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Später bekam Hannah einen Anruf von Maike, die sich überschwänglich bei ihr bedankte. „Du hast wirklich etwas bei mir gut. Ich bin morgen auch wieder da. Hannah bedankte sich für Maikes Angebot und sagte ihr, dass wirklich alles in Ordnung war und sie nicht in ihrer Schuld stand. Sie verabschiedete sich mit den Worten, „Dann bis Morgen", und gesellte sich wieder zu Leon, der immer wieder durch die Wohnung lief, um seine Sachen für die Rückreise nach Äthiopien zusammen zu packen. Er beschloss kurzerhand zusammen mit Makeda zusammen zurück zu fliegen. Hannah war davon alles andere als begeistert. Schließlich würden sie sich jetzt wieder eine lange Zeit nicht sehen. Zudem wollte Hannah mit der Planung ihrer Hochzeit voran kommen, doch Leon hielt sich bei allem raus. „Libi, es ist doch noch so lange hin und ich vertraue ich dir da, voll und ganz. Sag mir wann und wo und ich bin da.", sagte er zu ihr, als sie einige Termine für das Standesamt in München vorgeschlagen bekommen hatte. Mit einer Mischung aus Wut, Enttäuschung und Wehmut gab Hannah es schließlich auf Leons Nähe zu suchen, setzte sich aufs Sofa und zappte durch das Fernsehprogramm. Leon schien ihre abweisende Haltung nicht zu bemerken und fragte, ob sie ihn zum Flughafen fahren könnte. Hannah zuckte mit den Schultern. „Eigentlich nicht. Ich muss morgen auch früh raus und arbeiten." „Geht klar, dann nehme ich mir ein Taxi. Du, ich würde dann auch gleich schlafen gehen. Ich habe soweit alles gepackt. Kommst du dann auch gleich, Libi?" „Nein, ich bin noch nicht müde.", erwiderte Hannah patzig und sprang vom Sofa auf, um in die Küche zu gehen. „Gute Nacht", sagte sie noch im vorbei gehen und war froh, dass Leon ihr nicht folgte. Sie hatte keine Lust auf eine Diskussion und schon gar nicht auf einen größeren Streit kurz vor seinem Abflug, wobei sie ihm schon sehr gerne die Meinung gegeigt hätte. Tief im Inneren hätte sie am liebsten nachgegeben und hätte die letzten Stunden mit Leon verbracht, und wenn es nur schlafend in seiner Armbeuge gewesen wäre, doch ihr Dickkopf gewann mal wieder die Überhand und ließ sie bockig reagieren.

Stattdessen rief sie Sandra an und war erleichtert, als ihre Freundin auch wirklich ans Telefon ging. „Ach, da ist sie ja, die treulose Tomate. Wie geht's dir?", fragte Sandra. Hannah atmete tief durch. „Ach ja, ganz gut." „Mhh, das klingt aber gar nicht so. Was ist denn los?" Als Sandra so direkt fragte, sprudelte es nur so aus Hannah heraus und sie erzählte alles, was sie gerade nervte. „Ich plane hier meine Hochzeit, Sandra, nicht unsere. Meine. Weißt du was ich meine? Er hat da wirklich null Interesse dran und noch dazu verpisst er sich jetzt auch wieder nach Äthiopien, viel früher als geplant war." Sandra versuchte ihre Freundin zu beruhigen. „Er hat bestimmt nur viel um die Ohren. Du weißt doch selbst wie das ist." Hannah brummte zur Antwort. "Es nervt mich einfach nur noch alles. Ich hab das Gefühl, er nimmt das alles nicht Ernst. Ich glaube selbst die Beziehung nimmt er nicht so ernst. "Oh man Hannah, jetzt beruhige dich mal. Das klingt ja gerade alles so, als ob du die Schnauze voll hast.", erwiderte Sandra besorgt. "Hast du die Schnauze voll?" "Nein, nein, das hab ich nicht.", antwortete Hannah ehrlich, "Ich habe mir das ganze nur viel einfacher vorgestellt, das ist alles." Nachdem Hannah sich über Leon ausgelassen hatte und Sandra sie ein wenig beruhigen konnte, konnten sie über alltägliche Dinge sprechen. Dabei erzählte Hannah auch, dass sie mit Paddy nach Fulda fahren würde. Sandra stockte einen Moment. „Das klingt ja so, als ob ihr gut miteinander auskommt." „Ja, es läuft gerade tatsächlich mal alles ganz gut. Ich hatte anfangs echt bedenken, aber so wie es ist, ist es gerade ganz gut." „Na dann bin ich ja beruhigt. Ich habe manchmal schon echt Angst gehabt, dass du Paddy umbringst...oder Maike." Hannah lachte. „Nein, alles gut. Wir waren sogar alles zusammen aus." „Ist nicht wahr! Dann seid ihr jetzt best friends oder was? Wenn wir schon bei dem Thema sind. Willst du Maike beim Jungeselinnenabschied dabei haben?" Hannah überlegte einen Moment. „Ich weiß nicht. Ich kann mir das gerade echt nicht vorstellen. „Ok, dann streiche ich sie von der Liste. Es ist ja auch noch nicht alles in Stein gemeißelt.", entgegnete Sandra. Die beiden Freundinnen telefonierten noch eine Weile, ehe sie sich verabschiedeten und Hannah zu Bett ging.

Mitten in der Nacht, stand Leon auf und gab Hannah zum Abschied einen Kuss auf die Stirn. Hannah brummte nur und drehte sich von ihm weg. Im Halbschlaf nahm sie wahr, dass Leon aus dem Zimmer ging und etwas sagte, dass wie „Ich liebe dich", klang.

Am nächsten Morgen stand Hannah wie gewohnt auf, als der Wecker klingelte. Sie drehte sich auf die Seite, auf der Leon normalerweise lag, doch sie war bereits leer. Sie rechnete nicht damit, dass Leon ihr eine Nachricht hinterließ. Dennoch war sie enttäuscht, als sie hoffnungsvoll aufstand und nicht der gleichen auf dem Küchentisch fand. Das einzige, was Leon hinterlassen hatte, war seine Kaffeetasse, die noch halb voll war. „Dann gute Reise.", nuschelte Hannah und machte sich für die Arbeit fertig. Wieder einmal verdrang sie ihre Gefühle und stürzte sich in ihr Projekt, das ihr zurzeit mehr Spaß machte, als alles andere, was vermutlich auch daran lag, dass sich die Situation mit Paddy immer mehr entspannte.


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