Während wir alle frühstücken wird gelacht und an Zeiten gedacht, die für Azman auch eine schöne Bedeutung hatte. Es macht mich glücklich, dass Azmans Welt nicht nur grau und schwarz war, sondern es auch Zeiten gab, die mal schön waren. Sonst wäre sein Leben unglaublich erschreckend. Keiner könnte sich von so einem Trauma erholen und selbst wenn, dann wären immer noch Rückstände zusehen, nicht nur körperliche auch psychische. Ich bin mir sicher sein Grund für dieses aufwachen gestern Abend lag darin, dass er in dieser Wohnung nur Albträume bekommt. Immerhin ist er hier groß geworden und seine schlimmen Zeiten waren auch hier markiert. Und deshalb lag er viel wert darauf, dass ich bei ihn anstatt bei Samira schlafe. Ich sehe ihn sofort an, während er kauend auf sein Teller sieht. Er..fühlt sich nicht wohl, weshalb ich mich unglaublich schuldig fühle. Er würde es niemals zeigen, nachdem er es einmal gemacht hat. Wenn wir nachhause fahren werde ich die Gelegenheit nutzen ihn zu fragen. Mir wird etwas übel, was wirklich komisch ist, denn die Sachen auf dem Tisch sind doch alle frisch gekauft worden. Ich lege mein Brot auf das Teller und stehe sofort auf, um in die Toilette zu rennen.-
Samira hält mein Haar, während sich Azman Hakim und Tante Adeya vor der Tür sorgen machen. „Alles gut Leute!", ruft Samira und streichelt meinen Rücken. Das ist mir wirklich unangenehm. Hakim bittet meine Schwiegermutter dann, Azman alleine zu lassen. Ich wasche meinen Mund und putze sauber und gründlich meine Zähne, während Samira mich analysiert. Ich sehe sie an und frage sie mit Schaum im Mund, was los sei. „..Bist du schwanger?", fragt sie mich flüsternd. Möglicherweise. Schön wäre es natürlich. „Ich weiß es nicht." „Du siehst so Müde aus." Ich bin tatsächlich auch müde. „Nur etwas." „Hast du Brust schmerzen." Oh ja, verdammt. Ich nicke sofort. „Mach ein Test." „Ich habe Angst." „Komm wir machen einen." Ich schüttele meinen Kopf. „Die letzten zwei Striche haben eine Fehlgeburt verursacht." Wenn ich einen Test mache, würde ich das Zuhause machen. In dieser Wohnung sind viel zu schlimme Dinge passiert, dass ich dieses Unglück nicht wieder erleben möchte. „Ich werde mich darum kümmern", sage ich und öffne das Fenster. Ich öffne die Tür und sehe in Azmans besorgten grüne Augen. „Alles gut. Habe bestimmt etwas falsches gegessen." „Habe auch Bauchschmerzen", sagt Samira. Als Samira das gesagt hat, schien in Azman etwas Hoffnung geplatzt zu sein. Was gut ist, denn meine Hoffnung ist irgendwie da, irgendwie aber auch nicht.
„Das lag bestimmt am Suçuk", antwortet er, woraufhin ich nicke. „Ja, dass kann sein."-
„Also Ajin, erzähl mal was von dir", sagt Samira lächelnd zu ihr weshalb sie kurz schmunzelt und dann schüchtern zu Hakim guckt. Sie ist wirklich nervös und irgendwie tut sie mir leid. Manche Menschen können nichts dafür, dass sie nervös verhalten, obwohl sie es vermeiden wollten.
Azman krault unter dem Tisch meinen Schenkel und geht oftmals sogar dazwischen um meine Innenschenkel zu kneten. Er macht das oft, wenn ihm langweilig ist, oder wenn er mit mir schlafen möchte. „Dein Name ist übrigens wirklich schön", sage ich zu ihr, freundlich. „Dankeschön. Dieser Name hat mir meine Mutter gegeben." Mutter. Ich blinzle kurz und lächle dann sanft, was Azman bemerkt. Er malt Kreise auf meine Schenkel und wird sanfter, als würden wir kommunizieren. „Ich komme eigentlich aus Schleswig Holstein und bin für die Arbeit dann umgezogen. Hakim hat mir an meinem ersten Arbeitstag meinen Arbeitsplatz gezeigt und alle Kolleginnen, die mich sehr freundlich empfangen haben." „Okay das ist süß", sagt Samira, was ich zustimme. Samira kneift Hakims Wangen, weshalb er grinst. Er verbeugt sich, weshalb alle kurz lachen. Tante Adeya scheint Ajin auch zu mögen, was mich glücklich macht. Irgendwie werde ich aber auch eifersüchtig, weil sie für mich gerade eine Mutter ist und ich sie bei mir brauche. Es sind nur die Verlustängste, die Alarmieren, mehr nicht. Ich häge keine Eifersucht, sie sich mit Neid vermischt. Ajin hat es verdient genauso behandelt zu werden wie ich. Ihre Eltern wissen zwar von nichts, aber schon bald werden sie es erfahren. Ich schnappe mir ihre Nummer und ihr Instagram, um sie zu stalken. Als Ajin von Hakim nachhause gefahren wird, merke ich das wir auch aufbrechen sollten.
„Es ist spät geworden", sage ich und sehe zu Azman, welcher zustimmt. „Wir sollten jetzt besser gehen." Tante Adeya umarmt uns und Samira verabschiedet sich. „Wenn etwas ist schreib mir", sagt sie, woraufhin ich nicke. „Versprech es", sagt Tante Adeya und zeigt mit einem Zeigefinger warnend auf mich. „Versprochen." „Gut. Kommt heil nachhause."-
„Möchstest du Musik hören?" Ich schüttele den Kopf. „Kopfschmerzen." Er nickt. „Bist du dir sicher, dass es dir gut geht? Du singst doch sonst gerne im Auto herum." Ich lächele kurz. „..Ja." Ich könnte wirklich schwanger sein. Ich schließe meine Hände über meinen Bauch. „Hattest du..Alpträume?" Azman zögert meine Frage zu beantworten. Er nickt. „Ja." „Es tut mir leid. Ich habe spät realisiert, wieso du mit mir einschlafen wolltest. Das nächste mal denke ich an dich, versprochen. Ich bin eine Raben Frau." Meine Augen werden glasig. „Das stimmt nicht. Du bist toll. Ich kann dir das nicht übel nehmen, niemals. Weinst du?" Ich nicke. Azman lächelt. „Aber wieso weinst du, mein Herz?" „Keine Ahnung." Er Küsst meine Hand und legt sie gegen seine Wange. Ich schlafe langsam ein und spüre nur, wie Azman mich irgendwann umzieht und zudeckt.

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Winter in Berlin
RomanceAzman Kadever hat seinen Vater verloren - doch statt zu trauern, trägt er seine Wut nach außen. Für andere wirkt er gefährlich, unnahbar. Sein erstes Semester als Biologiestudent muss er wiederholen, zu viel hat er verpasst. Doch es ist nicht nur de...