Ich schminke mich und fahre mit Azman nach Hamburg. In vier Stunden ist Neujahr, dann sind Azman und ich 5 Jahre zusammen. Fünf Jahre sind schon vorbei, wie schnell die Zeit uns überrollt. Manchmal ist uns nicht bewusst wie sehr wir unsere Zeit verbringen müssen. Heute ist ebenfalls auch unser Jahrestag, nur glaube ich, dass ich die einzige bin, die es nicht vergessen hat. „Ich habe das Gefühl ich habe etwas vergessen", sagt Azman. Ich presse meine Lippen aufeinander. „Oder vielleicht bilde ich mir das nur ein." Mein Mund öffnet sich. Er sieht mich fragend an, denn ich schränke meine Arme ineinander ein und drehe mich kopfschüttelnd zur Straße. Als wir in Hamburg angekommen sind bleibt Azman an der Ampel stehen. „Habe ich etwas falsch gemacht?" „Ja, du hast unseren Jahrestag vergessen." Azmans Gesicht wandert langsam zu mir, doch ich ignoriere ihn. Er tippt mich an. „Nö lass mich." „Komm schon." Heute ist der 31. Dezember. „Nein, bin sauer." „Los, bevor die Ampel grün wird." „Was?!", sage ich genervt und drehe mich zu ihn. Azman hat ein rechteckiges kleines Geschenk in seiner Hand. „Oh." Ich werde etwas rot und nehme das Geschenk an. „Denkst du ich vergesse unseren Jahrestag? Niemals." „Danke..Ich dachte nur..es tut mir leid." „Alles gut. Aber wo ist mein Geschenk?" „Zuhause, wollte es dir heute morgen geben, aber ich habe kein alles gute zum Jahrestag bekommen." Azman lacht. „Das war ein Scherz. Danke das du an mich gedacht hast." „Du bist so süß..Soll ich deins aufmachen?", frage ich ihn. Er nickt. Also öffne ich es. Ich keuche, als ich die Schatulle öffne. „Sag nicht das sind echte Diamanten." Azman kratzt seinen Hinterkopf. Immer wenn er das tut bestätigt er mir das er eine menge Geld dafür ausgegeben hat. Ich glaube ich habe vergessen zu erwähnen, dass wir jetzt..reich sind?Ich meine, wenn man eine millionen Euro zuhause liegen hat darf man sich doch so nennen, oder?
„Azman!", sage ich schockiert. „Was? Wir können es uns leisten.." „Aber.." Vielleicht muss ich mich von nun an daran gewöhnen privilegierter zu leben. „Wie viel ist auf dem Konto?.." „eine Mille umgefähr." „du hast nicht ernsthaft zwanzigtausend Euro, ich betone nochmal EURO dafür ausgegeben."
„Ich dachte du kannst kein Mathe."
Ich pieckse seinen Arm. Azman und ich haben beschlossen, keinem zu sagen was gerade bei uns abgeht. Also all die positiven Sachen, als auch meine Umstände. „Irgendwann lege ich die Scheine auf dem Bett und dann ficke ich dich schön und fest. Das wird unvergesslich." Er nimmt meine Hand und beißt dran. Ich lache kopfschüttelnd.-
„Hey!", ruft Kadiz. Alle schauen zu uns rüber. Arin, Helin, Deniz, Alan, Kadiz, Aslan, Beyaz eine Freundin von Kadiz und Cousine von Azman. Ich umarme alle und winke zu Beyaz, die meine Begrüßung schüchtern erwidert. Ich flüstere mit Lippensprache zu Kadiz „sie ist so hübsch!", weshalb er sofort und schnell nickt. Azman grüßt die Jungs mit Handschlägen und winkt alle Mädchen zu. „Unser Traumpaar ist heil angekommen. Gott sei dank!", sagt Helin. „Wir haben heute Jahrestag", sage ich lächelnd. „Und ich habe morgen Geburtstag", sagt Aslan, weshalb alle lachen, auch ich. Der 1.1. ist ein typischer Geburtstag für uns Südländer und Südländerinnen.
Es wird gelacht und getratscht. „Hey, trink doch mal was!", sagt Helin. Ich lehne ab. „Bist du etwa schwanger?" Azman sieht sofort rüber. Schön wärs. „Nein." „Okay." Ich lerne Beyaz besser kennen und bin total begeistert von ihr. Ist ist sehr lieb und man fühlt sich von ihr sehr wohl. Sie ist etwas schüchtern gewesen, aber Alkohol scheint sie zu lockern.
-
„Hast du getrunken?", frage ich Azman, als wir nachhause fahren. Er schüttelt den Kopf. „Wow." „Überrascht dich das wirklich?", fragt er mich. „Naja..schon etwas?..", werde ich leiser. Er lächelt. „Ich liebe dein Lächeln." „Wirklich?" „Ja, es macht dich so einzigartig." „Danke, Sonne."
-
Ich lege mich zu Azman ins Bett und drehe mich zu ihn. „Es fühlt sich so an, als würden unsere Augen miteinander kommunizieren, sich lesen und sich gegenseitig das schenken was uns beiden schon immer gefehlt hat." „Was hat uns beiden denn gefehlt?" „Einer der uns versteht und uns mit einer Liebe füttert, die man einer Person nur geben kann, wenn man für sie sterben wollen würde. Aus einer Liebe, die nicht auf familiäre Ebene basiert, sondern eine auf ihre eigene Art und Weise. Nicht wie zwei typische verliebte, aber auch nicht wie zwei nicht verliebte, verstehst du? Ich habe das Gefühl das wir uns beide sehr ähnlich sind. Schon immer." „Ja, Ja ich verstehe dich. Ich habe darauf gewartet dass du es sagst."
