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Yon (Namjoons und Hoseoks Mutter)

„Minnie, lass die Finger da raus", warne ich meine kleine Tochter. Ertappt zieht sie die Hand vom heißen Topf zurück. Ich bewege mich zum Kühlschrank und fahre ihr im Vorbeigehen durch die dunklen, weichen Haare. Ich höre, wie sich hinter mir die Tür öffnet und kurz darauf legt sich eine Hand an meine Hüfte. „Schatz, kannst du mir kurz beim Tischdecken helfen? Essen ist gleich soweit", bitte ich meinen Mann und er küsst mich liebevoll auf die Wange, bevor er sich ein paar Teller schnappt. „Danke." Ich nehme einen kleinen Löffel und tauche ihn in die Suppe im Topf. In dem Moment klingelt mein Handy in meiner Hosentasche und mit meiner freien Hand angle ich danach, um auf das Display zu schauen. „Nachricht von Unbekannt", murmle ich und runzle die Stirn, als ich mein Handy entsperre. Ich lese den Absender. Der Löffel fällt in die Suppe. „Sch-schatz..", rufe ich erschrocken und schlage mir die Hand vor den Mund, Tränen steigen in meine Augen.

Liebe Mutter, lieber Vater,

Bevor ich wegging, ist viel passiert. Es tut mir leid, dass so viel Zeit vergehen musste, bis ich Euch diese Nachricht schicke. Ich bin für ein paar Tage in Seoul und würde mich gerne mit Euch treffen. Bitte erzählt Namjoon und Hoseok nichts von dieser Nachricht.

Eure Tochter Kyungmin

„D-dohyeong...s-sie hat geschrieben", flüstere ich und schluchze leise auf. Als ich mich leicht umdrehe, sehe ich, dass er hinter mir steht und ebenfalls fassungslos auf meinen Bildschirm starrt. „Kyungminie..", haucht er und ich sehe, dass auch ihm Tränen in die Augen steigen. Er greift nach meinem Handy und liest die Nachricht erneut und währenddessen laufen bei uns beiden die Tränen.

Meine Tochter hat sich zehn Jahre lang nicht gemeldet. Zehn Jahre lang wussten wir nicht, wo sie ist oder ob sie überhaupt noch lebt. Und jetzt schreibt sie aus dem Nichts und möchte sich mit uns, ihren Eltern treffen. Ich war noch nie glücklicher.

Mein Mann gibt mir mein Handy, ich sehe ihn an und schluchze laut auf. Ich presse mir die Hand auf den Mund und Dohyeong nimmt mich fest in den Arm. Er zittert stark und drückt mich an sich. Auch ich schlinge meine Arme um ihn, dann weinen wir beide.

Minnie stupst mich irgendwann an. „Eomma nicht weinen", murmelt sie verstört und besorgt und ich lächle unter meinen Tränen. Ich sehe sie liebevoll an. Kyungmin weiß nicht einmal, dass sie eine kleine Schwester hat. Aber das Hoseok nach wie vor zur Familie gehört, jetzt sogar noch mehr als früher sowieso schon, ist ihr klar. Das kam in der Nachricht auf jeden Fall raus. Sie hat sich damals auch viel um die beiden Jungen gekümmert... „Wir haben uns nicht um sie gekümmert, sie hätte uns so gebraucht...", flüstere ich, erstickt von einem plötzlich aufkommenden Schmerz. „Lass uns mit ihr reden. Es wird alles gut." 

𝕊𝕔𝕙𝕠𝕠𝕝 𝕃𝕦𝕧 ~ 𝔽𝕚𝕣𝕤𝕥 𝕃𝕦𝕧 ⁿᵃᵐʲⁱⁿ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt