Der richtige Ton

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Jisungs Pov:

An Minhos besonderem Tag ließ ich mir sogar von den Bediensteten beim Ankleiden helfen, nachdem ich ein erfrischendes Bad genommen hatte. Für uns alle waren heute rein weiße Kleidungsstücke ausgesucht worden und natürlich nur der teuerste Schmuck. Es gab einen Augenblick, in dem mich erneut das Gefühl beschlich, wie ein preisgekröntes Tier allen Menschen vorgeführt zu werden, aber dann verflog dieser Moment und ich konzentrierte mich auf das Entscheidende.

Minho feiert heute seinen Namenstag und natürlich möchte er da, dass alles perfekt aussieht und uns jeder bewundert. Außerdem sollte ich das doch gern für ihn tun. Er hat es verdient, einen wunderschönen Geburtstag zu haben.

Deshalb strich ich nun versöhnlich über den weißen Stoff meines Gewandes und begutachtete mein Make-up in der polierten Kupferoberfläche, die mir als Spiegel diente. Mein Haar wurde langsam länger und auch meine Haut war noch etwas dunkler geworden, da ich mich gern in den Gärten des Palastes aufhielt und nicht wie früher lange in der Bibliothek der Uni oder in irgendwelchen stickigen Grabschächten herumlungerte.

Aber die größte Veränderung war wohl die in meinem Inneren. Da war nicht länger dieses erdrückende Gefühl, komplett fehl am Platz zu sein und jeden Moment aufzufliegen. Klar, ich wollte noch immer nicht, dass jeder von meinem Geheimnis wusste, da es sonst gegen mich verwendet werden könnte, doch gleichzeitig hatte ich hier Menschen gefunden, die mich mochten und die mir Stabilität gaben.

Das Lächeln auf meinen Lippen verschwand kurz, als mir bewusst wurde, dass ich meine neugewonnenen Freunde streng genommen anlog und es weiterhin Verhaltensweisen gab, die ich verstecken musste. Aber schnell schüttelte ich diesen Gedanken ab und drehte mich zu Seungmin und Niki um, die unweit von mir noch darüber debattierten, ob sie die Farbe für ihre Lippen eine Nuance dunkler machen sollten.

„Ihr zwei seht bereits wunderschön aus. Kein weiteres Make-up", ordnete ich an und Hyunjin drehte sich ebenfalls zu uns,

„Ich stimme Jisung zu. Alles ist so, wie es sein soll."

Überrascht von Hyunjins Zuspruch drehte ich mich zu ihm und bemerkte, dass seine Laune äußerst positiv sein musste, denn er lächelte fröhlich und ermahnte Niki selbst beim zweiten Mal eher liebevoll. Deshalb entschied ich mich, Hyunjins Worte als gutes Zeichen für unsere langsame Annäherung zu werten und erhob mich schließlich. „Sollten wir nicht ohnehin allmählich aufbrechen? Sicher warten die Wachen schon auf uns."

Und schon trat heftige Geschäftigkeit ein, alle redeten durcheinander und zupften da und dort an ihrer Kleidung. Es war ein erheiternder Anblick und kurz bevor wir tatsächlich unsere Räumlichkeiten verließen, um dem großen Fest beizuwohnen, warf ich einen letzten Blick auf mein Bett, wo das getigerte Kätzchen friedlich schlief. Ich hatte ihm sogar ein Körbchen mit weichen Kissen bereitgestellt und ihm das bunte Bändchen als Halsband umgelegt.

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Der Thronsaal war zu einem gigantischen Festsaal umgestaltet geworden. Statt der gähnenden Leere zwischen den zahlreichen Säulen standen nun überall Tische, die von erlesenen Speisen und Getränken nur so überquollen – ganz abgesehen von den zahlreichen anwesenden Gästen.

Jeder hatte sich herausgeputzt, feinste Kleider angelegt, den ausgefallensten Schmuck ausgewählt und die Frauen hatten die aufwändigsten Frisuren auf ihre Häupter gezaubert. Wobei sicher den Bediensteten für diese letzte Tätigkeit mehr Respekt gebührte als den adeligen Damen selbst.

Trotz der fulminanten Pracht stachen wir, die Mitglieder des königlichen Palastes, aus der Menge heraus. Dies lag nicht zuletzt an dem Platz, den man uns einräumte, sobald wir den Thronsaal betraten. Aber auch das respektvolle, ja fast schon scheue Verhalten der Beamten und Adeligen trug dazu bei.

God-king of Egypt | MinsungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt