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Namjoon

Hundemüde und mit den Kräften am Ende lasse ich mich auf meine Matratze fallen. In meinem neuen Zimmer. In meinem neuen Haus.

Gestern Abend ging plötzlich alles ganz schnell. Nach dem Abendessen hat Eomma Minnie ins Bett gebracht und ruckzuck waren die restlichen Möbel auch noch abgebaut und lagen in Einzelteilen in unseren Zimmern. Heute Morgen dann kamen die Lieferwägen eine ganze Stunde zu früh, also haben wie schon mal mit Einladen angefangen.
Insgesamt ist heute alles besser als geschmiert gelaufen. Die Umzugshelfer der Firma waren sympathisch, haben nicht ein Mal das Gesicht verzogen, wenn Eomma die Sachen doch woanders haben wollte, und „gut sehen sie auch noch aus", hat Hobi mich aufgezogen. Ich habe nur die Augen verdreht und bin mit einer Kiste im Haus verschwunden.

Und hier lieg ich jetzt, in einem Zimmer mit weissen, leeren Wänden, ohne Möbel und voll mit Kisten. Und wisst ihr was? Ich war noch nie zufriedener. Die Arbeit hat mir gut getan, ich konnte einfach alle Emotionen in die Bewegungen stopfen und mich einfach richtig abreagieren. Fast, wie im J-Club.
Jemand klopft leise, dann erscheint Hobis Kopf in der Tür. „Hey du", sage ich erschöpft und lächle. Er betritt mein Zimmer und schmeißt sich neben mich. „Ich kann nicht mehr", stöhnt er und ich lache müde. „Same. Aber irgendwie hats auch voll gut getan!" „Stimmt, vielleicht solltest du Umzugshelfer werden", schlägt mein Fettsack vor und zwinkert mir zu. „Dann kannst du mehr Zeit mit Jiseok verbringen." „Jung Hoseok du Sackgesicht. Der Einzige ‚Seok' mit dem ich Zeit verbringen will, rennt seit Wochen von uns weg", antworte ich, mit einem Schlag gereizt. Hoseok blinzelt nur kurz verwirrt, dann seufzt er. „Ach Namjoonie.."
Auf einmal kommt alles hoch. Diese ganze Scheisse, die eigentlich schon seit zwei einhalb Jahren in mir steckt.
Warum ausgerechnet er?! Er ist so..perfekt irgendwie. Hat tolle Freunde, das Wort ‚umwerfend' wäre bei seinem Aussehen einfach die Untertreibung des Jahrhunderts, noch dazu ist sein Charakter einfach...nicht mehr in Worte zu fassen. Ich hab ihn einfach nicht verdient.
„Hoseok...was mach ich nur", murmle ich leise und zupfe am Matratzenbezug rum. „Eigentlich wundert es mich gar nicht, dass er nichts von mir will. Er ist alles und ich bin nichts. Vielleicht sollte ich ihn nach zwei Jahren unglücklicher Liebe einfach in der Vergangenheit lassen." Hobi sieht mich nur traurig an. „Joonie, ich werde dich bei allem, was du tust, unterstützen. Nur hier mach ich eine Ausnahme, das geht nämlich nicht. Weil was, wenn er auch in dich verliebt ist und in drei Jahren erzählst du die Story und auf einmal beichtet er dir, dass er in dieser Zeit auch in dich verliebt war! Dann hättet ihr euch verpasst und das, mein Lieber, ist ein Scheissgefühl." (Haha ich sprech' aus Erfahrung 😂🥹)
Ich schlucke. Verdammt. „Soweit hergeholt es auch klingt..ich hab Angst, dass du Recht hast. Obwohl ich echt nicht weiß, was er an mir finden sollte", sage ich leise und starre auf meine Hände. „Das Ding ist, wer nicht wagt, der nicht gewinnt. No Risk, No Fun. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Sonst noch was? Ach ja, You can't stop the waves. But you can learn to surf", sagt er lächelnd und ich nicke leicht. „Es wird eine Weile dauern, aber du hast eine Stütze." „Hobi ich liebe dich so sehr", murmle ich und er nimmt mich in den Arm. „Ich weiß, ich dich auch, Joonie." „Ich hab dich gar nicht verdient." „Jetzt sei still. Ich will nix mehr hören", sagt er scharf und ich grinse schief.

Am nächsten Morgen weckt Appa uns früher als sonst. „Jungs, aufstehen. Wir müssen bald los in die Schule", sagt er motiviert. Hobi neben mir bewegt sich kein Stück, ich hingegen setze mich langsam auf. „Wieviel Uhr haben wir?", frage ich rau. „Sechse." „Bitte?!" Jetzt ist Hobi auch wach. „Das ist nicht dein Ernst!!" „Und wie", lacht Appa und dreht sich wieder zur Tür. „Jetzt bewegt eure Hintern."
Hobi und ich sehen uns entsetzt an. „Sechse, die wollen uns doch umbringen!" Ich nicke nur geschockt.
Zwanzig Minuten später sitzen zwei Leichen und zwei Erwachsene mit zu viel Motivation am Tisch, während die Kleine noch schlafen darf. „Wenn ihr später nach Hause kommt, bauen wir eure Möbel fertig auf und fangen an, die Kisten auszupacken." Wir können nur stumm nicken. Was'n Alptraum.

*
Jin

Heute soll es sich ändern. Ich habe mir fest vorgenommen, mich heute nicht im Selbstmitleid auf den Schultoiletten zu tränken.
Seit meinem Gespräch mit Tae geht es mir insgesamt viel besser. Ich war gestern Abend noch in der Stadt, hab was ordentliches gegessen und den Plan für heute gemacht.

So und hier steh' ich jetzt. Vor dem Schultor. Seit fast drei Wochen schwarz, das erste Mal wieder in helleren Farben. Hellblaues Hemd, beige Hose. Scheisse, vielleicht ist der Sinneswandel doch zu plötzlich? Verdammt, was mach ich eigentlich?!
Ich will mich gerade umdrehen, um einen Rückzieher zu machen, da packt mich eine Hand an der Schulter. „Denk' nicht mal dran", sagt Tae warnend, dann schiebt er mich aufs Gelände.

Meine Fingernägel nervös in meinen Händen versenkt, betrete ich das Klassenzimmer. Ich atme tief durch, dann gehe ich zu meinem Platz. Als ich an Yoongi und Seunghoon vorbeikomme, klopfe ich ihnen kurz auf die Schulter. Bei den Beiden fällt es mir noch am leichtesten. Überrascht sieht Yoongi mich an, dann lächelt er leicht. Bei Minhyuk zögere ich kurz, dann wuschle ich ihm kurz durch die Haare. „Hey", sage ich leise. Dann sehe ich zu Hoseok und Namjoon. Er sieht wie immer unglaublich aus. „H-hey", sage ich unsicher und Namjoons Augen weiten sich. Er sagt nichts, sieht mich einfach nur direkt an. Ich könnte heulen.
Schnell drehe ich mich um und lasse mich auf meinen Platz fallen. Hinter mir höre ich Stuhlgekratze und als ich mich umsehe, stürmt Namjoon, gefolgt von Hoseok, aus dem Zimmer. Unsicher sehe ich zu Tae. Der sagt nichts sondern legt seine Hand kurz auf meine Schulter.
Ich vergrabe mein Gesicht in den Händen. Scheisse.

𝕊𝕔𝕙𝕠𝕠𝕝 𝕃𝕦𝕧 ~ 𝔽𝕚𝕣𝕤𝕥 𝕃𝕦𝕧 ⁿᵃᵐʲⁱⁿ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt