Kapitel 50

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Ich habe Siya angerufen und gesagt, dass ich es heute nicht schaffen werde. Ich habe sie angelogen und gesagt, dass ich an der Forschung weitermachen will. Ich fühle mich schlecht, ich habe ihr Vertrauen missbraucht. Ich schließe mein Auto ab und gehe zur Bank um die Hälfte meines gesparten Gehalts abzuheben. Im Auto fahre ich zu meiner Mutter.

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Hoch die Treppen, bis mir meine Mutter die Tür aufmacht. Ihr Blick zeigt mir, er ist nach Berlin gekommen und jetzt in dieser Wohnung mit vielen traumatischen Erlebnissen. Sie wirkt fröhlicher, unbedrückter, sieht mich entschuldigend an und will wahrscheinlich nicht, dass Hakim und ich uns auseinandersetzen. Ich ziehe meine Schuhe aus und und trete in die Küche. Ich sehe Samira auf dem Stuhl, sie wirkt traumatisiert, ängstlich und irgendwie genervt.

Sie sieht zu mir hoch und hebt die Brauen. Ich sehe von ihr zu Hakims Rücken. Er dreht sich um und seine grünen Augen sehen in meine. Sein linkes Auge Braun, wie es schon immer war. Alles ist still. Es ist lange her, als ich ihn gesehen habe.

Rückblick

Ich liege gegenüber Hakim. Es ist 00:00 Uhr, ich bin gerade 14 geworden und kann nicht schlafen, weil mein Vater nicht aufhört zu brüllen. Meine Mutter schreit zurück. Mein Herz klopft wie verrückt. Als etwas zerbricht und ich meine Mutter schreien höre stehe ich auf und will rausrennen. Doch Hakim zieht mich zurück und übernimmt. Hakim ist zwei Jahre älter als ich. Zum Flur ins Wohnzimmer sehe ich, wie mein Vater meine Mutter würgt und eine Flasche Alkohol den Boden mit Glassplitter verteilt. Meine Mutter fragt ihn an diesen Zeitpunkt wieso er so ist, da sie ihn noch nie so erlebt hat. Meine Mutter, schwanger- sieht mich dann an und keucht ich solle schlafen gehen. Hakim packt meinen Vater, ist wahrscheinlich auf drei Glasscheiben getreten und boxt ihn zu Boden. Ich schnaube, sehe hinter mir Samira mit Tränen und flüstere „shh." Sie
zittert, weswegen ich ihre Tränen wegwische.

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„Azman was ist mit Baba los?" „Ich weiß es nicht. Alles wird gut." Als Samira schläft und ich mir meine Augen reibe, lege ich ihre Decke über sie und küsse ihre Stirn.

Ende

(Sustuklarimiz - Toygar isikli)

Hakims Arme umschließen meinen Rücken, weswegen sich mein Körper von einer Welle von Gänsehäuten beschütet. Ich erwiedere nicht, sehe ihn kalt an. „Was machst du hier? Wer hat deine Geldstrafe gezahlt?" „Spielt keine Rolle." „Du hast Lebenslänglich. Was suchst du hier?", frage ich ihn. Er tut seinen Zeigefinger auf sein Mund und zieht seine Nike Socke etwas runter. Ich verstehe innerlich und wünschte er wäre nicht mein Bruder. Er tretet näher, hält seine Hände auf meine Schulter und
lächelt. „Du bist gewachsen, Hast abgenommen, Bist gut gebaut, Bruder."
Wir sind gleich groß.
„Du bist nicht mein Bruder." Hakim senkt seinen Blick etwas runter. Nickt. „Hast du hunger?" „Lieber verhungere ich, als mit dir an einem Tisch zu sitzen." Als käme mein damaliges kaltes, Agressives Ich zum Vorschein sehe ich zu Samira. Sie atmet tief ein. Mama steht auf der anderen Seite, wechselt ihre Augen von mir zu Hakim und betet flüsternd. „Wo ist deine Tasche?", frage ich ihn. Er atwortet nicht. Ich gehe aus der Küche, zum Flur, zum damaligen Kinderzimmer, das wir uns geteilt haben. Eine braune Ledertasche mit gefalteten Sachen, welche Samira wahrscheinlich für ihn gefaltet hat liegt auf den Bett. Ich stehe vor dem Bett und sehe lachend zu ihn. „Samira!", rufe ich. Sie kommt langsam ins Zimmer rein. „Ist die Wäsche frisch gewaschen worden?" Sie nickt. „Ja." Kopfschüttelnd sieht Mama mich an. Ihr Blick ist bittend. Hakim steht vor ihr am Türrahmen. Ich nehme die ganzen gefalteten Klamotten und zerstöre wahrscheinlich Samiras Mühe, indem ich die Klamotten mit meiner bloßen Hand wieder in die Tasche stopfe. „Verpiss dich von hier. Bau dir ein scheiß neues Leben auf. Such dir eine Frau. Du gehörst hier nicht mehr hin." „Azman", schluchzt meine Mutter. Als sie sich wiederholt, schreiend. Ich brülle sie an indem ich zu ihr sage, dass sie leise sein soll. Ich würde mich selbst schlagen wollen, weil ich so mit ihr geredet habe. Aber sie muss verstehen. „Wie redest du mit ihr?", sagt er und packt mich, weswegen ich mich losreiße und Hakim boxe, er daraufhin zu Boden fällt. Wie er es mir gelehrt hat. „Azman!", ruft Mama. Ich boxe ihn, bis sein Gesicht mit Blut verziert ist. „Scheiß bastard", flüstere ich und sorge dafür, dass seine Nase blutet. „Mörder." „Du. Scheiß. Mörder." „Azman er stirbt wenn du nicht aufhörst!" „Wer bist du, dass du jetzt meinen großen Bruder spielst du scheiß Wichser, huh?"
Ich packe ihn zu mir hoch. „Ich bin der Mann im Haus, verstanden?" Meine Agressivität ist zurück. Ich wünschte Siya wäre hier und könnte mich retten.

Winter in BerlinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt