18. eine Entscheidung fürs Leben

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Lunas Sicht:
„Guten Morgen, Luna.", begrüßte mich eine ältere Krankenschwester, als sie freundlich lächelnd mit meinem Frühstück auf einem großen, grauen Tablett in der Hand mein Zimmer betrat. „Luna, du hast Besuch. Draußen steht eine Frau Lochgerber für dich. Darf die reinkommen?"
„Lochgerber? Wer ist das denn um Himmels Willen?", fragte ich, doch ich ließ die mir unbekannte Frau natürlich in mein Zimmer. „OK, dann... Dann soll sie reinkommen. Kein Problem."
Die Krankenschwester stellte das Tablett mit einem freundlichen Lächeln auf meinem kleinen Nachttisch ab und zeigte anschließend einer anderen älteren Dame, die einen langen, beigen Mantel trug, dass sie ebenfalls mein Zimmer betreten durfte. „Guten Morgen, Luna. Ich bin die Frau Lochgerber vom Jugendamt."
„Ach, die Frau vom Jugendamt. ... Ich bin Luna Estelle Steinberg... Ach. Nein, quatsch. Luna Estelle Schwerin natürlich.", stellte ich mich freundlich bei der älteren Dame vor.
„Ich habe gehört, dass du zu deiner leiblichen Mutter ziehen willst, Luna.", erklärte die ältere Dame, die sich mit einem Stuhl aus der Ecke des Zimmers an mein Bett setzte.
„Ja, das ist richtig. Ich fühle mich bei Mama und Papa sehr wohl."
„Ist der Herr Wächter denn dein leiblicher Vater?" „Nein, nicht wirklich. Mama hat ihn erst später kennen gelernt. Aber... Haben ihnen Mama und Papa denn nicht erzählt, warum ich zu Herrn Wächter Papa sage?", fragte ich verdutzt.
„Doch, aber ich habe es den beiden nicht wirklich geglaubt, als sie mir das Ganze heute Morgen bei meinem Besuch in deinem vielleicht neuen Zuhause erzählt haben. Schließlich kennst du den Herrn Wächter kaum."
„Ja, und. Thomas... Der Herr Wächter ist, seit er mich kennt, immer für mich da. Ich meine, er ist wirklich ein ganz lieber Papa, besser hätte ich das auch nicht treffen können. ... Was wollen sie denn jetzt von mir?"
„Ich wollte mich mit dir ein bisschen unterhalten, Luna. Ich darf doch Luna zu dir sagen?" „Ja, das dürfen sie natürlich. Ich bin ja erst 13 Jahre alt."
„OK, Luna. ... Du willst also bald zu dir wildfremden Menschen ziehen? Die mit ihren Kollegen in einem Haus zusammen wohnen?", versuchte, die Frau vom Jugendamt mir den Umzug zu meiner Mama und Thomas... meinem Papa madig zu machen.
Doch ich ließ das nicht zu. Ich protestierte: „Natürlich will ich zu Mama und Papa ziehen. Ich liebe die beiden jetzt schon. Frau Schwerin ist nun mal meine leibliche Mutter, sie hat sich in den letzten Tagen mehr um mich gekümmert, als meine 'Mutter' Frau Steinberg. Ich... Ich liebe Biggi. Und ich liebe auch Thomas. Wir sind eine Familie, wir gehören zusammen. ... Und dass die beiden mit ihren Freunden zusammen wohnen, das ist doch auch nicht das Problem für mich. ... Ich meine, ich kenne zwar die Freunde von Mama und Papa noch nicht. Aber... Papa und Mama kenne ich dafür umso besser. ... Nochmal, ich liebe Thomas und Biggi."
„Aber du hast deine Mutter knapp 10 Jahre...", begann die Frau einen Satz, der von einer Stimme beendet wurde, die ich ganz genau kannte.
Es war die Stimme von Mama, die mit Thomas... mit Papa Hand in Hand und von zwei anderen Personen, die ebenfalls eine rote Fliegeruniform trugen, verfolgt, mein Zimmer betrat.
„Es sind genau neun Jahre, drei Monate und sechs Tage.", hörte ich die Stimme von Mama, die sich mit besorgter Miene an mein Bett setzte. „Meine Kleine. Wie geht es dir denn heute Früh?"
Eine lange Umarmung, wie sie herzlicher und liebevoller nicht sein konnte, folgte; erst nahm mich Mama in den Arm, dann auch ihr Kollege... mein Papa Thomas.
„Mir geht's gut, Mama. Ich... Ich darf ja auch bald wieder zu Papa und dir nach Hause. Ich meine, wenn die Dame vom Jugendamt so nett ist." Ich schaute Frau Lochgerber an und ließ dann meinen Blick zu Mamas und Papas Begleitern schweifen.
Die Frau setzte sich wortlos neben ihren Mann, der mir mit sehr freundlicher Stimme erklärte: „Ich bin Thomas' Kollege und bester Freund, Dr. Michael Lüdwitz. ... Und das ist meine Lebensgefährtin Dr. Karin Thaler. Wir beide sind die Notärzte von Thomas' und Biggis Hubschraubercrew. ... Wir beide wollten dich mal kennen lernen." Michael blickte zu Frau Lochgerber und betont fuhr er fort: „Wo du doch bald bei uns wohnen wirst."
„Das... Hallo Michael, hallo Karin.", begrüßte ich vorsichtig lächelnd die beiden, in einer roten Fliegerkombi bekleideten Notärzte und schaute dann wieder zu Biggi und Thomas, die meine Hände in ihren hielten.
„Dann... Frau Schwerin, Herr Wächter. Wenn es ihnen beiden wirklich so wichtig ist, dass Luna... Dass ihre Tochter... Dass Luna bei ihnen aufwächst, dann... Dann werde ich mich mal mit meinem Chef kurzschließen. Vielleicht können wir ja ihrem Antrag. ... Luna, die abschließende Frage an dich: Willst du zu Herrn Wächter und Frau Schwerin ziehen?"
„Ja, natürlich. Ich will bei Mama und Papa wohnen. Ich fühle mich in Gesellschaft von Mama und Paps sehr wohl.", antwortete ich und die Frau schaute sich unser liebevolles Zusammensein noch einmal genau an, bevor sie verkündete: „Frau Schwerin, ich habe genug gesehen. Sie lieben ihre Tochter sehr, Luna liebt sie beide. Und ihr Lebensgefährte Herr Wächter... Der wird sich wohl auch sehr liebevoll um Luna kümmern. Wenn sie weiterhin an ihrem Adoptionsantrag festhalten, dann... Dann kann Luna zu ihnen ziehen. Ich werde ihnen das alles noch schriftlich zukommen lassen."
„Ich... Das geht ja schnell. Ich kann zu Mama und Papa ziehen?", fragte ich und wollte schon zu jubeln beginnen, doch da merkte ich, dass mir meine Schulter noch ein wenig weh tat. „Ich darf zu Mama und Papa?"
„Ja, wenn du es wirklich willst, dann darfst du nach dem Krankenhausaufenthalt zu Frau Schwerin und Herrn Wächter ziehen. ... Aufgrund der Probleme, die es bei deinem Adoptivvater Herrn Steinberg gibt... Wir haben gehört, dass Herr Steinberg auf dich geschossen hat, Luna. Aufgrund dessen haben wir uns entschieden, dass wir dich schnell aus der Familie holen müssen."

