Kapitel 74. Frühstück

519 47 12
                                    

"Zwiebel?", fragt der Mann hinter der Theke. Ich nicke und bereue es zwei Sekunden später, als ich Nicks braunen Augen begegne. Er hebt belustigt eine Braue.

"Gurke?"

Ich nicke wieder. Es ist warm hier drin, aber irgendwie ist mir trotzdem kalt. 

"Scharfe Sauce?"

"Bitte", erwidere ich knapp und der Mann drückt mir meinen fertigen Döner in die Hand. Nick reicht ihm einen Zwanzigeuroschein rüber. "Krieg ich noch zwei Ayran?", meint er mit einem Kopfnicken Richtung Kühlschrank, als ich mich an ihm vorbeidrücke, um an unseren Tisch zu gelangen. Gloria hebt den Blick von ihrem Handy, als ich mich ihr schräg gegenüber auf einen Stuhl fallen lasse. In ihrem Mundwinkel steckt ein pinker Strohhalm, durch den sie geräuschvoll ihre Cola schlürft. 

"Hör auf so nervös auszusehen", bemerkt sie spöttisch. "Komm mal runter, echt."

"Ich bin nicht nervös", entgegne ich gereizt und entfalte die raschelnde Alufolie. Es quietscht, als Nick den Stuhl neben mir rauszieht und mit Döner in der Hand neben mir Platz nimmt. 

"Guten Appetit", kommentiert er, bevor er den ersten Biss nimmt und übertrieben geniesserisch die Augen schliesst. Die blonden Strähnen fallen ihm bereits wieder in die Stirn, ich muss den Impuls unterdrücken, über den Tisch zu greifen und sie ihm einfach aus dem Gesicht zu streichen. 

"Hör auf zu sabbern", sagt Gloria mit vollem Mund. Nick schlägt die Augen wieder auf und sieht mich belustigt an. Seine Mundwinkel zucken merklich, es klebt weisse Sauce dran.

"Vergiss nicht zu essen", meint er bloss. Augenverdrehend nehme ich einen Biss, mein Magen grummelt genervt, als wollte er sich beschweren, dass meine erste Mahlzeit des Tages etwas mit viel zu viel Zwiebeln ist. Beim Gedanken daran wird mir wieder schlecht. 

"Das dein Frühstück?", fragt Gloria trocken. 

"Wieso? Willst du mich bei Danny verpetzen?", entgegne ich genervt und nehme einen Biss, trotz Übelkeit und dem Blut am Messer und dieser Scheiss Angst davor, nachher wegen eines Döners und verpassten Schulstunden Probleme zu kriegen. 

"Ne", meint meine Mitbewohnerin nur und streicht das lange Haar nach hinten. "Aber Nastja hat extra Pancakes gemacht."

Ich nehme noch einen Biss, Nick ist schon praktisch fertig. Er lächelt mich von der Seite an und ich muss mich für eine Sekunde ernsthaft zusammenreissen, um mich nicht versehentlich zu verschlucken. Sein Fuss stupst mich unter dem Tisch an.

"Deine Haare sehen gut aus so", bemerkt er, ohne die braunen Augen von mir zu nehmen. Die hellen Wimpern flattern im hellen Licht der Neonröhre an der fleckigen Decke.

"Ja, man sieht sogar mal dein Gesicht", ergänzt Gloria spöttisch. Ich schnaube belustigt.

"Macht's nicht besser."

"Häh, doch natürlich", meint Nick irritiert und setzt seinen Ayran ab. "Du weisst aber schon, dass du fucking schön bist, oder?"

"Ja klar", spotte ich und stütze meine Stirn in meiner Handfläche ab. Es riecht nach Zwiebeln und sauren Gurken. Gloria zieht mit angewiderter Miene ihre Cola durch den pinken Strohhalm.

"Hmmm, ich muss dir echt mehr Komplimente machen, nicht wahr?", bemerkt Nick belustigt, ich höre das Grinsen in seiner Stimme. Seine Fingerspitzen streifen meine Schläfe, als er mir die braunen Locken hinters Ohr streicht. 

"Auf keinen Fall", murmle ich ohne aufzusehen. 

"Doch, warte, ich hab was...– ich mag deine Ohren", fährt er mit todernster Stimme fort. Irritiert sehe ich auf, stütze mich stattdessen mit meinem Kinn ab, um ihn besser im Blick zu haben. 

SchattenfallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt