Bis zum ersten Heimspiel war noch eine Menge zu tun, nicht nur für die Jungs. Bob riss sich praktisch ein Bein aus, um allem und jedem gerecht zu werden. Kein Wunder, dass ich ihn in Zukunft unterstützen sollte. Wann schläft dieser Mann?!
Die Woche zog sich etwas hin, Mathias und ich verbrachten noch zwei gemeinsame Abende miteinander, wir kochten zusammen und schauten Filme auf der Couch. Die restliche Zeit war er mit der Mannschaft oder ich mit der Orga beschäftigt. Auch am Wochenende ließ Jaron nicht locker. Die Bundesliga war gestartet, er investierte wieder viel Zeit in seine Analysen. Und das bedeutete, dass die Mannschaft sich das Wochenende über mit langen Vorträgen und darauf aufbauenden Trainings beschäftigte. Dazu halfen auch die Videos von Sommerfest, denn wir werden gleich im ersten Spiel der Saison wieder auf Leipzig treffen. Und das sollte natürlich im besten Fall so gut ausgehen wie am letzten Samstag. Und heute war es soweit: Das erste Bundesligaspiel der Saison für die Füchse. Und Bob, Kretzsche und ich fuhren im Mannschaftsbus mit nach Leipzig. Als ich morgens zum Sammelplatz am Trainingszentrum kam, war die Stimmung recht ausgelassen. Ich begrüßte die Mannschaft und stellte mich dann zu Hans und Jerry.
„Unser erstes Auswärtsspiel mit den Füchsen!", stellte auch Jerry fest, als er mich zur Begrüßung drückte.
„Aufgeregt?", fragte Hans, den ich danach in den Arm nahm.
„Na, ich muss ja nur zuschauen!", lachte ich.
„Überall Kameras, Reporter, eine volle Halle...", zählte Hans auf.
„Ich sitze hinter der Bank. Aber mach Jerry ruhig weiter nervös!"
„Ach, ich hab bei den Löwen schon viel erlebt!", wank er ab. Nach und nach fand sich auch der Rest der Mannschaft zusammen. Bob schien mir etwas angespannt zu sein, sonst blieb die Stimmung durchweg entspannt.
„Ihr habt doch sicherlich 'ne Sitzordnung im Bus, oder?", fragte ich dann.
„Schöne Frauen sitzen immer neben Lasse!", hörten wir eine Stimme hinter uns. Lasse selbst. Natürlich. Und Mathias hatte er wie immer auch im Schlepptau. Ich lächelte schüchtern.
„Gut, dann hab ich wohl meinen Platz gefunden", sagte ich aber dann, zuckte mit den Schultern und umarmte erst ihn, dann Mathias. Manchmal muss man Komplimente auch einfach mal annehmen. Wir gingen in den Bus, ich nahm den Platz am Fenster, Lasse saß am Gang. Gegenüber von uns unter anderem Mathias und Hans und vor uns Jerry. Es wurde eine lange Platte in den Zwischengang gehangen, die als Tischplatte dienen sollte. Hans zückte ein Kartenspiel und teilte aus.
„Spielst du mit?", fragte Lasse und drehte sich zu mir.
„Ich kann das nicht", flüsterte ich ihm zu, „ich schaue zu!" Lasse drehte mir den Rücken zu, sodass ich ihm wortwörtlich über die Schulter schauen konnte. Es war wirklich witzig, den Jungs zuzusehen. Später stiegen Marsa und Marko noch mit ein. Es war wie im Kindergarten, es wurde gejubelt, gelacht und gebrüllt. Hans teilte eine neue Runde aus.
„Mach einen Stapel mehr!", sagte Lasse, griff nach den Karten und gab sie mir.
„Du hast genug zugeschaut, jetzt machst du mit!", lächelte er. Ich seufzte. Ich konnte mir nichtmal den Namen des Spiels merken und jetzt sollte ich mitspielen...die ersten zwei Durchgänge liefen ganz gut, doch dann verlor ich den Überblick. Unter anderem auch, weil der Platz am Fenster nicht zum Spielen im Mittelgang geeignet war. Das merkte Lasse sofort.
„Wir tauschen Plätze", sagte er und stand auf.
„Nein, geht schon!", sagte ich, doch er schickte mich rüber. Ich setzte mich an die Kante des Sitzes, sodass ich den Tisch komplett überblicken konnte. Lasse rutschte an mich heran.
„Der Bus ist wohl nicht groß genug, jetzt teilt ihr euch schon einen Sitz?!", lachte Paul von gegenüber.
„Keine Ahnung, was er da tut!", sagte ich.
„Ich gucke über dich drüber!", erklärte er und senkte den Blick.
„Ja oder in meine Karten!", beschwerte ich mich und hielt sie an mein Dekolleté.
„Ist nicht die einzige gute Aussicht, die ich von hier habe!", lachte er und ein Raunen ging durch den hinteren Teil des Busses. Ich schlug ihm empört auf den Oberschenkel.
„Los, mach weiter!", forderte er mich grinsend auf. Ich sah in meine Karten und dann auf den Tisch. Lasse legte seinen Arm über meine Schulter und tippte auf eine der Karten in meiner Hand. Also legte ich diese. Das Ganze ging noch ein paar Runden so. Immer wieder half Lasse mir, bevor er selbst legte. Am Ende waren nur noch Mathias und ich übrig, alle anderen schieden aus. Dann legte ich meine letzte Karte.
„Gewonnen!", lächelte ich und brachte Mathias auch zum Lächeln.
„Du sagst du hast nie gespielt?!", fragte er nach und ich schüttelte den Kopf.
„Alles eine Sache der richtigen Aura!", erklärte Lasse, legte einen Arm um mich und sein Kinn auf meine Schulter. Ich sah im Augenwinkel, wie Mathias ein weiteres Lächeln über seine Lippen brachte. Aber das erschien mir nicht so ehrlich wie die zuvor. Vielleicht war ihm diese Nähe mit Lasse einfach zu viel.
„Vergiss nicht, dass du verheiratet bist!", sagte ich und löste mich aus Lasses Arm. Ein weiteres Raunen ging durch den Bus.
„Aber unerreichbar ist auch interessant!", widersprach er und kam wieder mit seinem Arm.
„Lasse, hör auf mich anzuflirten!", sagte ich ernst und drehte meinen Kopf, um ihn anzusehen.
„Schon gut, das war nur Spaß."
„Vorsicht Lasse, du weißt wer die Verträge in Zukunft macht!", erinnerte ihn Marko lachend. Ich grinste. Bis zur Ankunft in Leipzig spielten wir noch weiter. Lasse hielt sich trotz meiner Ansage kaum zurück und ich hab es irgendwann auf, ihn immer wieder abzuweisen. Aber komisch war es schon, was war mit ihm los?
Wir stiegen aus dem Bus, ich wartete an der Seite des Eingangs, bis alle Jungs an mir vorbei gingen. Ein paar Füchse Fans hatten sich versammelt und fragten nach Fotos und Autogrammen. Ich liebte es, dabei zuzusehen und lächelte. Ich sah auch, wie herzlich Mathias mit den Kindern unter den Fans Umgang. Wie er sich auf Fotos extra kleiner machte und wie sehr er lächelte. Nach und nach verschwand die Mannschaft aber dann schließlich in der Garderobe. Lasse war der Letzte, legte einen Arm um mich und zog mich mit ins Gebäude. Erst unmittelbar vor der Kabine ließ er mich los.
„Du willst nicht mit rein? Schade!", grinste er.
„Was ist bitte los mit dir?", fragte ich und verschränkte meine Arme vor der Brust, „merkst du nicht, dass du etwas übertreibst?!"
Lasse stöhnte und grinste weiter.
„Klar merke ich das."
„Und?"
„Nichts und. Ihr zwei kommt einfach nicht voran", sagte er und ich wusste sofort, dass er Mathias meinte, „ich dachte ich probier mal was anderes!"
„Versuchst du Mathias eifersüchtig zu machen mit deinem ständigen Antatschen?!"
„Ich zeig ihm nur, was er verpasst!", grinste er wieder.
„Hör damit auf!"
Lasse verdrehte die Augen.
„Ich mein's ernst! Lass das!"
„Ihr seid aktuell also wirklich nur Freunde?", stellte er fest, auch, wenn er es mehr wie eine Frage formulierte.
„Ja", sagte ich knapp.
„Aber...warum?"
„Warum nicht?", stellte ich als Gegenfrage.
„Ey, weil ihr beide verknallt seid!" Ich sah zur Kabinentür. Sie war zwar offen, aber es schien niemand mitzubekommen, was wir gerade besprachen. Trotzdem zog ich Lasse ein Stück weiter weg von der Tür.
„Wir lernen uns erstmal kennen."
„Warum so kompliziert?"
„Lasse...du meinst es gut, aber...es ist gut so wie es ist!"
„Wie lange habt ihr euch das einreden müssen, bis ihr es selbst geglaubt habt?!"
„Hör auf!"
„Ey, ihr passt so gut zusammen! Und Mathias ist der beste Mann, den du kriegen kannst! Er ist charmant, witzig, einfühlsam..."
„Schön, dann kannst du ihn ja daten!"
„Wär ich 'ne Frau, würd' ich das auch tun!", entgegnete er, „aber er hätte eh nur Augen für dich und...naja, ich kann's verstehen..."
„War das ein Kompliment?", grinste ich ihn an.
„Man Malia, siehst du nicht, wie viele Typen dir hinterherschauen?!"
Ich runzelte ungläubig die Stirn.
„Nein, okay, weil du auch nur Augen für ihn hast! Genau wie er für dich!"
„Lasse, es ist wirklich lieb, wie du versuchst uns zu verkuppeln, aber wir machen das schon selbst!"
„Er hätte es verdient, wieder richtig glücklich zu sein. Und du auch", sagte er ernst und strich mir über den Arm. Ich seufzte.
„Ich bin glücklich! Dank dir und dank ihm! Und...wir...sind...", begann ich. Lasse zog erwartungsvoll die Augenbrauen hoch.
„Da ist was. Aber außerhalb dieser vier Wände, verstehst du?" Lasse kniff die Augen zusammen.
„Nee...", sagte er dann.
„Fernab vom Handball", versuchte ich es nochmal. Lasse schwieg noch immer.
„Man, Lasse! Wir gehen es langsam an und die Mannschaft soll davon nichts mitbekommen!"
Er schwieg weiterhin.
„Wir treffen uns und es läuft gut", stöhnte ich dann. Lasse grinste.
„Ich hab längst verstanden was hier läuft, aber ich wollt's nochmal hören!"
„Idiot!", beschwerte ich mich und schlug ihm auf den Arm.
„Ich freu mich für euch! Wurde ja auch mal Zeit..."
„Du weißt von nichts!", verlangte ich.
„Klar. Aber dann kann ich ja jetzt endlich wieder aufhören, dich anzumachen!"
„Endlich wieder?!", lachte ich empört, „weil es so schrecklich war mich anzutatschen und mir in den Ausschnitt zu starren?! Das machst du übrigens nie wieder!"
„Bleib locker", lachte er, „meine Frau ist die Einzige, der ich jemals in den Ausschnitt starren und unsere Berührungen genießen würde! Ich weiß, wo ich hingehöre!"
„Ich glaub das war der erste Korb in meinem Leben, über den ich wirklich froh bin...", stellte ich lachend fest.
„Ich geh dann mal rein...", entschloss er dann und ich nickte. Kurz vor der Tür, die mittlerweile verschlossen war, drehte er sich nochmal um.
„Eins noch: Lass ihn nicht zu lange warten...dieses Freundschafts-Ding tut ihm nicht gut!"
Ich nickte, bevor er in der Kabine verschwand. Woher wusste Lasse denn jetzt schon wieder, dass es von mir ausging? Er kannte Mathias wohl einfach zu gut...
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Traum und Wirklichkeit (Mathias Gidsel | Füchse Berlin FF)
FanfictionMalia ist die Neue im Orgateam rund um die Füchse Berlin. Als rechte Hand von Bob Hanning soll sie nach und nach für Entlastung sorgen und die Finanzierung und Beliebtheit des Vereins vorantreiben. Schnell knüpft sie enge Kontakte mit den Spielern d...