Was wäre wenn?

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Keine drei Wochen hat es gedauert, bis Paddy in seine neue Wahlheimat gezogen ist. Joey war in dieser Hinsicht einfach ein Naturtalent und managte im Handumdrehen einfach einen weiteren Umzug. Paddy fühlte sich in seiner neuen Wohnung pudelwohl. Hier kannte ihn kaum jemand und konnte anonym durch die Straßen laufen, ohne gleich von wildfremden Menschen angesprochen zu werden. Als er Hannah das letzte Mal gesehen hat, hat er ihr versprechen müssen, sich zu melden, so bald er umgezogen war. Widerwillig gab er sein Versprechen, dennoch hat er sich, seitdem er umgezogen ist, nicht bei ihr gemeldet. Er wusste auch nicht wie er das anstellen sollte. Zum einen weigerte sich ein Teil seines Ichs vehement sie anzurufen oder gar eine SMS zu schreiben, ein anderer Teil hätte das jedoch zu gerne getan. Er selbst kannte, wie Hannah, noch niemanden in München und hätte gerne seine ersten Eindrücke mit jemanden geteilt, der München ebenfalls gerade kennen lernt. Eines Abends telefonierte Paddy mit Maite, die ihn über die Leitung zusammenfaltete. „Du bist so ein Arsch! Du hast dich immer noch nicht bei Hannah gemeldet? Du kannst froh sein, dass sie zurzeit viel zutun hat und mich gar nicht über dich ausfragt. Melde dich endlich mal bei ihr. Du hast es versprochen." Paddy verdrehte die Augen. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, war es ihm gerade auch herzlichst egal, was Maite von ihm dachte, da er der Meinung war, dass sie diese komische „Freundschaft" überhaupt nicht verstehen würde." „Ja, ist ja schon gut, Maite. Echt, das ist wie früher. Warum mischst du dich eigentlich bei so etwas wieder ein?" Maite atmete laut aus. „Das hat mit euch beiden rein gar nichts zu tun, ich hasse es einfach nur, wenn Versprechen nicht eingehalten werden."

Auch wenn Paddy überhaupt keinen Nerv darauf hatte, klappte er seinen Laptop auf und beschloss, sich auf diesem Wege bei Hannah zu melden. Eine E-Mail schien ihm am logischsten, da er zum einen seine eigenen nur abrief, wenn er welche erwartete, und zum anderen hoffte er, dass Hannah seine E-Mail nicht sofort las.

Betreff: Finally in Munich

Hallo,

tut mir leid, dass ich mich jetzt erst melde. Du weißt ja wie stressig so ein Umzug sein kann. Ja...also wie versprochen, ich wollte mich nur melden. Hab mich hier schon gut eingelebt.

Bis dann

Paddy

Binnen weniger Minuten kam auch schon eine Nachricht.

Betreff: AW: Finally in Munich

Hey,

ich wusste gar nicht, dass du mir das versprochen hast. Schön, dass der Umzug so reibungslos geklappt hat. Wie läuft es sonst so bei dir?

Hannah

Paddy las die kurzen Zeilen mehrmals und musste einsehen, dass Hannah überhaupt gar nicht auf ein Lebenszeichen von ihm gewartet hat. Er verfluchte Maite dafür, dass sie ihm immer und immer wieder ein schlechtes Gewissen einreden konnte, obwohl er keins zu haben brauchte. Wütend über sich selbst überlegte er, ob er überhaupt antworten sollte, entschloss sich aber dafür. ‚Jetzt ist es eh egal', dachte er sich und schrieb auch schon die nächsten Zeilen.

Betreff: AW: AW: Finally in Munich

Bei mir ist alles super. Wie läuft es bei dir?

Paddy

Betreff: AW: AW: AW: Finally in Munich

Viel zu tun. Ich hätte nie gedacht, dass der Job so viel Zeit in Anspruch nimmt. Ich sitze auch jetzt noch in meinem Büro und schreibe nervige Berichte fertig. Dagegen war die Arbeit in Äthiopien echt angenehm. Und Leon kommt auch schon in ein paar Tagen und ich habe noch nichts dafür organisiert...

Hannah

Betreff: AW: AW: AW: AW: Finally in Munich

Du scheinst echt ganz schön busy zu sein. Wollte auch nicht weiter stören. Ich wünsch dir viel Erfolg und drück dir die Daumen, dass es bald nicht mehr zu stressig ist.

Paddy

Betreff: AW: AW: AW: AW: AW: Finally in Munich

Nein, du störst nicht. Ich freue mich echt über Ablenkung. Du warst gefühlt der erste soziale Kontakt, der mal nichts mit der Arbeit zu tun hatte. Mehr als Arbeit ist gerade nichts in meinem Leben, weißt du. Wir können ja mal zusammen einen Kaffee trinken gehen oder so.

Hannah

Betreff: AW: AW: AW: AW: AW: AW: Finally in Munich

Ja klar, melde dich einfach, du hast ja meine Nummer.

Bis bald

Paddy

Als Paddy die letzte Mail abschickte, schnaubte er durch die Nasenlöcher. ‚Als ob du dich melden würdest. Genauso wie du dich gemeldet hast, als das mit uns vorbei war oder als ich ins Kloster gegangen bin. Fuck off!' Wütend klappte er den Laptop zu und raufte sich die Haare. Nach hin und her überlegen schien es Paddy wie Schuppen von den Augen zu fallen. Hannah war überhaupt gar nicht scharf auf eine neue Freundschaft. Dass Hannah mit ihm nur über ihre Arbeit halbwegs normal sprechen konnte, machte für Paddy auf einmal Sinn. Auch die Bemerkung, dass alles komisch sei, war für ihn nur ein weiterer Beweis dafür, dass sein Leben nach seinem Aufenthalt im Kloster und auch nach ihrer Begegnung in Äthiopien weiter gehen muss – und das auch ohne Hannah. Sie hatte ihr eigenes Leben. Paddy beschloss es Hannah gleich zutun und seine Zukunft allein für sich zu planen, ohne, dass sie auch nur im Entferntesten eine Rolle einnehmen werden wird.