Kapitel 59

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Und nun standen wir hier. In Lasses Hotelzimmer. Er packte gerade seine Sporttasche für die Abreise zusammen.
„Ich hätte dich gestern eigentlich schlagen müssen, aber das hast du wohl auch schon vergessen!", beschwerte ich mich und verschränkte die Arme vor der Brust. Ein eleganterer Weg in diese Situation fiel mir nicht ein. Außerdem sollte er wissen, dass ich sauer war!
„Wieso?", fragte er amüsiert.
„Du hast mich geküsst", erklärte ich ihm. Er hörte kurz auf zu packen und sah mich erschrocken an. Er riss die Augen förmlich auf.
„Du hast gesagt, dass du mich liebst. Und dann hast du mich geküsst."
Lasse schluckte und räumte dann weiter seine Sachen zusammen. Er wandte sich von mir ab und tat, als hätte das Gespräch gerade gar nicht stattgefunden. Hallo? Erde an Lasse?!
„Was denn? Kein blöder Spruch? Kein ‚Oh Malia, das war aber ein heißer Traum' oder sonst was?!", erwartete ich von ihm.
„Nein, aber der war nicht schlecht!", sagte er und lachte kurz. Dann räumte er weiter.
„Was ist nur los mit dir?!", fragte ich.
„Was soll denn sein?", stellte er als Gegenfrage, noch immer amüsiert grinsend.
„Hörst du mir zu? Du hast mich geküsst! Du hast gesagt, dass du mich liebst! Jetzt sag doch mal was!"
Es war kurz still. Und dann erschrak ich. Wollte er mir über sein Schweigen vielleicht etwas mitteilen?
„Dich überrascht das gar nicht, oder?"
Lasse seufzte und setzte sich aufs Bett.
„Nein...keine Ahnung...ich weiß nicht...", stammelte er, „weißt du...wir haben uns von Tag eins so gut verstanden...du hältst mir den Rücken frei, du bist immer da...und ich...ich mag es, wenn du meine Hilfe brauchst und ich dich beschützen muss..."
„Und deshalb bildest du dir jetzt ein, dass du was für mich empfindest oder was?!"
„Ich weiß es nicht."
„Lasse, wir sind wie Bruder und Schwester...da sind Mathias, Nanna und Kalle..."
„Ich will niemanden von ihnen verletzen...ich will nur rausfinden, ob da was ist..." Ich seufzte und überlegte. Was sollten wir jetzt nur tun? Wie würde es in Zukunft weitergehen, wenn Lasses Gefühle anhielten? Würde Mathias überhaupt akzeptieren, dass wir in Kontakt blieben? Würden er und Lasse noch so gut miteinander auf dem Spielfeld agieren oder würden die Füchse darunter leiden? Und Nanna? Sie wäre am Boden zerstört und ich wäre wohl die letzte Person, von der sie sich trösten ließe. Und über Kalle möchte ich gar nicht erst nachdenken...
„Und wie...wie willst du das rausfinden?"
„Darf ich nochmal?", fragte er und kam auf mich zu.
„Was?"
„Darf ich dich nochmal küssen?"
„Du hast beim ersten Mal nicht um Erlaubnis gefragt", erinnerte ich ihn.
„Jetzt mache ich es aber. Also: Darf ich?"
„Das ist doch verrückt, Lasse...", murmelte ich. Ich kann ihn doch nicht küssen!
„Bitte, Malia. Ich muss ausschließen, dass da wirklich was ist. Ein Kuss. Niemand erfährt davon."
Ich überlegte lange. Lasse stand einfach nur da und wartete auf meine Antwort. Er war unsicher. Aber diese Art an ihm gefiel mir ganz gut. Mal fernab von seinem Macho-Gehabe.
„Na gut...", flüsterte ich und erschrak etwas vor mir selbst. Was tat ich hier nur? Ging ich Mathias fremd? Aber...Lasse musste rausfinden, ob da wirklich was ist...und vielleicht waren alle Sorgen umsonst und er würde realisieren, dass er und Ich nichts weiter als Freunde waren. Zumindest hoffte ich das sehr. Klar, würde es Nanna, Kalle und Mathias nicht geben...vielleicht hätte ich mich zum Beginn der Saison in ihn verguckt. Aber so war es nunmal nicht. Und das war gut so.
Er lächelte und griff mit seinen Händen in meinen Nacken. Mit seinen Daumen strich er langsam über meine Wangen. Dann legte er seine Lippen auf meine. Ich erwiderte den Kuss. Ihm zuliebe. In der Hoffnung, es würde nichts mit ihm machen. Sein Kuss war sehr vorsichtig und gefühlvoll. Er konnte wirklich gut küssen, das musste man ihm lassen. Als er sich langsam wieder löste, machte sich schon das schlechte Gewissen in mir breit.
„Und?", fragte ich angespannt und sah ihn erwartungsvoll an. Er schwieg und legte plötzlich erneut seine Lippen auf meine. Ich versuchte, mich von ihm zu lösen, aber seine starken Arme, die er um meine Hüfte schlang, hielten uns zusammen. Ich legte meine Hände an seine Schultern und versuchte, ihn sanft von mir zu drücken. Vergebens. Abgemacht war ein Kuss. Und nun? Was passierte gerade in ihm? Ich verlor gerade meinen besten Freund.
Lasse drückte uns zurück zum Hotelbett und legte uns darauf ab. Er unterbrach unseren - nein - seinen Kuss, um sich sein Oberteil über den Kopf zu ziehen.
„Lasse, halt!", stoppte ich ihn. Er sah mich an und atmete schwer, „das willst du doch gar nicht!"
„Doch, das will ich!", antwortete er schwer atmend und griff in meine Haare, bevor er sich wieder zu mir runterbeugte.
„Aber ich nicht!", sagte ich schnell, bevor Lasse seine Lippen erneut auf meine drücken konnte. Er sah mich enttäuscht an und ging dann von mir runter, um sich an die Bettkante zu setzen. Er schüttelte sich. Dann griff er nach seinem Shirt und zog es sich wieder über den Kopf.
„Sorry...", murmelte er, „ich dachte..."
„Ich will dich nicht verletzen, Lasse! Du bist mir sehr wichtig, aber ich liebe Mathias!"
„Ja...ja, sorry, ich...ich weiß auch nicht..."
„Und du liebst Nanna und Kalle! Das hier ist doch verrückt!"
„Und warum fühlt es sich dann so richtig an? So gut?"
„Für mich ist es nicht richtig...", widersprach ich ihm.
„Willst du mir sagen, dass du nichts gefühlt hast? Das glaube ich dir nicht!"
„Lasse...", seufzte ich, „ich liebe dich...aber...mehr wie einen Bruder! Und Mathias"
„Jaja, versteh schon, der Superstar kriegt mal wieder alles was er will!"
„Hey! Jetzt wirst du unfair! Du hast eine wundervolle Familie und Mathias hatte jahrelang niemanden!"
Wir wurden von einem Hämmern an der Tür unterbrochen. Lasse stand auf und öffnete sie, keine Sekunde später stand Mathias im Raum.
„Was läuft hier?", fragte er aufgebracht. Ich stand vom Bett auf und strich über meine zerzausten Haare.
„Hvad gør du ved min kone??!", rief er und schubste Lasse gegen die Tür.
„Mathias, es ist nichts passiert, wir", versuchte ich es.
„Wie könnt ihr das machen?! Du bist mein Freund, Lasse! Wie kannst du nur?!", Mathias schubste ihn nochmal zurück, dann wehrte sich Lasse. Die beiden rangelten umher.
„Sofort aufhören!", rief ich und versuchte mich zwischen beide zu trennen.
„Hey Jungs, ganz ruhig! Was ist hier los?", tauchte plötzlich Jerry auf. Mit ihm schafften wir es, die beiden auseinander zu bekommen.
„Jeg stolede på dig!", rief Mathias gekränkt und schluckte. Jerry hielt ihn fest.
„Jungs, was soll das? Was ist passiert?", fragte Jerry erneut.
„Es ist nichts passiert", antwortete ich, „und das wird es auch nicht!" Ich sah Lasse intensiv an.
„Mathias, ich wollte dir das schon lange sagen, aber ich konnte nicht!", antwortete Lasse.
„Woho - Moment", warf Jerry ein, „ihr beide?!"
„Nein!", rief ich sofort.
„Ich bin so enttäuscht von euch!", sagte Mathias und verschwand aus dem Zimmer.
„Nein! Warte! Mathias, bleib", ich wollte ihm hinterher, doch Lasse hielt mich zurück.
„Lass ihn, er soll sich erstmal beruhigen!", entgegnete er.
„Er soll die Wahrheit kennen!", antwortete ich.
„Die Wahrheit?! Malia, haben wir gerade rumgemacht oder nicht?!", fragte Lasse und im Beisein von Jerry war das nur noch unangenehmer.
„Haben wir nicht! Du denkst mal wieder nur an dich Lasse! Und genau deswegen wird zwischen uns nie was sein!" Auch ich ließ die beiden einfach stehen und suchte Mathias. Ich musste das irgendwie wieder hinbiegen...

Traum und Wirklichkeit (Mathias Gidsel | Füchse Berlin FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt