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Der Entschluss stand fest. Hannah wollte nicht weiter darüber nachdenken oder mit jemanden über ihre Entscheidung reden, aus Angst, dass sie sich es doch noch anders überlegte. Mit ihrem Vater klärte sie alles Organisatorische und mit Emils Hilfe war auch der Papierkram schnell geklärt. Jetzt hieß es Job und Wohnung kündigen, ausmisten und die Reise planen. Die Reiseplanung ging erstaunlich schnell über die Bühne. So war schnell ein Flug gebucht, das Visum beantragt und sämtliche Impfungen aufgefrischt. Nun blieben Hannah vier Monate, um sich um andere Angelegenheiten zu kümmern. Als sie ihrem Chef von ihren Plänen erzählte, war er mehr als niedergeschlagen und bot Hannah sogar mehr Geld, damit sie ihm treu blieb. Das Angebot war wirklich sehr verlockend, doch Hannah lehnte das großzügige Angebot ab. Sie versprach jedoch bis zu ihrer entgültigen Abreise noch weiter für ihn zu arbeiten. Ein wesentlich größeres Problem stellte jedoch ihre Wohnung dar, die sie auflösen wollte. Ihre Mutter hatte ihr geraten, die Wohnung zur Untermietung zur Verfügung zu stellen, doch Hannah war strikt dagegen. „Mama, ich habe mir das gut überlegt. Ich weiß doch gar nicht wie lange ich fort bin und wer weiß; vielleicht finde ich wo anders einen guten Job und ziehe gar nicht nach Köln zurück, sondern nach Berlin oder Hamburg." Hannahs Mutter versuchte sie noch mehrere Male davon zu überzeugen, die Wohnung zu behalten, doch Hannah blieb stur.

Zwischen unzähligen Kartons, Pappschachteln und Klamotten ging Hannah hin und her und fluchte vor sich hin. „Wann hat sich nur dieser ganze Scheiß angesammelt?", brummte sie und stoß sich den großen Zeh, als es an der Tür klingelte und sie dabei war, diese zu öffnen: „Überraschung", ertönte es von Emil und Sandra gleichzeitig, die jeweils mit einer Flasche Sekt vor der Tür standen. „Ich habe gehört, du brauchst Hilfe beim Packen und beim Ausmisten.", sagte Sandra und gab Hannah einen Kuss auf die Wange. „Ihr seid meine Rettung. Vielen Dank." Hannah ließ ihre Freunde hinein, die vergebens versuchten sich auf einem freien Platz nieder zu lassen. „Ich besorge erstmal ein paar Gläser", entschied sich Emil und bahnte sich einen Weg in die Küche. Hannah lächelte Sandra an. „Mit dir habe ich echt gar nicht gerechnet." „Ach komm, das lasse ich mir hier doch nicht entgehen. Sascha passt heute auf Caro auf. Es ist alles geklärt, die Party kann steigen", sagte sie und ließ sich aufs Sofa plumpsen. Hannah lachte. Wenn sie an die Zeit zurück dachte, als sie noch mit Sandra in einer WG wohnte, hätte sie nie gedacht, dass ihre Mitbewohnerin jemals heiraten, geschweige denn Kinder in die Welt setzen würde. Seit zwei Jahren war sie nun mit Sascha verheiratet, den sie damals auf einer Psychologenparty kennen gelernt hatte, auf die sie Hannah mitschleppte. Wenig später kam ihre gemeinsame Tochter Caroline zu Welt, die Hannah über alles liebte. Auch wenn die Schwangerschaft ihrer Freundin bei ihr selbst alte Wunden aufriss, freute sie sich tierisch für Sandra und war umso gerührter als Sandra sie fragte, ob sie die Patenschaft für Caro übernehmen wollen würde. „Du hättest Caro aber auch ruhig mitbringen können", sagte Hannah und schaute wahllos in die Kartons. „Papperlapapp. Damit ich hier mit Emil die Drecksarbeit machen darf, während du dich mit der kleinen amüsierst? Niemals!" „Mädels!", ertönte es im Flur. „Jetzt stoßen wir erstmal an." Er gab Hannah und Sandra jeweils ein Sektglas, ehe er sich räusperte. „Auf Hannah, die ihren süßen Hintern endlich aus Köln rausbekommt und wieder anfängt etwas für sich selbst zu tun." „Hört, Hört!", rief Sandra und nahm einen kräftigen Schluck aus ihrem Glas, während Hannah empört zu Emil schaute. „Was soll das denn bitte heißen?" „Ach, Schätzchen ich bitte dich." Emil rollte mit den Augen. „Immer, wenn ein Funken Hoffnung in Sachen Beziehung, Heiraten und Kinder greifbar war, hast du die Reißleine gezogen." „Das stimmt doch gar nicht", versuchte sie sich zu rechtfertigen und trank ebenfalls von ihrem Sekt. Sandra fing an zu schnaufen. „Emil hat recht. Was ist mit Jürgen? Er hätte so gerne Kinder mit dir gewollt und was ist passiert? Du machst Schluss, weil du dich in eine Ecke gedrängt gefühlt hast. Du musst dir endlich mal selbst klar werden, was du willst und was nicht." Emil nickte eifrig. „Und was war mit Michael? Er wollte dich heiraten und da fragt er dich und du sagst knallhart nein... und wir wissen wie das endete." Hannah gab sich geschlagen, jedoch nicht ohne sich zu rechtfertigen. „Ja das mag sein, aber ich will das ganze auch gar nicht mehr. Ihr wisst ganz genau, dass ich dieses Thema abgeharkt habe und da weiß ich, was ich will. Wer mit mir eine Beziehung eingeht, bekommt klipp und klar gesagt, ich möchte weder heiraten noch Kinder. Ich kann auch nichts dafür, wenn Jürgen oder Michael auf einmal ihre Meinung ändern und auf einmal eine Familie gründen wollen." „Als ob es ein verbrechen wäre, die Meinung nach ein paar Jahren Beziehung zu ändern.", flüsterte Sandra vor sich hin und Emil grinste, denn er war Sandras Meinung und ziemlich sicher, dass Hannah aus bestimmten Gründen solch eine Bindung oder Verantwortung nicht tragen wollte.

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