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Kyungmin

Mit klopfendem Herzen lasse ich mich gegen meine Tür sinken. Mein Hotelzimmer ist dunkel, im Moment will ich daran allerdings nichts ändern. Die Dunkelheit nimmt mich sanft in den Arm, flüstert mir beruhigende Worte zu und wiegt mich tröstlich hin und her. Schon, als mein Vater noch nüchtern war, habe ich mich in der Dunkelheit sicherer gefühlt als im Licht. Niemand konnte mich sehen, ich konnte niemanden sehen. Keine Probleme konnten mich erreichen, keine Aufgaben warteten hier auf mich. Die Dunkelheit ist leicht zu begreifen. Sie fängt dich auf, egal, wie tief du fällst. Sie umhüllt dich gänzlich und du kannst sie steuern. Brauchst du sie, machst du das Licht aus und schließt die Jalousie. Das Licht jedoch kannst du nicht kontrollieren. Es kontrolliert dich, du wachst auf, wenn es kommt. Alles wir laut und mein Vater redet mit mir. Mein Leben kommt, um mich zu quälen. Mit Aufgaben, die ich nicht erfüllen kann..
Vor Erschöpfung schließe ich meine Augen und lege meinen Kopf an die schwere Tür. Das Gespräch heute hat mich emotional überfordert, meine Eltern nach so langer Zeit wiederzusehen war schön. Dennoch überwältigt es mich ein wenig, denn die beiden haben eine Entwicklung gemacht, die ich nicht habe kommen sehen. Mein Vater hatte realisiert, dass er sich ändern musste und hatte es tatsächlich geschafft. Ich habe eine kleine Schwester, die den gleichen Spitznamen hat wie ich. Hoseok wohnt bei meiner Familie und Namjoon ist groß geworden. So viel neues.
Ich stöhne leise und ziehe meine Knie an meinen Oberkörper. Mein Handy fängt an, zu klingeln und ich seufze erleichtert, als ich den Namen meines Verlobten auf dem Bildschirm entdecke. „Hey, mein Schatz", klingt seine dunkle Stimme durch den Raum und ich erlaube mir, mich ein wenig zu entspannen. „Honey." „Wie geht es dir? Hast du deine Eltern heute getroffen?" Ich nicke. „Ja, hab ich." Kurze Stille. „Wie lief es?", fragt er und ich schlucke leicht. „Ganz okay. Meine Mutter hat viel geweint, ich auch, mein Vater auch ein wenig. Es war ein gutes Gespräch", fasse ich leise zusammen. „Warum klingst du dann so erschöpft?" Die Besorgnis in seiner Stimme lässt die Schmetterlinge in meinem Bauch sanft mit den Flügeln schlagen. Ich erzähle ihm alles, was in den letzten Stunden passiert ist. Es tut so gut, mit ihm zu reden, ihm mein Herz auszuschütten. Als wir uns kennenlernten, ging es mir so von Moment Eins. Schon bei unserem ersten Gespräch haben wir uns einander so geöffnet. Im Nachhinein ist klar, dass wir uns gesucht und gefunden haben. Ich liebe ihn wie niemand anderen und er liebt mich, das zeigt er mir jeden Tag. Wir sind beste Freunde, nur besser.
„Oh Schatz", sagt er liebevoll als ich ende und ich stelle mir vor, wie er mich umarmt. Einen Moment schließe ich die Augen. Einige Zeit sagt niemand etwas. „Kyungmin?" „Ja?", frage ich leise. „Mach das Licht an, Schatz. Das Leben ist zu schön, um nur im Dunkeln zu sitzen." Verdammt, er kennt mich zu gut. „Muss ich echt?", murmle ich lustlos und sehe beinahe, wie Junghyeon nickt. „Bitte. Komm aus deinen Schatten." Ich seufze leise und stehe auf. Kurz zögere ich, dann drücke ich auf den Lichtschalter. Mein Zimmer erstrahlt in warmem Licht und ich atme durch. „Gut gemacht, Schatz." „Danke", sage ich und merke, wie ich wieder ein wenig freier atmen kann. Die Dunkelheit ist ein langjähriger Freund für mich. Dennoch kann die ständige Erinnerung daran, wie wir Freunde geworden sind, einen schon ziemlich runterziehen. Ich ziehe meine Jacke und Schuhe aus und gehe ins Bad. „Wie war dein Tag?", frage ich Junghyeon und während er mir von nervigen Mitstundenten, kaltem Kaffee und aggressiven Mücken erzählt, mach ich mich schlaffertig und lasse den Tag hinter mir.
Schließlich haben wir beide nichts mehr zu erzählen. „Ich werde jetzt schlafen gehen. Ich liebe dich", sage ich und Junghyeon gähnt wie auf Knopfdruck. „Ich auch. Ich liebe dich. Bis morgen", sagt er liebevoll, dann legt er auf.

𝕊𝕔𝕙𝕠𝕠𝕝 𝕃𝕦𝕧 ~ 𝔽𝕚𝕣𝕤𝕥 𝕃𝕦𝕧 ⁿᵃᵐʲⁱⁿ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt