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Triggerwarnung für dieses Kapitel: Machtmissbrauch, Andeutung sexueller Handlungen 

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Jisungs Pov:

„Ich habe euren Bedingungen nur zugestimmt, um eine Möglichkeit zur Flucht zu erhalten. Ich hatte nie die Absicht, euch meinen Körper besitzen zu lassen."


Sekunden später wusste ich, dass ich diesmal definitiv zu weit gegangen war.

Ich erkannte es in Minhos Augen, die zunächst jeglichen Kampfgeist verloren und beinahe trüb zu mir sahen. Es wirkte so, als würde der Pharao plötzlich durch mich hindurchsehen, mich gar nicht richtig wahrnehmen und auf etwas blicken, das hinter mir lag. Dieser Zustand hielt gerade einmal so lange an, dass ich mich schon fragte, ob ich nun tatsächlich zu ihm durchgedrungen war und er meine Worte überdachte. Aber in der nächsten Sekunde konnte ich gar nichts mehr in den dunkelbraunen Augen lesen, nicht mal mehr die Mimik verriet etwas über seinen Gemütszustand und das ließ sämtliche Warnsignale in meinem Inneren schrillen.

Verdammt, warum habe ich das nur gesagt? Jetzt weiß er, dass ich ihn wirklich belogen habe. Ich habe alles zerstört.

Dann nahm ich eine Bewegung wahr und rasch spannte ich meinen Körper an, um mich notfalls wehren zu können. Allein das unnahbare Auftreten und das eisige Schweigen meines Gegenübers waren schon bedrohlich genug, aber als er nun knapp nickte und sich umdrehte, wusste ich endgültig nicht mehr, was ich tun sollte.

Ob ich weglaufen soll? Ist jetzt der Zeitpunkt, um zu fliehen? Er weiß jetzt, was ich vorhabe, also wird er sich nicht länger von mir an der Nase herumführen lassen. Entweder wird es ab jetzt schlimmer oder ich nehme selbst mein Schicksal in die Hand.

Angespannt verfolgte ich Minhos Weg zu einer Truhe, die nicht weit von seinem Schreibtisch entfernt stand. Er hob den Deckel an, holte etwas heraus und ließ den Deckel dann geräuschvoll wieder fallen. Zunächst konnte ich nicht erkennen, was er genommen hatte, da er es vor seinem Körper verbarg.

Allmählich empfand ich das lange Schweigen des Pharaos fast als furchteinflößender als jeden Wutausbruch, den er hätte haben können.

Aber in dem Augenblick wandte er sich mir wieder zu. Ein dünnes Seil aus Pflanzenfaser lag aufgerollt in seiner Linken und ich runzelte die Stirn, als er damit zu mir zurückkam. Automatisch machte ich zwei Schritte zurück und wollte ihm bereits sagen, dass er besser nicht auf den Gedanken kam, mich körperlich zu züchtigen, als seine Stimme kalt und klar den Raum erfüllte.

„Immerhin bist du nun einmal vollkommen ehrlich zu mir, Jisung." Einer der sanft geschwungenen Mundwinkel bog sich leicht nach oben und doch war dieses Grinsen alles andere als freundlich. „Es betrübt mich, dass du dich so von mir gefangen fühlst, dass du jede Möglichkeit wahrnehmen würdest, um von hier zu fliehen." Nichts hatte sich an der eisigen Intonation geändert, als Minho das dünne Seil zwischen den Fingern rollte und teilnahmslos darauf hinabsah. „Wenn dich nur dieser eine Gedanke eingenommen hat, so wie ich es vermute, hast du nicht erkannt, was dir dieser Ort wirklich bieten kann. Hat dich die Pracht der blühenden Gärten und die bloße Baukunst meines Volkes nicht einen Moment dazu verleitet, zu verweilen? Haben dich die anderen Mitglieder meines Harems nicht als einen der Ihren und gleichwertig behandelt?"

Die Pause, die daraufhin folgte, war unangenehm, weil ich nicht wusste, wie ich antworten sollte.

Daraufhin trat Minho direkt vor mich und fixierte mich mit seinem ausdruckslosen Blick. „Du sprichst von Freiheit, so als würdest du die Gefangenschaft kennen. Als wüsstest du, was es heißt, zu dienen und zu gehorchen. Du kennst nichts davon, Jisung."

God-king of Egypt | MinsungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt