9. Der Wunsch

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„Aber meine Freunde wollen alle Skifahren gehen. Ich... Ich passe doch auch auf mich auf. ... Mama, ich bin 13 Jahre alt. Ich bin alt genug, auch mal ein paar Tage mit meinen Freunden in den Urlaub zu fahren."
Ein 13 Jähriges Mädchen, das meistens auf den Namen Estelle hörte, obwohl dies nur ihr zweiter Vorname war, hatte gerade ihre Skisachen zusammen gepackt, als ihre Mutter ihr dazwischen redete und der Schülerin erklärte, dass sie am Wochenende nicht mit ihren Freunden in den Skiurlaub fahren dürfe.
„Ich passe doch auf mich auf, Mama. Mir wird schon nichts passieren. Ich weiß doch, was Papa immer auf Arbeit erlebt. Das... Ich verspreche dir, Mama, am Sonntag komme ich wohlbehalten wieder zu dir und Papa nach Hause."
„OK, wenn... Wenn du wirklich auf dich aufpasst, meine Kleine... Dann darfst du fahren. Ich will dich nur nicht im Krankenhaus besuchen müssen. Weil dir irgendwas passiert ist. Ich mache... Ich mache mir doch Sorgen. Ich will dich nicht verlieren."
„Ja, ich verstehe dich doch, Mami. Aber du wirst mich doch nicht verlieren. Pass auf, ich verspreche dir... Ich werde ganz besonders auf mich aufpassen. ... Bist du dann so nett und redest mit Papa?", fragte die 13 Jährige und wollte schon wieder in ihr Zimmer gehen, doch da hielt ihre Mutter sie an ihrem gelben Sweatshirt fest.
„Was soll denn das heißen? Hast du etwa noch nicht mit Papa über das Thema geredet?" „Nein, nicht wirklich... Mama, du weißt doch, wie Papa darauf reagiert, wenn ich mit meinen Freunden übers Wochenende wegfahren will. Und... Ich hab mir gedacht, dass... Dass du vielleicht mit ihm redest. Und... Dann..."
„So haben wir nicht gewettet, meine Kleine. Du wirst mal schön mit Papa über deinen Ausflug reden. Du weißt doch, wie Papa dann reagiert, wenn du nicht mit ihm redest, sondern mich vorschickst. ... Ach, deswegen hast du mich angebettelt, ich soll dich mit deinen Freunden mitfahren lassen."
„Ich... Mama, wenn Papa von Arbeit nach Hause kommt, dann... Dann wird er doch bestimmt nicht... Ich meine, ich... Ich bin doch bald wieder zu Hause. Vor allem... Wenn ich... Wenn ich mit Papa rede, dann... Er wird mir das verbieten. Und wenn du mit ihm redest, dann... Dann erlaubt er mir das bestimmt."
„Nein, Estelle. Das wird nichts, meine Kleine. Du redest mit Papa."
„Na, OK. Dann... Dann rede ich eben mit Papa." Genervt ging die Teenagerin ihrer Wege. „Ich... Dann sage ich halt meinen Freunden, dass ich nicht fahren darf."
„Estelle! Du redest mit Papa, der wird dich schon mit deinen Freunden mitfahren lassen. Wenn du Sonntag wieder wohlbehalten zurück kommst, dann wird er nichts dagegen haben, wenn du am Wochenende mal nicht zu Hause bist."

