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Die letzten Vorbereitungen für den Umzug vergingen wie im Flug. Die letzten Kartons waren verpackt, Möbel bestellt und der Umzugswagen gemietet. Hannahs Mutter hatte vorgeschlagen eine Umzugsfirma zu beauftragen, doch Hannah war strikt dagegen, da sie nicht mehr Geld ausgeben wollte, als sie musste. Zudem haben Sandra und Sascha ihre Hilfe angeboten. Maite hatte sich bereit erklärt auf Caro aufzupassen, so dass die beiden uneingeschränkt beim Umzug mit anpacken konnten. Den Abend vor dem Umzug belud Hannah, zusammen mit ihren alten Klassenkameraden Kai und Nicole den Transporter. Die beiden waren spontan vorbei gekommen, da sie es früher nicht schafften. Umso glücklicher war Hannah, dass es für sie kein Problem war mit anzupacken. „Hauptsache wir sehen dich noch einmal.", sagte Nicole und half Hannah bei den Kartons, als das Telefon klingelte. „Münch?" „Hi, ich bin es. Sandra." Sandras Stimme klang verweint und traurig. „Hey, was ist los?", fragte Hannah und Sandra erzählte ihr, dass ihr Schwiegervater verstorben sei. „Es tut mir so unendlich leid, aber Sascha und ich fahren gleich nach Erfurt zu Saschas Mutter." „Sandra, mach dir keinen Stress. Dafür musst du dich doch nicht entschuldigen. Die Familie geht vor. Das ist doch auch viel wichtiger als der Umzug. Es tut mir so unendlich leid für euch. Drück Sascha von mir, ja?" „Ist etwas passiert?", fragte Nicole, als Hannah zu ihnen zurückkehrte und eine tiefe Falte ihre Stirn zierte. „Ja, Sandras Schwiegervater ist gestorben." Sie erzählte Nicole alles, was sie gerade von Sandra erfahren hatte. „Und wie machst du das jetzt morgen?", fragte Nicole. „Ich habe es doch richtig in Erinnerung, dass Sandra und Sascha dir helfen wollten, oder?" Hannah nickte und atmete einmal durch. „Tja, da kann man nichts machen. Ich kriege das schon hin. Es sei denn, ihr habt morgen zufällig Zeit?" Nicole lächelte matt. „Ich würde wirklich gerne, aber das ist dann doch ein bisschen zu kurzfristig." „Das war auch gar nicht ernst gemeint. Das wird schon."

Als Nicole und Kai sich von Hannah verabschiedeten, machte es sich Hannah mit ihrer Mutter im Wohnzimmer bequem. Tina war immer noch der Meinung, dass sie zumindest ein paar professionelle Möbelpacker beauftragten sollte, doch Hannah blieb stur. „Mama, bitte. Das wird schon, ok?" „Aber kannst du denn nicht noch jemanden fragen? Was ist mit Maite und Florent? Können sie dir nicht noch ein wenig helfen?" „Nein, das geht nicht. Ich habe mit Maite schon telefoniert. So kurzfristig können sie auch nicht einspringen. Immerhin haben sie ihr eigenes Leben und die Kinder. Wenn Patricia fit wäre, hätte sie Agnes und Josephine bei ihr untergebracht, aber so." „Ja, aber du kannst doch nicht alle Kartons alleine in die Wohnung schleppen." „Jetzt hör auf Mama.", sagte Hannah leicht gereizt. Sie wusste selbst, dass es morgen nicht einfach werden würde, aber in ihren Augen war es immer noch nicht unmöglich. Tina sah ein, dass es keinen Sinn machte, weiter auf ihre Tochter einzureden und so wechselten sie das Thema. „Ich glaube es wird langsam Zeit fürs Bett. Wir müssen morgen früh raus.", sagte Tina und stand auf, um den Tisch abzuräumen. Passend dazu gähnte Hannah und nickte. „Du hast recht. Gute Nacht." Hannah machte sich bettfertig und beschloss Leon noch eine E-Mail zu schreiben, ehe sie sich schlafen legte, als ihr neues Handy anfing zu summen. „Skeptisch schaute sie auf das neumodische Ding, dessen Display eine unbekannte Nummer anzeigte. Zögernd ging sie an ihr Handy. „Hannah Münch?", sagte sie langsam. „Hi, hier ist Joey. Ich habe gehört, du brauchst ein bisschen Hilfe bei deinem Umzug?" „Woher?..." Joey lachte am anderen Ende der Leitung. „Der Kellyfunk funktioniert immer noch gut. Ich habe mit Maite gesprochen. Ich muss die Tage eh nach München, da kann ich dir auch gerne zur Hand gehen." Hannah lachte innerlich. „Ist das dein Ernst? Das wäre echt super Joey, aber nur wenn es keine Umstände macht." „Hey, wenn ich keine Zeit hätte, würde ich dich nicht anrufen oder?" Sie besprachen noch einige Details, ehe sie auflegten. „Mama!", rief Hannah in den Flur. „Du kannst aufhören, dir Sorgen zu machen. Joey hilft mir morgen beim Umzug."

Als Joey aufgelegt hatte ging er ins Gästezimmer, in dem Paddy immer noch untergebracht war. „Hast du morgen etwas bestimmtes vor?", fragte er und unterbrach Paddy beim Lesen. „Nein, es ist nichts geplant." „Wunderbar. Wir fahren morgen schon nach München." Paddy sah seinen Bruder fragend an. „Hat sich der Termin mit deinem Marklerfreund verschoben?" „Nein, wir machen morgen nur einen kleinen Abstecher bei Hannah und helfen beim Umzug." „Was? Joey, hell no, please. Tu mir das nicht an." „Was hast du denn für ein Problem? Du klingst ja wie ein pubertierender Teenager." „So fühle ich mich gerade auch. Hättest du das nicht vorher mit mir besprechen können?" „Es war eilig.", sagte Joey empört. „Dass du dich da überhaupt so querstellst." Joey schüttelte mit dem Kopf: „Unglaublich! Ich dachte du bist so fromm und hilft deinen Freunden in jeder Lage." Er verließ das Zimmer und ließ Paddy alleine zurück. Joeys Worte hallten in seinem Kopf nach. Was war nur los mit ihm? Er selbst kannte dieses widerwillige Verhalten von sich nicht. Es war doch absolut nichts dabei. ‚Wenn doch nur dieser blöde Abend nicht gewesen wäre.', dachte er sich, riss sich jedoch zusammen und versuchte es positiv zu sehen. „Das ist doch alles Kinderkacke", sagte er laut zu sich selbst und suchte Joey, um sich den Plan für die nächsten Tage erklären zu lassen.

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