ihn nach. „Streich einfach alles raus, was mit dem Wetter zu tun hat." Er seufzt und überarbeitet seine Liste. Schließlich sind nur noch 4 Sachen übrig: Handy, Geld, Minzbonbons (er hat darauf bestanden) und meine Busfahrkarte. „So. Zufrieden?", fragt ein fertiger Hobi und legt mir den Zettel hin. Ich nicke, lächle und stehe auf. „Komm kuscheln, du Verrückter." Sofort ist er auf den Beinen und lässt sich mit einem freudigen Quietschen in mein Bett fallen. Er hält einen Arm hoch und ich rolle mich neben ihm ein. Er legt den Arm und ein Bein über mich und drückt mich fest an sich. Unser Herzschlag beruhigt sich und fängt an, im Gleichtakt zu schlagen. Ich verschränke unsere Finger und seufze wohlig. Irgendwann schlafen wir ein.
„Joonie, Hobi, aufstehen!", ruft mein Dad in mein Zimmer. Ich grunze genervt und kuschle mich noch enger an meinen besten Freund. Auch Hobi grummelt und vergräbt sich noch tiefer unter der Bettdecke. Bis sie gewaltsam weggerissen wird. „Auf ihr Lahmärsche, ihr habt Schule!", ruft Dad tadelnd und ich öffne die Augen. „Decke her!", maule ich aber er schüttelt den Kopf und hängt sie über meinen Schreibtischstuhl. „Wenn du sie willst, musst du sie dir erst holen." „Sack." „Ey, das hab ich gehört, Freundchen!" „Mhm", mache ich und lasse mein Bein und meinen Arm aus dem Bett hängen. Dann kommt mein Kopf und schließlich klatsche ich auf den Parkettboden. „Au", murmelt Hobi und ich muss lachen, weil ihm nichts passiert ist, sondern mir. Langsam richte ich mich von meinem doch ziemlich unbequemen Holzboden auf und strecke mich. Mein Rücken knackst und ich nicke zufrieden. Dann nehme ich mein Handy vom Nachttisch und schalte es an. „Scheiße, zwanzig vor acht!", rufe ich erschrocken und ziehe Hoseok aus dem Bett. „Komm, in zwanzig Minuten fängt Schule an! Und wir haben Mrs Cheng, die Furie!" Jetzt ist er wach. „Was?! Oh shit, wir sind so tot." Er springt auf und rennt zu meinem Schrank, nimmt sich ein paar Klamotten, die mir zu groß sind und verschwindet im Bad. Ich tue es ihm gleich und kurz darauf stehen wir angezogen im Flur. Mom drückt uns beiden je zwei Müsliriegel und ein bisschen Geld in die Hand. „Kauft euch in der Schule was, Jungs. Hab euch lieb und jetzt rennt!", ruft sie hastig und drückt uns aus der Tür. „Danke, Mama!", rufen wir und rasen los. Hobi ist Familie. Er hat normalerweise ein paar Klamotten von sich in meinem Schrank und spricht meine Eltern auch mit „Mom und Dad" an. Da seine Eltern sich nicht richtig um ihn kümmern, ist er eigentlich die ganze Zeit bei uns. Wir haben ihm letztens sogar einen Hausschlüssel gegeben, damit er kommen kann, wenn es ihm zuhause zu viel wird, er aber keinen anderen Ort hat. Seitdem geht er ständig bei uns ein und aus, aber niemanden stört es.
Trotz unserer Bemühungen kommen wir drei Minuten zu spät. Keuchend und verschwitzt sitzen wir schließlich an unserem Platz. Mrs Cheng läuft zu uns und haut mit ihrem Zeigestock auf unseren Tisch. „Meine lieben Jungens, das kann nicht sein. Letztes Jahr wart ihr auch ständig zu spät. Fünfzehn Mal, das muss man erst mal schaffen. Einen Applaus bitte." Taehyung, der sich zu uns umgedreht hat, hebt angepisst die Brauen. Der hat wohl heute nicht so gute Laune. „Ihr Ernst? Wir sollen klatschen? Was ist das denn für eine Pädagogik?", fragt er und ich reiße die Augen auf. Oh scheiße, Taehyung. Das wars. „Was war das eben?", fragt die Furie zwischen zusammengebissenen Zähnen. Sie zittert vor Zorn und alle Schüler in der Umgebung rutschen einen Meter weiter weg. Das sind ziemlich heftige Gefühle für die Minute, die wir hier sind. Man kann förmlich die Energie um sie herum sprühen sehen, als sie den Stock hebt und Taehyung mit voller Wucht auf die Schulter haut. Er schreit vor Schmerzen auf und die ganze Klasse zuckt heftig zusammen. Jin steht auf und stellt sich vor seinen Freund. „Senken Sie bitte den Stock", fordert er die Lehrerin ruhig auf. Aber als ich in seine sonst so wunderschönen Augen sehe, erkenne ich, wie aufgebracht er ist. „Geh mir aus dem Weg, Bastard", faucht sie und holt erneut aus. „EY!", rufe ich und stehe auf. „Haben Sie nicht gehört, was er gesagt hat? Legen Sie den Stock weg, Mrs Cheng." Jin sieht erstaunt zu mir und nickt dann knapp. Ich bekomme Bauchkribbeln und erwidere sein Nicken ebenso knapp. Die Furie dreht sich wieder zu mir und starrt mich voller Hass an. Ich sehe mit hoffentlich kühler Ruhe zurück. Erneut hebt sie den Stock um zuzuschlagen, doch jetzt stehen auch Jungkook, Hobi und Minhyuk auf. Auch einige Mädchen erheben sich. „Bitte, legen Sie den Zeigestab weg", wiederholt Yumi und sieht die Lehrerin todernst an. „Ihr kleinen Ratten habt mir nichts zu sagen!", plustert sie sich auf, aber wir alle merken, dass sie langsam unsicher wird. Hongtae, der direkt an der Tür sitzt, verschwindet unbemerkt. Hoffentlich geht er zur Direktorin. „Madam, ich wiederhole es nur noch einmal-", beginnt Jin, wird aber von ihrem Stock unterbrochen, der von rechts gegen seinen Kopf donnert. Er wimmert auf und sackt zu Boden. Jetzt ist die Grenze überschritten. Niemand tut Jin weh, ohne die Konsequenzen zu spüren. Während Hobi, Yoongi und Minhyuk zu Jin und Taehyung eilen, springe ich auf den Tisch und werfe diese beschissene Lehrerin um. Der Stab kullert zur Tür, wo Yumi in sich schnappt und festhält. Währenddessen halte ich diese Frau an den Handgelenken fest und starre sie mit so viel Hass an, dass sie bleich wird. „Niemand tut meinen Freunden weh. Niemand", knurre ich und halte sie auf dem Boden fixiert. Plötzlich wird die Tür aufgestoßen und Mrs Kim, die Direktorin, betritt das Zimmer. „Was ist denn hier los?!", ruft sie entsetzt. Neben ihr erscheint Hongtae, der Retter, bevor alles eskaliert. „Ich kann das erklären, Mrs Kim", sage ich ruhig und lasse Mrs Cheng frei. Die setzt sich kreidebleich auf und sieht Mrs Kim an. Ist das etwa Angst? „Mrs Cheng hat Taehyung mit dem Zeigestab auf die Schulter und Jin gegen den Kopf gehauen", erklärt Heeseung und geht nach hinten. „Wie bitte?!" Sprachlos starrt unsere Schulleiterin die hoffentlich Exlehrerin an. Die weicht ein paar Schritte zurück. Mrs Kim geht zu ihr und scheuert ihr eine. Überrascht und mit offenen Mündern starren wir unsere junge Direktorin an. „Ich habe dir schonmal gesagt, wenn du noch ein einziges Mal meine Schüler schlägst, wars das!" „Ja, Madam", wimmert Mrs Cheng und hält sich die Wange. Mrs Kim dreht sich zu uns. „Geht spielen. Schule fällt aus. Und danke, dass ihr mir Bescheid gegeben habt", sagt sie und verbeugt sich leicht. Überrascht verbeugen wir uns ebenfalls und warten, bis sie und die Cheng das Zimmer verlassen haben. Dann greift die Klasse nach ihren Rucksäcken und stürmt triumphierend aus der Schule.
Na ja, nicht alle. Die Sternchen, Jungkook, Hobi und ich bleiben noch hier. Jin liegt auf dem Boden und hält sich den Kopf und auch Taehyung wimmert leise und hält sich die Schulter. Jungkook zieht ihm das Shirt über den Kopf und entblößt einen blutenden Striemen. Wir alle (außer Jin) ziehen scharf die Luft ein. „Ich geh ins Krankenzimmer", sagt Jungkook und richtet sich auf. „Hobi, kommst du mit?" „Ja." Sie verlassen das Zimmer, um Pflaster und Kühlpacks zu holen. Jin stöhnt leise und sofort bin ich bei ihm. Ich will seine Hand nehmen, ihm sagen, dass man nichts sieht und das bald vorbei geht. Ich will ihm die Träne wegwischen, die ihm über die Wange rollt und ihn trösten, aber ich traue mich nicht. Alle Sternchen sitzen um uns herum und kümmern sich schon um ihn. Also gehe ich zu Taehyung und säubere seine Wunde mit einem feuchten Tuch. Er atmet scharf ein, aber als ich aufhöre, schüttelt er nur den Kopf. Also tupfe ich weiter, bis sie sauber ist. „Danke", murmelt er und ich nicke leicht. „Gerne, Taehyung." „Nenn mich Tae. Du bist eh älter als ich." Ich lächle überrascht. „Okay, Tae." Ui, das fühlt sich gut an. Als wäre ich gerade ein Stück cooler geworden.
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𝕊𝕔𝕙𝕠𝕠𝕝 𝕃𝕦𝕧 ~ 𝔽𝕚𝕣𝕤𝕥 𝕃𝕦𝕧 ⁿᵃᵐʲⁱⁿ
FanfictionNamjoon, ein eher zurückhaltender Junge aus einer chaotischen Familie, ist seit zwei Jahren in den bekannten Seokjin aus seiner Stufe verliebt. Aber erst, als sie in eine Klasse kommen, bietet sich ihnen die Möglichkeit, einander kennenzulernen und...