Biggis Sicht:
Am nächsten Morgen, es war der Mittwochmorgen nach dem Angriff von Enrico auf Thomas; Ebelsrieder hatte Enrico, bis der sich bei Thomas entschuldigte, beurlaubt; besuchte ich meinen Freund, der noch immer in der Klinik lag.
Als ich das Zimmer von Thomas betrat, schlief er noch immer tief und fest; auch sein bereits auf dem Tisch stehendes Frühstück hatte er nicht bemerkt.
„Thomas... Schatz." Mit einem vorsichtigen Küsschen versuchte ich, Thomas zu wecken. „Hey, guten Morgen, mein Schatz. Hast du denn gar keinen Hunger?"
„Biggi...", hörte ich die Stimme von Thomas, der meinen Kuss mit einem Kuss erwiderte. „Schön, dass du da bist. ... Du reichst mir als Frühstück völlig."
„Das ist ja sehr schön, Thomas. ... Schatz, wir... Ich habe eine Überraschung für dich. Wir haben jetzt wieder einen Rettungshund. Unsere Flocke. Ein wunderschöner und ganz lieber Schäferhund. Du wirst dich super mit ihr verstehen."
„Flocke? Naja, einen besseren Namen für einen Bergrettungshund haben die auch nicht gehabt, oder?" „Das ist der Hund von unserem neuen Notarzt. ... Wir haben... Karin hat heute Morgen einen Schwangerschaftstest gemacht. Sie ist... Sie ist schwanger. Michaels Urlaubsvertretung Mark Harland wird sie ab sofort ersetzen. Allerdings wird Michael bei mir im Team mitfliegen und Mark bei dir. Aber das wird dir Ebelsrieder alles erklären."
„Das ist ja wunderschön, dass ich mich schon wieder an einen anderen Notarzt gewöhnen muss. Kannst du nicht Mark zu dir auf die Maschine nehmen? ... Oh, man. Ich hoffe, ich kann heute wieder nach Hause. Ich vermisse dich, Biggi."
„Ich bin doch da." „Ja, aber du gehst dann wieder. Und ich vermisse übrigens auch unsren Heli. Hat unser Baby denn noch nicht gefragt, wo ich bleiben würde?"
„Natürlich. Aber ich hab sie dran erinnert, dass wir dich gestern Abend in die Klinik fliegen mussten. ... Aber es ist schön, dass es dir wieder so gut geht. ... Michael redet gerade mit deinem behandelnden Arzt, vielleicht kriegt der den ja um, dass... Dass du heute schon nach Hause kannst."
„Das wäre wunderschön, Biggi." „Ja, da hast du ganz recht, Thomas. Dann müsste ich... Dann müsste ich den Tag heute auch nicht alleine... Nicht alleine erleben. Ich... Heute vor 10 Jahren... Da hatte meine Kleine ihren schweren Unfall in den Bergen. Da musste ich mein Kind... Ich... Ich vermisse Luna so sehr."
„Das verstehe ich doch, Biggi. Ich weiß, wie du dich fühlst. ... Biggi, es... Es tut mir sehr leid, was ich dir gestern an den Kopf geworfen habe. Ich... Ich hab einfach nicht nachgedacht, was ich dir damit antun könnte. Kannst du mir verzeihen?"
Ich stand von seinem Bett auf und ging zum Fenster, wo auch das Frühstück von Thomas stand. „Ich... Ich weiß nicht, ob... Ob ich dir... Verzeihen kann. Ich..."
Von dem Tablett nahm ich die kleine Schüssel mit den Erdbeeren. Dann setzte ich mich wieder zu Thomas aufs Bett und nahm eine Erdbeere in die Hand. Ich betrachtete diese sehr lange, bis ich Thomas einen Kuss gab.
„Natürlich verzeihe ich dir. Aber... Aber nur, wenn... Wenn wir beide... Wenn wir beide die nächsten Wochen, Monate, Jahre, Jahrzehnte zusammen verbringen könnten."
Thomas lächelte mich an und gab mir einen leidenschaftlichen Kuss, bevor er mir eine Erdbeere klaute. „Natürlich können wir die nächsten Jahre miteinander verbringen. Das ist doch gar kein Problem.", grinste Thomas, bevor er fortfuhr: „Ich würde dich doch niemals verlassen. Und deswegen... Werde ich so lange auf den Arzt einreden, dass der mich schon heute entlässt."
„Das brauchst du nicht, Thomas... Dein behandelnder Arzt Dr. Sommer würde dich von sich aus schon heute entlassen. Das allerdings nur, wenn du dich die nächsten beiden Tage noch ein bisschen zu Hause ausruhst und nicht schon heute wieder ins Cockpit von Baby steigst. Ich habe ihm höchstpersönlich versprochen, dass ich auf dich aufpassen werde. Und du weißt, gegen mich kannst du nie gewinnen.", grinste Michael, der eben das Zimmer von Thomas betrat.
„Dann... Dann kann ich ja jetzt schon...", freute sich Thomas, doch sein bester Freund, der mit mir gestern noch meine ersten Sachen in ihr Haus gebracht hatte, hinderte ihn daran. „Dein behandelnder Arzt will vorher noch mal mit dir reden. So schnell geht das auch nicht. ... Und unsere Kollegen sind sowieso schon auf dem Weg her. ... Diese junge Ersatzpilotin, eine gewisse Gina Aigner, macht sich in unserem Baby richtig gut."
„Aber niemand fliegt so gut, wie...", gab Thomas an, bevor ich mich einmischte: „Wie ich..." „Nein, wie ich." „Nein, wie ich, mein Liebster. Du bist der drittbeste Pilot."
„Aha. Du wirst frech.", meinte Thomas und kitzelte mich durch, weswegen ich vergaß, dass er eine Rippenprellung hatte.
„Thomas, hör... Hör auf.", lachte ich, bevor sich Thomas beschwerte: „Aua. Du weißt doch, ich bin verletzt."
„Ja, ich weiß, Thomas. Ihr Männer, ihr sterbt ja dann sowieso. Auch, wenn ihr euch nur einen Zeh am Schrank einrennt.", kicherte ich und gab meinem Lieblingspiloten einen Kuss auf die Wange. „Deswegen bekommen wir Frauen ja auch die Kinder. Ihr Männer würdet das ja gar nicht überleben."
„Das bedeutet Krieg, meine Gute.", kicherte Thomas und gab mir einen Kuss. „Ich liebe dich über alles."

Liebe liegt in der LuftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt