„Du wirkst sehr gestresst", hauchte Mathias in mein Ohr und küsste meinen Hals entlang. Wir waren gerade wieder Zuhause angekommen. Das heißt - ich war schnurstracks in meine Wohnung gelaufen - und Mathias hinterher.
„Vielleicht, ich kenne was, was hilft für Stress", lächelte er und begann langsam, meine Bluse aufzuknöpfen und küsste mich. Ich nahm seine Hände und hielt sie fest. Ich war irgendwo festgefahren zwischen dem Drang, ihm von dem Kuss zu erzählen und von dem Erdboden, in dem ich gerne versinken würde, nachdem mir Lasse offenbart hatte, was Mathias wohl von mir und unserer Beziehung hielt. Ich schämte mich so dafür, dass ich eben spießiger war. Dass ich ihn lange hingehalten hatte. Und dafür, dass ich ihn mit meiner komplizierten Art wahrscheinlich in den Wahnsinn trieb. Und was sollte er schon sagen? Sein Gentleman-Agreement stand ihm da ebenfalls im Weg. Statt mir also zu sagen, dass er unsere Beziehung zu spießig und langweilig fand, sprach er lieber mit Lasse. Und wenn er mit Lasse darüber sprach, dann sicher auch mit Emil. Und Simon. Und vielleicht mit weiteren Personen. Vielleicht mit seiner Mannschaft? Ich konnte so doch kaum mehr vor die Tür...und nun dramatisierte ich es wieder. Es nützte nichts - Augen zu und durch.
„Ich bin wirklich gestresst", begann ich also das Gespräch.
„Ich weiß. Wir können das ändern!", grinste er und fuhr unter mein Oberteil.
„Mathias, ich mein's ernst", sagte ich nochmal und er ließ mir ab.
„Ich hab so viele Gedanken in mir, ich zerdenke jedes Stück davon und hoffe, irgendwie richtig danach zu handeln..."
„Aber...das ist doch nichts Neues!", lächelte er immer noch amüsiert.
„War ja klar, dass du das sagst...", murmelte ich und ließ von ihm ab. Ich nahm mir ein Glas Wasser und setzte mich auf die Couch ins Wohnzimmer. Er folgte mir langsam.
„Bist du böse auf mich?", fragte er mit seinem süßen dänischen Akzent. Manchmal hatte ich das Gefühl, er machte das mit Absicht, weil ich dem einfach nicht widerstehen konnte. Wie konnte man ihm auch böse sein? Mathias stellte sich vor mich, ich sah hoch.
„Nein. Es ist einfach viel passiert an diesem Wochenende...ich wäre besser Zuhause geblieben..." Dann wäre mir nämlich auch die Info erspart geblieben, wie sehr sich Mathias von mir eingeschränkt fühlte.
„Willst du allein sein?", fragte er nochmal vorsichtig. Er traute sich scheinbar nichtmal, sich neben mich zu setzen.
„Ja...nein...wir müssen reden!", sagte ich und klopfte neben mich aufs Sofa. Und dann endlich setzte er sich und legte einen Arm um meine Schultern.
„Was findest du an mir?", fragte ich und klatschte mir innerlich an den Kopf. Super Start in ein Gespräch. Und wie verpacke ich nun den Kuss?
„Was?", fragte er und grinste immer noch, dieses Mal aber aus Verwirrung.
„Was findest du eigentlich an mir?", wiederholte ich. Mathias seufzte und kratzte sich am Hinterkopf.
„Entschuldigung, ich weiß nicht...", sagte er dann. Ganz kurz dachte ich darüber nach, dass das hätte seine Antwort auf die Frage sein können. Und dann wurde mir klar, dass er die Frage an sich nicht verstanden hatte.
„Warum bist du mit mir zusammen?"
„Ähh....das ist doch so, wenn man sich verliebt."
„Ja, aber warum bist du überhaupt verliebt, Mathias?" Er runzelte die Stirn und überlegte.
„Das ist...das macht doch jeder!"
„In mich, Mathias! In mich! Bist du überhaupt verliebt in mich?!"
„Ich habe dich eben geküsst, so ich denke das beantwortet Frage", lächelte er, „warum fragst du so etwas?"
„Ich bin spießig", antwortete ich und zog die Augenbrauen nach oben.
„Was bist du?"
„SPIESSIG! Jetzt denk doch mal nach!", meckerte ich ihn an. Wieder runzelte er die Stirn und blinzelte vermehrt. Er nahm kurz Luft, um etwas zu sagen, aber dann blieb er still.
„Mathias, du musst diese Beziehung nicht führen! Aber dann beende es doch einfach, wenn ich dir zu spießig bin!"
Wieder sah er mich an. Ertappt. Er konnte nichtsmehr sagen, weil er sich ertappt fühlte. Er wollte nicht, dass ich erfuhr, was er hinter meinem Rücken sagte. Aber da hatte er die Rechnung ohne Lasse gemacht. Die beiden haben sich sicher köstlich das Maul über mich zerrissen - oder werden es in Zukunft tun, sobald ich mit Nanna gesprochen habe.
Statt mir zu antworten, zückte Mathias sein Handy und tippte darauf herum. Ja, das war natürlich die Lösung, einfach zu ignorieren, was ich gesagt hatte...
„Mathias, kannst du jetzt mal dein Handy weglegen und was dazu sagen?!", meckerte ich nochmal.
„Äh....", begann er dann, „wie schreibt man ‚spießig'?"
„Hm?", machte ich und zog ihm sein Handy aus der Hand. Er hatte gerade eine Übersetzungsapp geöffnet.
„Du bist sauer, so, ich wollte nicht fragen...", erklärte er dabei.
„Du kennst das Wort gar nicht?"
Er schüttelte den Kopf.
„Aber wenn es ist ein schlechtes Wort, dann nein. Ich finde das nicht", sagte er. Sein Deutsch wurde schlechter. Das war es immer dann, wenn er sich eingeengt oder angespannt fühlte. Trotz seiner positiven Fassade merkte ich, dass er eigentlich völlig verunsichert war. Ich tippte das Wort für ihn ein und zeigte ihm die Übersetzung. Er seufzte.
„Weißt du, manchmal, ich frage Lasse, weil ich nicht etwas falsch machen möchte. Aber irgendwie klappt es nicht...."
„Wieso erzählst du ihm von unserem Privatleben?"
„Er ist mein Freund. So, er erzählt und ich erzähle...das ist wie mit euch Frauen auch!"
Na gut, okay. Da hatte er wohl recht.
„So, ich habe kein schlecht Gedanken, ich hab einfach nur Spaß und manchmal, es ist schwer zu verstehen, dass du machst anders." Ich griff nach seiner Hand und verschränkte unsere Finger. Vielleicht half ihm das, etwas runterzukommen. Und ihn somit wieder besser zu verstehen.
„Es ist andere Kultur bei uns in Dänemark und hier, alles ist ernst und das ist schwer mit verstehen. Meine Freundinnen bisher, sie waren dänisch. So, jetzt alles ist schwer für mich. Schon seit erste Abend mit dir, es ist alles anders und ich mache nur falsch...das ist warum ich rede mit Lasse..."
Ich kniff die Augen zusammen und atmete durch. Tränen stiegen langsam in meine Augen und ich löste eine meiner Hände aus Mathias' Hand, um sie mir wegzuwischen.
„Du denkst du machst alles falsch? Ich bin diejenige, die alles falsch macht!"
„Ich möchte haben alles direkt und sofort, so das hat dich gemacht unsicher", erklärte er, „ach sche*ße, mein Deutsch..."
Er fuhr sich durch die Haare. Er hatte gerade selbst bemerkt, wie unsicher er nun wurde.
„Nein! Hör auf damit, Mathias! Du hast gar nichts falsch gemacht! Im Gegenteil. Ich bin spießig. Ja. Und kompliziert. Und...perfektionistisch. Und ich liebe es, dass du das Gegenteil davon bist. Ich hoffe, ich komme da irgendwann raus. Durch dich und mir dir. Also halte dich bitte nicht zurück! Du hast keine Schuld an meinen...meinen...", jetzt fehlten mir selbst die Worte, „meinen...Launen..." Das war nicht ganz das richtige Wort, aber es kam dem wohl recht nah.
„So das, ich denke es ist wegen Ex-Freund. Ich verstehe das. Und bald, du kannst auch locker sein wie ich!", lächelte er.
„Das wäre schön! Bringst du mir das bei!"
„Ja. Das und dänisch."
Ich nickte lächelnd.
„Wenn du möchten, ich reden nicht mehr mit Lasse."
„Nein, du hast recht. Jeder braucht jemanden zum Reden, aber vielleicht sprichst du über uns lieber erstmal mit mir?"
Er nickte. Und ich lächelte wieder.
„So es ist alles gut!", sagte er, griff an meine Wange und küsste mich. Nach zwei, drei Küssen merkte ich, wie er mich langsam nach hinten drückte und sich auf mich legte.
„Da ist noch was...", stoppte ich ihn.
„Malia, du wolltest locker sein und nicht zu viel denken. So, jetzt ist Start!"
„Nein, wirklich! Ich kann nicht, wenn du es nicht weißt!" Er ließ erneut von mir ab.
„Du weißt gar nicht, woher ich das überhaupt weiß..."
„Du hast gestritten mit Lasse und er hat erzählt. Ich weiß", er zuckte mit den Schultern.
„Hat Lasse dir auch erzählt, worüber wir gestritten haben?"
Mathias schüttelte den Kopf.
„Okay. Bitte hör mir bis zum Ende zu, versprochen?" Er nickte leicht.
„Okay", murmelte ich und atmete tief durch.
„Lasse hat mich gestern Abend...also...er war betrunken und dann...er war sehr anhänglich, als ich ihn ins Hotelzimmer gebracht habe. Und dann hat er mich geküsst. Ich wollte das nicht! Wirklich, es tut mir so Leid, es ging so schnell, ich konnte ihn nicht aufhalten!"
„Oh...", murmelte Mathias. Sein Lächeln verschwand.
„Ich hätte ihn niemals geküsst! Ich wäre nichtmal mit ihm hochgegangen, wenn ich das geahnt hätte! Bitte, das musst du mir glauben!"
„Warum hast du nicht sofort gesagt?"
„Ich wollte erst mit ihm reden. Ich hatte Angst, dass er vielleicht Gefühle für mich hat und wenn das so gewesen wäre, hätte ich ihn vorgeschickt, um es dir zu sagen. Aber für mich hätte sich nichts geändert! Ich liebe nur dich und es war nur ein blödes Versehen von ihm. Oder uns. Oder...was auch immer..."
„So ihr habt gestritten wegen Kuss?"
„Ich habe ihm gesagt, dass ich es dir erzählen werde. Und er sollte es Nanna erzählen. Das fand er nicht so witzig..."
Mathias seufzte.
„Wie fühlst du dich?", fragte ich vorsichtig. Er zuckte mit den Schultern.
„Sehr viel ernst heute", lächelte er gezwungen.
„Es tut mir so Leid! Ich hoffe, du kannst mir das glauben..."
Es war lange Zeit einfach still. Mathias starrte auf den Boden vor sich, aber immerhin ließ er es zu, dass ich seine Hand hielt. Es war eine so unangenehme Stille, wie ich sie noch nie zuvor empfunden hatte.
„So...", begann er und ich erschrak fast, als er die Stille brach, „er hat das gemacht? Er hat dich geküsst? Und du nicht?"
Ich nickte.
„Ich habe versucht, ihn wegzudrücken. Auch, wenn es mir schwerfällt, die alleinige Schuld auf ihn zu schieben, aber...ich wollte ihn wirklich nicht küssen! Und er war so betrunken, dass er davon nichts mehr weiß!"
Mathias atmete wieder durch und schloss kurz die Augen.
„Ich hoffe du glaubst mir...und...kannst mir und ihm verzeihen!"
„Wenn du hast nichts getan, dann muss ich dir auch nicht verzeihen", antwortete er, „ich spreche mit Lasse."
Ich nickte. Vielleicht war das gar nicht so schlecht. Wenn Lasse ihm klarmachen konnte, das zwischen uns keinerlei Gefühle waren, war Mathias vielleicht etwas beruhigter.
„Aber besser wir sagen das nicht zu Nanna", ergänzte er, „wenn es war nur Versehen wegen Alkohol, dass es ist besser, wenn sie das nicht weiß."
„Wie würdest du es finden, wenn ich es dir nicht gesagt hätte?"
„Ich kann dir sagen, wie schrecklich das ist für Nanna. Sie hat sehr viel im Leben durchgemacht und Lasse ist Einzige, der sie da rausholen konnte. So was passiert, wenn sie nichtmehr 100% vertraut? Das will ich gar nicht wissen! Es ist Schutz für sie, Lasse hat recht!"
Ich war völlig irritiert. Damit hatte ich nun nicht gerechnet. Sollte ich es einfach akzeptieren? Oder war ich dann eine schlechte Freundin? Aber scheinbar steckte hinter Nannas Geschichte noch mehr. Und wenn Mathias und Lasse sagten, es sei das Beste, dann wird das wohl so sein, oder? Zu gerne hätte ich gewusst, was genau die beiden dazu verleitete, diese Entscheidung zu treffen. Aber vorerst musste ich mich dem wohl beugen. Ich konnte mir ja nicht ausmalen, welche Lawine ich lostreten könnte. Und so erwischte ich mich dabei, wie ich mir selbst einredete, dass der Kuss nicht der Rede wert war. Nicht für Lasse und mich, nicht für Mathias und vor allem nicht für Nanna. Ob das wohl gutgeht...
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Was sagt ihr zu Mathias' Entscheidung und der Aussprache?😊 Schreibt es gerne in die Kommis, ich würde mich sehr freuen!BEI 2 KOMMENTAREN GEHTS WEITER!!😊😊
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Traum und Wirklichkeit (Mathias Gidsel | Füchse Berlin FF)
FanfictionMalia ist die Neue im Orgateam rund um die Füchse Berlin. Als rechte Hand von Bob Hanning soll sie nach und nach für Entlastung sorgen und die Finanzierung und Beliebtheit des Vereins vorantreiben. Schnell knüpft sie enge Kontakte mit den Spielern d...