„Erzähl mir etwas.", sagt er. „Was soll ich dir erzählen?" „Wie hast du dich gefühlt, als du dich zum ersten mal verlassen gefühlt hast." Er streichelt meinen Arm. „Willst du das wirklich wissen?", frage ich ihn. „Ja. Natürlich nur wenn du darüber sprechen möchtest." „Es war sehr schlimm für mich. Ich habe mich von keinem verstanden gefühlt und immer geweint. Nicht weil ich alleine war, ich war nicht glücklich mit meinem Leben. Ich konnte nichts anderes als mich in immer wieder in meinen Loch zu begeben, in der ich mich nur durch meine eigene Kraft rausholen könnte. Aber ich wollte nicht. Ich war so ungesund und unzufrieden mit mir, dass es zu dem Zeitpunkt niemals möglich war, mich aus dieser Hölle zu befreien. „Wieso wolltest du das nicht?" „Ich habe mir in meinem Loch Illusionen erschaffen, also Charaktere, die ich mir vorgestellt und gewünscht hatte. Wichtig war mir dass sie mich verstehen. Es ist eine psychische Störung, weshalb ich dann zur Therapie gegangen bin." „Ich dachte erst, als du deinen Vater verloren hattest." Ich schüttele meinen Kopf. „Ich habe anfangs gelogen." „Wieso?" „Weil ich nicht wollte, dass du denkst ich bin gestörrt." „Dein Ernst."
„Weißt du.. ich konnte dich früher nicht einschätzen und wollte daher nicht das sagen, was dich nichts angeht. Jetzt solltest du das wissen. Ich wusste, dass ich wenn wir verheiratet sind, ich viele Dinge aufklären muss." „Es gibt mehr?" „Nein, oder? Ich weiß es nicht. Aber ich werde dir alles erzählen." „Erzähl weiter, wie hast du es geschafft aus diesem Loch heraus zu kommen?" „Indem ich mich mit mir selber beschäftigt habe. Ich fing an diese ganzen imaginären Sachen zu löschen und stattdessen..mich zu lieben. Ich wusste, dass ich heilen wollte. Das ging aber nur, wenn ich an mir selber arbeite oder mich mit positiven Gedanken beschäftigte. Ich weiß nicht. Irgendwie lief es dann. Ich kam zurecht, aber es reichte nur für meinen Ehrgeiz aus. Und mein Ehrgeiz war für meine Bildung zuständig." Azman nimmt mich in seine Arme und wow, es tut gut. Es tut gut mit jemanden so zu sprechen, ohne sich dabei Gedanken zu machen, dass diese Person es aufschreibt, um dann zu sagen das es nach dem Problem sucht, aber genauso dann auch das falsche Resultat ausgeben könnte, es aber dann als Kompromiss darstellt, damit alle geheilt sind, leider aber nur für den Moment, nur damit man nächste Woche wieder nach einem Kompromiss suchen lässt. „Ich bin stolz auf dich." Meine Nase brennt, weshalb ich anfange in seinen Armen zu weinen. „Lass es raus", sagt er und streichelt meinen Rücken. „Alles wendet sich zum Guten, wenn man anfängt sich selbst zu lieben und zu schätzen. Du hast dich um meine Probleme gekümmert, als hättest du keine eigenen gehabt. Ich konnte dich nicht verstehen, wieso du das für mich getan hast,", sagt er und küsst meine Schläfe. Wischt mir zudem meine Tränen weg und streichelt meine Wange. „Danke, das du mich heilst."
„Ich kann dich nur heilen, weil du mich geheilt hast. Du bist so stark, ich bewundere dich viel zu sehr, um es in Worte zu fassen." Ich glaube, dass ein Teil von mir wegen Azman geheilt ist. Ich durfte Azmans Leben sehen und sogar ein Teil davon werden. Ich konnte merken wie ähnlich wir uns waren, wenn wir zusammen ausgegangen sind. Ich lache. „Danke", sage ich und jucke aus Müdigkeit meine Augen. „Beten wir morgen für ein wundervolles Leben, dass wir im Neuen Jahr haben werden." „Ja, das sollten wir tun."
———————-
Zum ersten mal erzählt Siya etwas über die Gefühle, die sie in ihrer Vergangenheit hatte. Wie man sieht, ist sie eine Person die sich einer nur öffnet, wenn sie sich verstanden fühlt. Und da sie kaum einer verstanden hat, war sie es also nicht gewohnt über sich zu sprechen. Irgendwann.. als Azman dann ein wichtiger Teil ihres Lebens wurde und sie zudem auch immer gemerkt hat wie ähnlich sie sich sind, fiel ihre Angst, wieder nicht verstanden zu werden.
DU LIEST GERADE
Winter in Berlin
RomanceAzman Kadever hat vor zwei Monaten seinen Vater verloren. Er zeigt seine Trauer nicht. Stattdessen setzt er sie in Wut um und erscheint für jeden als gefährlich. Sein erstes Semester als Biologiestudent muss er wiederholen, da er den meisten Lernsto...