Kapitel 71. Frank

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Nicks Lippen sind weich. Ich lehne mich enger an ihn, um unsere Berührung nicht zu verlieren, sein Arm um meine Hüfte zieht mich noch ein Stück näher. Er schmeckt ein wenig nach Kaffee, fällt mir auf, bevor er seine Hand in meinen Locken vergräbt und mein Kopf sich endlich ausschaltet.

"Tres", bringt er ein wenig atemlos hervor und lehnt sich ein winziges Stück zurück, bis sein Hinterkopf die Wand der Umkleidekabine berührt. Seine Finger streichen über meine Schläfe, als er mich mit zuckenden Mundwinkeln ansieht.

"Was?", murmle ich verlegen, sein Grinsen wird deutlicher. 

"Lass uns wieder rausgehen, bevor Falc kommt", sagt er leise und vergräbt den Kopf an meinem Hals, die blonden Strähnen kitzeln meine Haut. "Mh, ich will nicht", seufze ich genervt und fahre ihm durch das seidige Haar. Allein der Gedanke an Falcs vorwurfsvollen Blick reicht völlig aus, um mir die Laune zu vermiesen. 

"Ich weiss", meint Nick und hebt den Kopf, was unsere Nasen beinahe kollidieren lässt. "Aber ich bin ja noch da."

"Hm, er schickt dich eh gleich weg. Er ist jetzt schon pissig."

"Ja", stösst der blonde Student spöttisch aus und legt die Hände auf meine Hüfte. "Er muss halt ab und zu den Bullen raushängen lassen. "

"Ab und zu ist gut", murmle ich mürrisch. Der Spiegel starrt ebenso mürrisch zurück, zumindest die Seite meines Gesichts, die nicht immer noch blau und geschwollen ist. Nick zupft an meinem Pulli rum, den er aus der ewig langen Stange von Kleidern ausgewählt hat. 

"Er sieht gut aus, behalt den."

"Klar", schnaube ich belustigt. Er verdreht bloss die Augen. Der Pullover ist schön, bestimmt würde er ihm stehen, kaum etwas würde das nicht, aber an meinem Körper verdeutlicht er bloss, was an mir nicht schön aussieht. Immerhin ist er dick genug, um viel zu verbergen.

Nicks Handy klingelt laut, der Bildschirm leuchtet auf dem Stapel T-Shirts neben mir auf. Frank steht auf dem Screen. Nick drückt rasch auf den roten Hörer und wirft mir einen entschuldigenden Blick zu. Er sieht derart betreten aus, dass ich gar nicht erst fragen muss, ob es sich bei Frank um meinen Vater handelt, sein Gesichtsausdruck sagt schon alles.

"Redet ihr wieder?", frage ich zögerlich, das Handy klingelt schon wieder. Nick legt wieder auf, bevor er sich zu mir umdreht. 

"Nicht wirklich", sagt er verlegen. "Wir haben gestern oder so mal kurz telefoniert."

"Was hat er gesagt?"

Nick zuckt etwas hilflos mit den Schultern. 

"Er...hat sich entschuldigt, für das am Familienfest. Mein Opa wollte das wahrscheinlich so."

"Hast du dich auch entschuldigt?", frage ich trocken. Nick macht eine halb zustimmende, halb abwehrende Kopfbewegung.

"Für den Schlag, ja. Ich hätte ihm nicht gleich die Nase brechen müssen."

"Ja", sage ich matt. Meinetwegen hätte er ihm ruhig mehr als nur die Nase brechen können, er hätte es verdient. Nick sieht mich betreten an, seine Finger tippen unangenehm berührt gegen die Wand.

"Das ändert nichts daran, dass ich ihn für ein Arschloch halte, Tres. Ich hätte ihm nur nicht vor seinen Kindern in die Fresse schlagen sollen."

Er sagt seinen Kindern. Ich sehe die augenblickliche Reue in seinen Augen, als er versteht, was er gerade gesagt hat. Ich kann auch nicht abstreiten, dass es scheisse wehtut.

"Scheisse Tres, tut mir leid, das habe ich nicht so gemeint. Ich..."

"Schon okay", unterbreche ich ihn sachte. "Ich weiss schon."

SchattenfallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt