Kapitel 21.

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"Hey, Andreas!"

Müde schlage ich die Augen auf und versuche die verschwommenen Schemen über mir zu erkennen.
Langsam registriere ich drei dunkle Polizeiuniformen und eine hell gekleidete Gestalt.

"Tut mir leid fürs Wecken, aber ich wollte schauen, wie's dir geht!", sagt weit entfernt eine bekannte Stimme.
Endlich klärt sich meine Sicht und aus den Schemen werden Gesichter. Robin.

"Hallo Andreas.", sagt der Polizist und lächelt mich dabei mit einer erstaunlichen Wärme an. 

"Morgen...", nuschle ich und spüre, wie meine Augenlider bereits wieder zufallen.

"Naja, Morgen ist vielleicht nicht ganz das richtige Wort. Es ist Nachmittag, später Nachmittag um genau zu sein.", meint Robin und macht noch einen Schritt mehr auf mich zu. Er lässt seine Hand auf die Bettdecke sinken und umschliesst behutsam meine Finger.

"Wie geht es dir, Andreas?"

"Nicht so toll.", murmle ich und sehe mich aus dem Augenwinkeln nach den anderen Personen um.
Die drei Polizisten sehen alle etwas übermüdet aus, Aaron hat dunkle Schatten unter seinen Augen und die geschiente Nase lässt ihn umso schlimmer aussehen. Auch sein schwarzhaariger Kollege, -Cem, und Robin sehen mitgenommen aus. Dann entdecke ich die vierte Person, eine Frau mit langem, braunem Haar in einem mattgrünen Pullover und Jeans. Ich brauche einige Sekunden, um zu begreifen, wer da vor mir steht.

"Dr. Martinson.", murmle ich überrascht.

Sie lächelt schwach und tritt etwas näher an das Bett heran. Neben Robin, dem sie auch ein sanftes Lächeln schenkt.

"Für dich Paula. -Ich hatte eigentlich gehofft, dich nie wieder im Krankenhaus antreffen zu müssen.", sagt sie und schüttelt sich mit gerunzelter Stirn, sodass ihre Haare wild um ihren Kopf peitschen.

"War nicht mein Plan.", murmle ich und spüre wie Robins Finger sich noch etwas fester um meine drücken.

"Du musst uns erzählen, was passiert ist, Andreas. Du musst mit uns kooperieren, um diesen Todesfall aufzudecken. Es könnte...nun ja...du selbst bist...unter Verdacht...", beginnt Cem zögerlich.

"Diesen Todesfall?! Seid ihr eigentlich völlig bescheuert?! Das ist meine Mutter, der einzige Mensch auf dieser Welt den ich noch hatte! Ich hätte derjenige sein sollen, der abgestochen auf einem modrigen Sofa liegen sollte, nicht sie! Und jetzt kommt ihr und sagt mir, dass einzige, das gottverdammt einzige worauf ihr kommt, ist mich zu verdächtigen! Ich glaube es hackt!?", explodiere ich, ohne zu wissen woher diese plötzliche Wut kommt und versuche mich wütend aufzurichten, doch Robin drückt mich unnachgiebig zurück in die Kissen. Ich will ihn wegschieben und versuche mich an ihm vorbeizudrücken, aber er weicht nicht zurück. Verzweifelt schlage ich gegen die Brust des Polizisten, aber dieser packt ohne viel Mühe meine Handgelenke und presst sie an meinen Oberkörper. 

"Eyy, hey, hey, hey...ganz ruhig, Andreas! Lass dass! Was soll das bringen, hmm?", redet Robin auf mich ein und irgendjemand drückt meinen Kopf behutsam zurück in den weissen Stoff. 

"Andreas, ich verstehe dass du wütend bist, das wäre ich auch, -aber wenn du dich so aufregst verletzt du nur dich und andere, verstehst du?"

"Nein!", keuche ich. "Nein, ich verstehe das nicht! Du verstehst das nicht! Ich...wie könnt ihr glauben, dass ich sie umgebracht habe? Ich..."

Aaron unterbricht mich harsch: "Sag mal, glaubst du ehrlich, dass wir dir nicht glauben? Natürlich tun wir das! Nur sind wir nicht die untersuchenden Beamten. Wir wollen dir helfen, Andreas!"

Ich schnaube auf und schüttle den Kopf. "Wieso solltet ihr mir helfen? Das letzte Mal habt ihr mich in die Klapse gesteckt! Ihr habt mir nie geholfen!", fauche ich Robin an, der etwas beschämt den Blick senkt.

"War sie denn so schlimm für dich, Andreas? Die Psychiatrie? Haben wir dich nicht unterstützt?", fragt Paula mit gerunzelter Stirn und tritt näher.

"Nein! Einen Scheiss habt ihr! Wenn ihr mich zurückgehen lassen hättet, wäre Mama jetzt nicht tot! Sie würde noch leben! Ihr seid schuld an ihrem Tod!"

"Wenn wir dich gehen lassen hätten, dann wärst du heute nicht mehr hier. Das wissen wir beide Andreas."

"Wäre vielleicht sogar besser gewesen! Oder durfte ich das jetzt nicht sagen?! Steckt ihr mich jetzt zurück in die Klapse, sobald ich wieder einigermassen fit bin? So ist's doch, oder?!"

Robin schüttelt betroffen den Kopf. "Nein. Nein, wirklich nicht.", murmelt er und umschliesst meine Hand abermals fest. 

"Wir wollen dir helfen, Andreas. Das wollen wir wirklich. Aber dafür brauchen wir deine Zeugenaussage, so schnell wie möglich. Wir wissen nicht, ob er auch noch andere Morde plant...an...", beginnt Cem, bricht aber mitten im Satz ab.

"An mir? Weshalb sollte er ?", murmle ich und verliere langsam aber sicher denn Faden. Meine Wut verschwimmt und ich spüre, wie eine unbestimmte Mischung aus Wut und Angst in mir hochkriecht. 

"Ich weiss nicht. Du musst  es uns schon erzählen."

Ich nicke unsicher und sehe aus dem Augenwinkel wie Aaron aufsteht und einen Schritt auf mich zu macht. 

"Wenn du willst, kann ich einen Freund anrufen, der bei der Kripo arbeitet. Er ist Ermittler in diesem Fall und nun ja...ich denke es wäre besser wenn er auch dabei ist...damit es auch offiziell ist...okay?"

Ich kaue auf meiner Lippe herum und nicke schliesslich wieder, den Blick nachdenklich auf die helle Decke vor mir gerichtet. 

"Gut...ich denke mal er könnte in ungefähr einer Viertelstunde hier sein...", meint Aaron und wischt sich das helle Haar aus der Stirn. 

Ein merkwürdiges Schweigen füllt plötzlich den Raum und jeder scheint mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. 

Weshalb bin ich bloss abgehauen, nachdem ich Mama gefunden habe? Vielleicht würde sie ja dann noch leben. Vielleicht hatte ich mich ja nur getäuscht...vielleicht...

Es klopft leise an der Tür und ein junger Mann mit gekraustem dunkelbraunem Haar in Zivil betritt zaghaft den Raum. 

"Hallo.", begrüsst er seine Kollegen und Paula freundlich, dann wirft er mir einen nachdenklichen Blick zu. Mit ruhigen Schritten gesellt er sich erst zu Aaron, der unweit meines Bettes steht und umarmt ihn rasch. Als er mich wieder ansieht, erscheint ein schwaches Lächeln auf seinem Gesicht und er streckt mir die Hand hin. 

"Hi, ich bin Lucas Falc. Wie geht es dir heute Andreas?"

"Geht so.", murmle ich. 

"Blöde Frage, ich weiss.", seufzt er leise und nestelt in seiner Jackentasche nach einem Notizblock. 

"Ich werde dir jetzt ein paar Fragen stellen und ich hoffe eigentlich dich damit zu entlasten...du musst sie aber nicht beantworten, aus wenn das nicht unbedingt ein gutes Licht auf dich wirft. Du kannst auch jeder Zeit einen Anwalt hinzuziehen, in deinem Fall wäre das eine von uns bereitgestellte Person. Alles klar?"

"Ja. Alles klar."




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