87. Hilfe von der Familie

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„Papa, ich... Es tut mir alles so verdammt leid für dich. Ach, wenn ich doch nur was für dich tun könnte. Ich würde es sofort machen.", flüsterte Luna, als sie weiterhin über die Hand ihres noch schlafenden Stiefvaters streichelte und ihm einen vorsichtigen Kuss auf die Wange gab.
„Ich... Ich würde dich am liebsten... Ich würde ja am liebsten die Zeit zurück drehen. Dass wir den Einsatz überhaupt nicht fliegen. Ich... Soll doch Rosenheim den Einsatz fliegen. ... Papa, ich bin hier bei dir. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Ich lasse dich nicht im Stich. Und Mama wird ganz bestimmt auch zu dir halten, wenn ich ihr heute Abend von dem Problem erzähle. Wir fahren dann mit Michael nach Hause. Und dann kümmern Mama und ich uns um dich. Das ist versprochen, Papa. Ich bin ganz nah bei dir."
Inzwischen saß Luna schon eine ganze Weile neben Thomas und streichelte ihm beruhigend über die Hand.
„Ich bin bei dir, Papa. ... Lilly, komm mal her, meine Kleine. Du musst mal hier auf meinen Papa aufpassen. Er braucht ein bisschen Zuspruch.", rief Luna ihren Hund, der sofort, mit einem Ball in der Schnauze, angerannt kam.
Die kleine Schäferhündin mit den lustigen Schlappohren setzte sich vor Thomas und leckte dem Piloten über die Hand, die Luna fest in ihrer hatte.
„Du bist ja ein toller Hund. Ja, tröste den Papa mal ein bisschen. Ich bin gleich wieder da.", sagte Luna leise zu ihrem Hund und wollte gerade aufstehen, da wachte ihr Stiefvater langsam auf und blickte verwirrt um sich.
„Was... Wo bin ich denn?", fragte er leise und Luna setzte sich zu ihm. „Du bist immer noch in der Basis, wir haben vorhin eine kleine Runde mit Baby fliegen wollen. Damit du schon mal für deine Prüfung... Und dann hattest du eine kleine Angstattacke und... Gina hat übernommen. Michael hat dir dann ein Beruhigungsmittel gegeben und du hast bis jetzt geschlafen."
„Hast du die ganze Zeit hier gesessen?" „Das würde dir so passen. ... Natürlich habe ich die ganze Zeit hier bei dir gesessen, Papa. Ich kann dich doch in solch einer Situation nicht im Stich lassen. Aber... Ich weiß nicht, wie es jetzt weiter gehen soll. Ich meine, du hast... Du hattest eine richtige Panikattacke, als du da im Hubschrauber gesessen hattest und unser Baby steuern solltest. Ich... Ich habe die Angst in deinen Augen doch genau gesehen. ... Oh, da... Da kommt doch Mama mit ihrem Motorrad. Ich... Ich habe Michael doch gesagt, dass er Mama nicht anrufen soll. Das... Das kann er doch nicht machen."
Knapp eineinhalb Stunden nach dem missglückten Flugtraining kam Biggi mit ihrem Motorrad auf die Basis gerast.
Michael hatte also Lunas Mutter doch angerufen und die hatte sich sofort auf den Weg zu ihrer Familie gemacht.
„Wie... Wie geht es Thomas? Wo ist er denn?", fragte Biggi, als sie am Eingang der Basis auf Notarzt Michael und Sanitäter Jens traf, die beide noch einiges zu diskutieren hatten.
„Es... Es geht ihm soweit gut. Er liegt auf dem Sofa im Aufenthaltsraum, deine Luna ist im Moment bei ihm. Aber... Ich mache mir wirklich große Sorgen um Thomas. Er hat doch noch nie so eine schlimme Panikattacke gehabt, wie heute. So lange, wie ich Thomas schon kenne, war das noch nie so schlimm. Und ich kenne Thomas ja auch schon ein paar Jahre."
„Ich... Ich schaue mal nach Thomas.", meinte Biggi und wurde von ihrem Ex-Freund Jens verfolgt.
„Biggi... Biggi, warte doch mal bitte. ... Ich weiß, ich habe gestern einen riesen Fehler gemacht. Ich hätte Luna nicht im Stich lassen dürfen. Aber..."
„Das hättest du dir alles vorher einfallen lassen können. Ich bin nicht mehr dazu bereit. ... Du hast dich gestern mit Luna verabredet. Und du hast sie im Stich gelassen. Ich habe meine Tochter noch nie so verzweifelt gesehen. Selbst nach dem Absturz, als Peter... Als sie erfahren hatte, dass Peter tot ist. Da war sie auch nicht so verzweifelt, wie gestern Abend. Noch nicht einmal Dirk kam an Luna heran. Die hat geheult, konnte sich gar nicht mehr beruhigen. Du hast Luna völlig im Stich gelassen. Sie hätte bestimmt nicht so sehr geheult, wenn du ihr Bescheid gesagt hättest, dass euer gemeinsamer Nachmittag ausfällt. ... So. Und jetzt lass mich zu Thomas. Der braucht mich gerade jetzt so dringend."
„Ja, dein Thomas braucht dich wieder. Ist klar. ... Thomas hat übrigens vorgeschlagen, dass wir einen Ausflug unternehmen. Zu fünft. Luna, du, dein Thomas, Lilly und ich. Am Wochenende."
„Was hat der vorgeschlagen?", fragte Biggi ungläubig und drehte sich zu ihrem Ex-Freund um. „Ich glaube, du hast da etwas... missverstanden. Ich glaube nicht, dass Thomas dich noch einmal Kontakt zu Luna haben lässt."
„Du kannst gerne deinen Thomas fragen. Er hat vorgeschlagen, dass wir alle einen gemeinsamen Ausflug mit unserer Luna unternehmen sollten. Klar will er nicht, dass ich mit Luna noch weiter Kontakt habe. Aber... Luna wünscht sich das, dass wir einen Ausflug unternehmen. Und das lasse ich mir auch nicht nehmen. Ich will mit meiner Luna einen Nachmittag zusammen verbringen. Und wenn dein Thomas das nur zulassen will, wenn ihr beide dabei seid, dann... ist mir das auch egal."
„Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, Jens. Ich werde noch mal mit Thomas und Luna über dieses Thema sprechen. ... Ich glaube nicht, dass Luna wirklich mit dir einen Nachmittag..." „Luna ist eben noch lange nicht so verbohrt, wie ihr beide. Thomas und du, ihr seid doch nur gegen einen Nachmittag zwischen Luna und mir, weil ihr Angst habt, dass Luna erkennen könnte, dass sie bei mir ein besseres Leben hätte..."
„Sag mal, spinnst du. Luna hat es bei Thomas und mir so gut, wie nirgends anders. Sie fühlt sich bei uns sehr wohl. Und sie hat bei uns alles, was sie braucht. Sie hat Thomas, sie hat mich. Und Karin und Michael sind auch immer für Luna da. Ganz anders, wie bei dir. Du bist ja schon damit überfordert, pünktlich zu einem Treffen mit deiner Tochter zu erscheinen. Da muss unsere Luna auch schon alleine irgendwo sitzen und auf dich warten. Ohne zu wissen, was mit dir los ist. Warum du nicht kommst."
„Ich... Biggi, ich kann es dir gerne erklären, warum ich zu dem Treffen mit Luna nicht erschienen bin. Ich... Ich habe eine zweite Tochter, Anna ist zwei Jahre älter, als Luna."
„Du hast ein zweites Kind? Deswegen wolltest du damals also nicht bei mir und unserer Tochter bleiben. Deswegen hast du uns im Stich gelassen?"
„Nein, ich... Ich war zum Zeitpunkt von Lunas Geburt schon gar nicht mehr mit Annas Mutter zusammen. Wir hatten nur sporadischen Kontakt. Und... Gestern Abend, da... Da stand Anna dann plötzlich vor meiner Tür. Nach fast 17 Jahren. Das... Das musst du dir mal vorstellen. Da steht ein Mädchen vor dir... eine junge Frau und sagt zu dir: ‚Hallo Papa. Ich bin deine Tochter.' Weißt du, wie ich mich gefühlt habe. Ich... Ich kannte dieses Mädchen... diese junge Frau nicht. Sie war mir völlig fremd."
„Aber... Du hättest dich wenigstens bei Luna melden können. Hätte Michael die Kleine nicht abgeholt, vielleicht würde sie jetzt noch in der Eisdiele sitzen und auf dich warten. Ich verstehe nicht, warum die Kleine dir so viele Chancen gibt. Aber vielleicht liebt sie dich wirklich noch. ... So. Und jetzt würde ich mich aber wirklich endlich gerne um meinen Mann kümmern. Der braucht mich jetzt auch. Nachdem, was mir Michael am Telefon erzählt hat. Du entschuldigst mich kurz, Jens."
Elegant schlängelte sich Biggi an Jens vorbei und ging in den Aufenthaltsraum, wo Luna sich noch immer um ihren geliebten Stiefvater kümmerte, der in einer Decke eingekuschelt, neben seiner Tochter auf dem Sofa saß.
„Thomas... Was... Was ist denn passiert?", fragte Biggi und fiel ihrem liebsten Thomas um den Hals. „Was hast du denn?"
„Ich... Luna hat sich Sorgen gemacht. Und als ich vorhin aufstehen wollte, da hat sie mich dran gehindert und hat mir die Decke auf die Beine gelegt. Sie bemuttert mich im Moment sehr stark. ... Lilly, komm. Geh mal bitte zu Luna."

Liebe liegt in der LuftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt