Kapitel 7

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Am Trainingszentrum angekommen verabschiedeten wir Herrn Maus und gingen dann zurück in den Konferenzraum. Bob redete kein Wort mit mir. Ich hatte mich wohl zu weit aus dem Fenster gelehnt und er war sauer. Obwohl mir der Erfolg doch eigentlich Recht gab, oder nicht? Jaron sprach gerade zur Mannschaft, als wir wieder dazustießen. Bob setzte sich wieder neben Fabian Wiede, ich setzte mich wieder neben Lasse. Und wir folgten Jarons Worten. Mein Blick ging starr nach vorne und ich versuchte mich mit Jarons Vortrag abzulenken. Und zu konzentrieren, was schwierig war nach drei Gläsern Wein.
„Alles okay?", fragte Lasse.
„Ich glaub mir geht's nicht so gut", antwortete ich ohne ihn anzusehen. Ich sah weiter gerade aus.
„Oh...okay...was ist passiert?"
„Euer Sponsor hat mich mit Wein abgefüllt..."
„Was?", lachte er, „bist du betrunken?"
„Ich bin vor allem hochgradig angewidert, ich hasse trockenen Wein."
„Oh Gott", prustete er wieder los.
„Ich glaub mir ist schlecht..."
„Sagst du Bescheid, bevor du..."
„Bevor ich mich übergebe?! Ich steh das tapfer durch, keine Sorge...", beschloss ich und setzte mich wieder gerade hin. Lasse lachte noch immer und schüttelte den Kopf.
„Du bist cool", sagte er dann.
„Na wenn du wüsstest...", entgegnete ich und dachte an den zusätzlichen Stress, den ich auch Lasse angetan hatte mit dem Sommerfest. Aber mein erstes Problem war Bob, mein zweites der Wein und somit hatte das Fest erstmal unterste Priorität.
Ich hörte wieder Jaron zu, um mich abzulenken. Aber so richtig auf seine Worte konzentrieren konnte ich mich nicht. Was dachte Bob über meinen Alleingang? Und warum hatte er mich nicht gestoppt? Er hätte mich zu jeder Zeit unterbrechen können. Eigentlich lag es in seiner Verantwortung. Ich war immerhin noch nicht eingearbeitet und er war mein Chef. Oder? Und wenn er wirklich sauer war, würde er mich dann direkt rausschmeißen? Ich erinnerte mich an seine Worte von gestern: ‚Das ist mein Baby und da lasse ich mir nicht reinpfuschen'. Ich habe mich eingemischt. Vielleicht war das ein Test gewesen. Erst als Jaron fertig geredet und wieder an Kevin übergeben hatte, schüttelte ich allmählich meine Gedanken ab und folgte dem Geschehen.
„Wir haben einen Bus organisiert, der kommt in ungefähr 30 Minuten und wird uns zu unserer nächsten Teambuilding-Maßnahme bringen. Was das sein wird bleibt eine Überraschung, aber ihr könnt euch schonmal in 4er-Gruppen einteilen", sagte Kevin. Ich rollte kurz mit den Augen: es war immer noch wie in der Schule.
„Und ich möchte, dass alle daran teilnehmen! Betreuer, Trainer, Geschäftsführung, Spieler, einfach alle! Lasst uns den Tag gemeinsam abschließen! Und ich verspreche euch: Es wird Spaß machen!"
„Oh man...", murmelte ich. Lieber hätte ich von außen zugeschaut, statt wieder mittendrin zu sein. Ich sah zu Bob rüber. War ich nun verpflichtet mit ihm in einem Team zu sein? Jaron, Kretzsche und er standen schon zusammen. Sie bildeten wohl schon ein Team. Sollte ich nun als vierte Person hinzukommen? Lasse und ich blieben etwas länger sitzen als alle anderen, die sich schon im Raum in Gruppen zusammenfanden. Dann kam Mathias auf uns zu.
„Hi", lächelte er.
„Hi", sagte ich ebenfalls lächelnd.
„Machen wir ein Team?"
Ich nickte und lächelte weiter.
„Na wie sieht's aus?", hörten wir dann Hans hinter Mathias, „har du stadig plads til mig?"
„Vi er stadig tre!", antwortete Lasse.
„Så er jeg nummer fire!", sagte Hans.
Ich zog die Augenbrauen nach oben und neigte den Kopf. Keine Ahnung was sie gesagt hatten. Aber scheinbar war Hans nun auch in unserem Team. Drei Dänen und ich - welche Sprache da wohl gesprochen werden wird...
„Nichts verstanden?", fragte Lasse und rempelte mich sanft mit der Schulter an. Ich schüttelte den Kopf.
„Das ist der Alkohol!", sagte er dann und lachte. Ich stieg mit ein und schlug ihm auf den Arm.
„Au!", beschwerte er sich lachend.
„Wovon redet ihr?", fragte Hans.
„Mittagspause!", erklärte Lasse mit einem Wort, griff mit seiner Hand nach einem imaginären Glas und tat, als würde er trinken. Mathias und Hans stiegen ins Lachen mit ein.
„Bob hat mich mit zu einem Sponsorengespräch genommen und sagte es wäre unhöflich Wasser zu trinken...", erklärte ich mich. Lasse konnte sich vor Lachen kaum auf dem Stuhl halten.
„Sie ist fix und fertig!", lachte er weiter.
„Lasse! Ist gut jetzt! Es muss nicht gleich jeder mitbekommen!", ermahnte ich ihn. Doch auch Mathias und Hans lachten weiter.
„Na ihr seid ja ne lustige Truppe!", kam Paul zu uns rüber. Ich wischte mir die Tränen weg, die ich mittlerweile gelacht hatte.
„Bob hat sie abgefüllt", erklärte Hans.
„Scheiße", lachte Paul dann auch, „habt ihr den Typen von der AOK getroffen?"
„Ja genau!"
„Mit dem musste ich auch schon trinken...der will immer in dieses piekfeine Restaurant und bestellt diesen ekelhaften trockenen Chardonnay..."
Ich nickte.
„Und? Was hat Bob diesmal aus ihm rausgequetscht?"
„Gar nichts - der Typ wollte als Sponsor abspringen...das war alles andere als witzig...er hat sich auf nichts eingelassen, was Bob ihm vorschlagen hat...und dann hab ich mich eingemischt..."
„Du hast...okay...", stammelte Paul, „und?"
„Naja, Hans hat gesagt, ich soll meine eigenen Entscheidungen treffen und dann...hab ich uns allen glaub ich mächtig was eingebrockt...Er wollte abspringen und ich hab ihm ein Sommerfest mit Trainingsturnier versprochen. Ihr gegen drei Bundesligisten oder Champions League Teilnehmer. Und das müsst ihr gewinnen..." Stille. Absolute Stille. Nur Lasse lachte wieder.
„Wirklich nicht lustig, Lasse!", jammerte ich.
„Wie kommt man darauf?", fragte der Däne kopfschüttelnd.
„Er wollte abspringen, weil der Erfolg ausblieb..."
„Aber wir haben doch European League gewonnen?!", sagte Mathias.
„Reicht ihm scheinbar nicht..."
„Also wir spielen ein Turnier? Jetzt?", fragte Mathias nochmal.
„Ehem..."
„Ach kommt schon, das ist doch cool! Besser als Laufen und Vorbereitung!", motivierte er Lasse.
„Bob wird dich umbringen!", sagte Paul, „wer soll das alles planen?"
Ich zeigte mit dem Finger auf mich und kniff die Augen zusammen.
„Hey...", kam Mathias und setzte sich neben mich auf den Stuhl, auf dem vorher noch Marsenic gesessen hatte, „du hast nicht falsch gemacht, Bob wird okay damit sein!"
„Das war wirklich mutig von dir, aber letztendlich kriegt Bob sein Geld. Also alles richtig", sagte Hans und Lasse nickte.
„Es tut mir Leid, dass ich euch mehr Arbeit aufgezwungen habe..."
„Ein Sommerfest ist eine schöne Idee. Und eine schöne Abwechslung. Das musst du Bob nur so verkaufen!", erklärte Paul und ich nickte.
„Also ich spiele lieber als Lauftraining", lächelte Mathias wieder und zuckte mit den Schultern.
„Wir alle wahrscheinlich...mach dir keinen Kopf!", sagte Hans.
Ich atmete nochmal tief durch und ging dann zu Bob rüber. Er lächelte mich sogar an, als ich mich zu ihm und Kretzsche und Jaron in den Kreis stellte.
„Können wir kurz sprechen?", fragte ich und er nickte.
„Ich bin froh, dass du auf mich zukommst und es nicht andersrum sein muss. Das Meeting ist alles andere als optimal gelaufen..."
„Ich weiß, ich", dann wurde ich von seinem Handyklingeln unterbrochen. Er nahm ab und verließ den Raum. Ich blieb erstmal bei Jaron und Kretzsche. Aber eigentlich stand ich nur blöd neben ihnen, denn Teil des Gesprächs wurde ich irgendwie nicht. Ich wartete und wartete, aber Bob kam einfach nicht zurück. Ich stand ein bisschen blöd rum. Vielleicht tat ich so, als wäre das Gespräch zwischen Jaron und Kretzsche höchst interessant. Vielleicht waren die beiden auch verwundert von meiner Anwesenheit...Schließlich wurde der mir unangenehme Moment von Kevin durchbrochen, der uns schließlich runter an den Bus schickte. Es war sogar ein Doppeldecker, damit das gesamte Team dort Platz fand. Bob stand vor der Tür und telefonierte weiterhin. Dabei fuchtelte er mit seinen Händen herum und wurde lauter und lauter.
Ich ließ derweil allen den Vortritt beim Einsteigen - vielleicht gab es auch hier eine Art Sitzordnung - und stellte mich neben den Buseingang. Mathias stand weit hinten in der Schlange, die nun langsam an mir vorbeiging. Als er auf meiner Höhe war, griff er sanft nach meinem Arm und zog mich zu ihm in die Schlange. Dann betrat ich vor ihm den Bus und ging die Treppe nach oben. Hier war ganz vorne vor der riesigen Glasscheibe noch ein Platz frei. Und da setzte ich mich nun hin. Und Mathias neben mich, was mich sehr freute.
„Welcome to Berlin - Sightseeing - Tour!", lächelte er, „hier rechts kann man ‚Füchse Town sehen, da trainiert die beste Mannschaft auf der Welt'!"
„Oh, das sollte ich mir unbedingt mal ansehen!", spielte ich mit.
„Ja das musst du!", stimmte er zu, „es ist besonders schön bei ‚Laktat-Test'" Er brachte mich zum Lachen und lachte dann selbst.
„Das halte ich für eine Lüge!", meldete sich Viktor Kireev, der Torwart der Füchse, zu Wort. Jerry und er saßen eine Reihe hinter uns und wir drehten uns zu ihnen um. Immerhin stand der Bus noch und alle warteten auf Bob. Wir kamen zu viert ins Gespräch und redeten über die kommende Vorbereitung. Bis sich der Bus dann irgendwann doch in Bewegung setzte. In jeder Kurve merkte ich wieder den Alkohol und konzentrierte mich mehr darauf als auf Mathias' Worte. Zu gerne hätte ich ihm meine komplette Aufmerksamkeit geschenkt. Auch der Busfahrer meinte es nicht gut mit uns und drückte aufs Gaspedal. Man könnte fast meinen, er hatte Ambitionen einen Rekord zu brechen. Er dauerte nicht lange, bis ich meine Ellbogen auf meine Knie stützte und meinen Kopf auflegte.
„Ich werde nie wieder Alkohol während der Arbeit trinken! Egal für wen!", murmelte ich.
„Du hast wirklich nicht ein guten Start!", lachte Mathias und strich mir über den Rücken.
„Wer denkt sich denn überhaupt sowas aus? Hast du schonmal gehört, dass Wasser bei Geschäftsterminen unhöflich ist? Ich nicht!"
„Ich auch nicht. Aber Bob ist sein eigener Typ."
„Alles nur fürs Geld", jammerte ich lachend.
„Du glaubst nicht was ich schon für komische Interviews geben musste! Oder Fotos für Sponsoring GOG!", sagte er und zückte sein Handy. Er scrollte in seiner Galerie herum und zeigte mir dann den Display.
„Oh Gott!", lachte ich, als ich das Bild sah. Es war eine Werbekampagne für ein dänisches Lebensmittelgeschäft, darauf Mathias mit einem Latztuch um den Hals, in seiner rechten Hand ein Messer, links die Gabel und vor ihm großer Teller mit vielerlei Lebensmittel darauf.
„Das war richtig peinlich!", erzählte er, „sag das nicht die anderen Jungs, sonst kommt das Bild zurück in unsere WhatsApp-Gruppe!"
„Versprochen!", lächelte ich.
Der Bus hielt vor einer dunkel gestrichenen Halle an. Nach und nach stiegen wir alle aus. Mein Blick lag auf Bob, aber er schien keine Anstalten zu machen, mit mir reden zu wollen. Dann eben nach der nächsten Teambuilding Maßnahme. Soll mir auch recht sein. Ich hab's versucht...
An der frischen Luft ging es mir zum Glück wieder etwas besser, nur Sport wäre jetzt nicht so unbedingt von Vorteil. Wir stellten uns in einen Halbkreis um Kevin herum.
„So da sind wir! Hinter uns Berlins größte Escape-Room Anlage. Ihr werdet gleich in euren Gruppen in verschiedene Räume gesperrt. Das Team das am schnellsten wieder rauskommt, gewinnt!"
„Oh das wird Spaß!", lächelte Mathias begeistert.
Von hinten griffen zwei Hände auf meine Schultern. Lasse.
„Let's win this shit!", sagte er entschlossen und folgte Kevin als einer der Ersten in die Halle.
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Ein neues Kapitel :) ich hoffe es gefällt euch!! Lasst mir gerne Rückmeldung da, ich würde mich sehr freuen! :)

Traum und Wirklichkeit (Mathias Gidsel | Füchse Berlin FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt