Vorsatz und Verhalten

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Jisungs Pov:

Als ich das nächste Mal erwachte, lief Seungmin auf leisen Sohlen gerade hinüber zur Tür, wohl um hinauszuschlüpfen und mich nicht weiter zu behelligen, aber als er wohl einen letzten Blick auf mich warf und meine Augen geöffnet vorfand, zögerte er. Seine Hand lag bereits an dem kleinen Riegel, doch nun ließ er sie wieder sinken und betrachtete mich.

„Du warst gestern schon wieder eingeschlafen, als ich zurückkam. Hätte Niki nicht berichtet, dass du zwischenzeitlich wach warst und etwas zu dir genommen hast, hätte ich mir Sorgen gemacht. Aber vermutlich brauchtest du den Schlaf und die Erholung." Seungmin trat zu mir, aber streckte sogleich abwehrend die Hand aus, als ich mich daran machte, mich aufzusetzen. Allerdings konnte er mich nicht mehr aufhalten, also eilte er zu mir und half mir, mich aufzusetzen. Gleich darauf traf mich sein tadelnder Blick.

„Du sollst dich doch nach dieser Verletzung schonen."

Doch ich brummte nur und ignorierte das kurze, unangenehme Ziehen in meinem Rücken. Stattdessen kämpfte ich mich auf die Beine und betrachtete den Verband, der um meinen Oberkörper geschlungen worden war und somit auch die Wunde schützte.

„Ich will nicht länger nutzlos herumliegen. Ich fühle mich schon viel besser und ich werde aufpassen."

Außerdem muss ich mich noch bei Minho bedanken.

Und in einem Anflug von Selbstbewusstsein nahm ich mir vor, ihm ebenso die Chance zu geben, die er sich nach meiner liebvollen Behandlung verdient hatte. Also ging ich hinüber zu meiner Truhe und zog ein recht simples Gewand heraus, das mich in der lauen Morgenluft bestens kleiden würde.

Vielleicht kann ich mich bei Minho langsam herantasten und ihm erlauben, sich ohne dieses grundlegende Misstrauen mit mir zu unterhalten.

Von den guten Vorsätzen beflügelt, streifte ich mir äußerst umsichtig das Leinengewand über und als Seungmin sich sicher war, dass er mich nicht stoppen konnte, begann er, meine Schuhe zu binden und die dünnen Riemen der Sandalen eng zu schnüren. Ich war dankbar, dass ich mich nicht bücken musste und schon gar nicht dieses ewige Nachziehen der Riemchen übernehmen musste. Die ganze Zeit über hielt ich meinen Rücken möglichst gerade und atmete erleichtert aus, als Minnie sich wieder aufrichtete und vor mir zur Tür lief.

„Bist du dir sicher, dass du mitkommen möchtest? Ich wollte ohnehin nur ein wenig das Anwesen erkunden", vergewisserte sich der Braunhaarige nochmal und fasste dann sanft nach meinem Arm.

„Ich bin mir sicher, Seungmin. Es geht mir besser und ich will gern mit dir kommen."

Als Seungmin sich nun versichert hatte, dass ich mich wohl genug fühlte, hielt er mir die Tür auf und trat dicht neben mich, um mich notfalls stützen zu können. Seine sorgsame Art half mir sehr und ich kam mir nicht mehr ganz so ungelenk und nutzlos vor. Irgendwie freute ich mich sogar darauf, die neue Umgebung zu erkunden, und als ich in mich hineinhorchte, war da sogar ein kleiner Anteil Aufregung.

Möglicherweise würde ich Minho schon heute wiedersehen, dann könnte ich ihm für seine Hilfe danken und mit ihm sprechen. Eine ganz normale Unterhaltung führen. Seit diesem kurzen Moment nach meiner Verarztung durch ihn, als er mich so fest in seine Arme geschlossen hatte, sehnte ich mich wieder nach dieser Wärme und dem Schutz, den Minho dank seiner selbstsicheren Art ausstrahlte.

Ein sonnendurchfluteter Gang lag direkt vor uns und ich entspannte mich, als die wärmenden Strahlen meine Haut trafen.

„Gibt es für heute irgendwelche Verpflichtungen? Sollte ich von etwas Bestimmtem wissen?", fragte ich meinen Begleiter und dieser neigte den Kopf.

„Es gibt keine direkten Pflichten, aber wir sollten uns in der Öffentlichkeit zeigen und unseren königlichen Haushalt angemessen repräsentieren."

„Also alles wie immer", murmelte ich und hegte somit keine großen Erwartungen an diesen angebrochenen Tag.

God-king of Egypt | MinsungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt