Ein verbindlicher Schwur

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Jisungs Pov:

Nicht mit Minho zu sprechen, war härter als erwartet. Nachdem unsere letzte Unterhaltung so unbefriedigend geendet hatte, war ich ihm und unserem gemeinsamen Gemach ferngeblieben. Meine übrigen Pflichten als Königsgemahl nahm ich jedoch zuverlässig wahr. Ich hatte die Treffen zwischen Sunoo, Niki und ihren Fürsten beobachtet, sie auf Spaziergängen begleitet, ihren Gesprächen teils unfreiwillig gelauscht und die beiden mir unbekannten Männer einer gründlichen Prüfung unterzogen. Außerdem hatte ich zweimal den Palast verlassen. Beide Male, um zum Tempel des Amun zu gehen. Damit hatte ich nicht nur einen guten Vorwand, um aus den dicken, erdrückenden Palastmauern zu entkommen, sondern auch genug Zeit, um die schriftlichen Aufzeichnungen der Priester zu bestimmten Krankheitsbildern zu durchsuchen.

Aber die Suche in den dunklen, staubigen Hallen hatte mich fast noch mehr frustriert als mein Streit mit Minho und seine darauffolgende Uneinsichtigkeit. Weder führten die Ägypter exakte Aufzeichnungen zu Erkrankungen, Symptomen und möglichen Behandlungen noch hielten sie es für nötig, sortierte und gut beschriftete Register anzulegen. Bald schon verfluchte ich, dass ich hier weder Computer noch Handy noch einen besten Freund konsultieren konnte, denn alle drei Optionen hätten mich wesentlich weitergebracht als die vergilbten Pergamentrollen und eingerissenen Keramiktafeln, die ich nur noch mühsam lesen konnte.

Da meine Recherche so erfolglos verlief, versuchte ich, mich an jedes Detail zu erinnern, das ich jemals über die Krankheiten gelesen hatte, auf die meine Symptome offensichtlich zutrafen. Ich befasste mich mit Herzproblemen, mit typischen Schwächeanzeichen und achtete sehr genau auf mögliche Indikatoren meines Körpers. Aber mein Puls war stark und ich absolvierte sogar ein normales Workout, das mir nichts ausmachte. Klar, irgendwann kam ich ins Schwitzen und nach fünfzig Sit-ups fühlte ich mich ausgepowert, aber dabei machten nicht mein Herz oder mein Kreislauf schlapp.

Eine weitere Option, die ich dummerweise nicht ausschließen konnte, war ein Tumor, den ich nur mit einer modernen Bildgebungsmethode hätte finden können. Aber wo musste dieser Tumor sitzen, wenn er gleichzeitig Schwächeanfälle und Übelkeit auslösen konnte?

Schlussendlich blieb noch eine weitere Vermutung, die ich für wahrscheinlicher hielt als die von den Ärzten wild in den Raum geworfenen Erkrankungen: eine Mangelernährung. Deshalb bemühte ich mich darum, wieder mehr und vor allem ausgewogen zu essen. Im Grunde gab es alles, was ich für eine gesunde, vitamin- und kohlenhydratreiche Ernährung benötigte. Zunächst aß ich mehr Gemüse, da es leicht verträglich war. Die Linsen, Erbsen und Bohnen bereiteten mir auch keine Sorgen, weshalb ich mich langsam zu reichhaltigerem Essen vorwagte. Auch Gebäckstücke und Brot waren kein Problem, auch wenn ich davon sehr schnell satt wurde. Nur bei gebratenem Fleisch oder Fisch hatte ich noch nicht den Mut gefunden, wieder davon zu kosten. Allein, sobald ich das fettige Fleisch sah oder es roch, wurde mein Magen flau, und eigentlich war das ein deutliches Anzeichen dafür, es nicht zu essen.

Aber irgendwann musste ich es schließlich wagen, also hatte ich gestern Nachmittag ein Stück Fleisch von der silbernen Servierplatte eines Bediensteten genommen, es mir in den Mund geschoben, gekaut und dann tapfer geschluckt.

Alle anderen hatten mich besorgt dabei beobachtet, da sie es auch nicht mehr gewohnt waren, zu sehen, dass ich überhaupt Fleisch aß. Yeji sagte mir sogar, ich sollte mich nicht gleich übernehmen, und ich hörte recht schnell auf ihren Rat, da mein Magen schon nach wenigen kleinen Fleischstreifen bedenklich grummelte und das mulmige Gefühl zurückkehrte. Dennoch schien ich das Essen zu vertragen, denn immerhin konnte ich es bei mir behalten und auch das Übelkeitsgefühl verschwand bald darauf.

Heute, einen Tag später, saß ich mit Hyunjin, Sunoo, Niki und Yeji am Tisch und aß Brot, gewürzte Erbsenpaste und eine Art Rührei. Dazu reichte mir Yeji die Schale mit den obligatorischen Fruchtstücken – diesmal waren es Feigen – und lächelte mich auffordernd an. „Das wird dich hoffentlich weiter stärken."

God-king of Egypt | MinsungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt