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Hannah war zum einen erleichtert, dass die anderen tatsächlich schon wieder da waren, auf der anderen Seite fand sie es schade. Zu gerne hätte sie noch weiter privat mit Paddy geredet, um mehr über die letzten Jahre zu erfahren. Dass Paddy vor seiner Zeit im Kloster alleine ohne seine Geschwister Musik machte, brannte sich in ihr Hirn ein und machte sie noch neugieriger, als sie eh schon war. „Da seid ihr ja endlich. Wo seid ihr gewesen? Wir sind nach dem Gewitter noch an den Feldern vorbei gefahren." Leon machte einige Schritte auf Hannah zu und umarmte sie stürmisch. „Ich dachte, euch ist etwas passiert." Hannah löste sich sanft aus der Umarmung und sah zu Leon auf. „Alles gut. Das Gewitter hat uns überrascht und ich hatte ganz vergessen, dass Tulus Ziegen draußen waren. Danach habe ich Paddy noch das Reservat gezeigt." Leon blickte fragend zu Paddy. „Paddy? Ist das dein Spitzname?" Paddy nickte schräg und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Paddy, Patrick. Du kannst mich nennen wie du willst." Gemeinsam gingen sie zur Feuerstelle, an der Yeshi bereits dabei war das Essen vorzubereiten und sich mit Emil unterhielt. Dieser blickte auf und bemerkte sofort die veränderte Haltung von Hannah. „Oh, kannst du die eine Tasche noch aus dem Auto holen, Paddy?", fragte Hannah wie selbstverständlich. Emil traute seinen Ohren kaum und zählte eins und eins zusammen; Die lässige Haltung, das unbekümmerte Reden mit Paddy...Er freute sich über diese Entwicklung und nahm sich fest vor, Hannah über den heutigen Tag auszufragen.

Als es dämmerte saßen Leon, Emil, Paddy und Hannah mit Yeshi und Tulu um ein Lagerfeuer herum und aßen ein kleines Festmahl. Tulu konnte sich gar nicht genug bei Hannah und Paddy bedanken: „Vielen Dank, dass ihr meine Tiere in Sicherheit gebracht habt. Das hätte hier in der Gegend nicht jeder getan." „Ach Tulu. Das ist doch selbstverständlich. Immerhin habe ich sie auch aus dem Stall gelassen und außerdem liegen sie mir genauso am Herzen wie dir.", erwiderte Hannah und prostete ihm zu. Paddy unterhielt sich angeregt mit Yeshi und Leon, die über die Wasserversorgung diskutierten. Emil witterte seine Chance und setzte sich beiläufig zu Hannah. Sie nahm gerade einen Schluck von ihrem Wasser, als Emil sie leicht mit seiner Schulter anstupste. „Na, wie war dein Tag?" „Ganz gut. Das Gewitter hat mir eine Heidenangst eingejagt, aber sonst war alles ganz ok." Hannah lächelte in ihren Becher. Sie kannte Emil und wusste, dass er mehr von ihrem Tag hören wollte, vor allem was Paddy betraf, doch so einfach wollte sie es ihm nicht machen. Zumal sie, vermutlich auch durch den heutigen Tag, in bester Laune war. Emil hingegen nickte abwesend. Er als Analytiker war Hannah weit voraus und vermutete bereits, dass sie in auf die Folter spannen wollte. Also drehte er den Spieß um. Früher oder später würde sie platzen und mit der Sprache herausrücken. Er fing an zu Grinsen, als Hannah ihn empört auf den Oberschenkel schlug. „Ich hasse dich dafür, dass du mir immer einen Schritt voraus bist.", meckerte sie. „Habt ihr geredet?", fragte Emil und versuchte dabei so neutral wie möglich auszusehen. Er war der Meinung, dass dieses Gespräch nicht jeder mitbekommen sollte. Hannah lächelte und nickte. Dabei starrte sie ins Feuer, ehe sie ihr Gesicht zu Emil wandte und von ihrem Tag erzählte. „Ich bin wirklich stolz auf dich Hannah. Vor einiger Zeit hättest du so ein Gespräch mit ihm bestimmt nicht hinbekommen." „Ich bin selbst von mir überrascht", gestand Hannah und biss sich auf die Unterlippe. „Was hast du noch auf dem Herzen?", fragte Emil, doch Hannah schüttelte ihren Kopf, als ob sie ihre Gedanken bei Seite schieben wollte. „Zu viel Wirrwarr. Ich finde die ganze Situation immer noch verrückt."

„Hannah?" Hannah blickte zu Leon, der sie über das Feuer hinweg rief. „Was hälst du davon, uns morgen mit zum Flughafen zu begleiten?" Sie schien verwirrt dreinzublicken, da Paddy nun das Wort ergriff. „Ich fliege Morgen Abend schon wieder zurück nach Deutschland. Ich dachte, das würdest du wissen." „Was, schon?" Sie hörte sich trauriger an, als sie eigentlich wollte, versuchte dennoch nicht die Fassung zu verlieren. „Ich würde wirklich gerne, aber ich bin morgen mit Yeshi unterwegs. Wir wollten das Frauenhaus besuchen und schauen wie dort so die Lage ist." „Wie schade.", sagte Leon. Für ihn war die Sache geklärt. Hannah hingegen fühlte sich so, als wenn sie tonnenschwere Steine verschluckt hätte. Sie spürte wie Paddys Blick auf ihr ruhte, doch sie achtete peinlich darauf, ihn nicht weiter anzusehen. Erst als sie sich sicher war, dass Leon ihn wieder in ein Gespräch verwickelt hatte, wagte sie es ihn nochmal anzusehen. Er hatte sich kaum verändert, sein Humor ist immer noch derselbe geblieben und auch sein Lachen war immer noch so ansteckend wie früher. Nur seine Lachfalten um die Augen herum waren ein wenig tiefer und verrieten, dass auch er in all den Jahren gealtert war, doch er sah immer noch sehr charmant aus. Sogar charmanter als zuvor, dachte sich Hannah. „Ehm, ich an deiner Stelle, würde nicht so offensichtlich Paddy anstarren.", flüsterte ihr Emil grinsend zu. „Es sei denn, du schielst ein wenig und schmachtest stattdessen deinen Freund so an." Wieder einmal spürte Hannah, wie ihr die Schamesröte ins Gesicht schoss und sah beschämt auf ihre Schuhe.

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