Biggis Sicht, 3 Tage später:
Es waren zwar erst drei Tage seit dem Besuch von Frau Lochgerber vergangen, doch ich hatte schon jetzt Angst, dass wir Luna jetzt doch nicht zu uns holen konnten. Schließlich könnte sie ja auch irgendeinen großen Fehler auf ihrem Zettel aufgeschrieben haben.
Im Moment hatten meine Crew und ich Dienst auf der Basis, wir liefen gerade auf Leerlauf, jeden Moment könnte ein neuer Einsatz rein kommen.
Da erklang auch schon der Notruf aus den Lautsprechern.
„Rettungsleitstelle für Medicopter 117." Unsere Notärztin Sabine, die unsere schwangere Karin vertrat, sprintete bereits zusammen mit unserem Sanitäter Ralf, der seit Enricos Kündigung vor drei Tagen wieder zu unserem Team gehörte, zum Hubschrauber, während ich den Funkverkehr mit der Rettungsleitstelle übernahm. „Medicopter 117 hört." „Sekundäreinsatz: Fliegen sie ein Spenderherz aus dem Klinikum Schwarzach zur Klinik Salzburg." „Das ist verstanden, Rettungsleitstelle. Medicopter 117 übernimmt. Ende."
Thomas, der die Zeit bis zu seinem Dienstbeginn bei meiner kleinen Luna in der Klinik verbrachte, hatte direkt in dieser Sekunde bei mir auf dem Handy angerufen.
„Thomas, ich kann jetzt nicht mit dir telefonieren. Wir müssen jetzt dringend los, haben gerade einen wichtigen Einsatz. Ich rufe dich dann an, wenn ich wieder in der Basis zurück bin.", würgte ich ihn schnell ab und legte dann auf.
Natürlich wusste ich, dass mich Thomas nur anrief, wenn es wirklich wichtig war und die Weitergabe der Information an den Empfänger sehr schnell gehen musste, doch nun konnte ich wirklich nicht telefonieren.
Ich wusste genau, es musste jetzt verdammt schnell gehen; das Spenderherz war nun wichtiger.

Liebe liegt in der LuftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt