Felix Pov:
Seit Wochen, nein, sogar Monaten war es mir gelungen, dem Kommandanten der Stadtwache aus dem Weg zu gehen, und wenn dies meine Verpflichtungen nicht erlaubten, dann hielt ich genügend Abstand und würdigte ihn keines Blickes. Seitdem ich ihn geküsst hatte, hatten wir kein Wort mehr gewechselt. Zumindest nicht von Angesicht zu Angesicht, und die wenigen Schriftstücke waren stets rein formeller Natur gewesen. Keiner von uns hatte ein Wort darüber verloren, was vorgefallen war, und wenn es nach mir ging, konnte dies so bleiben. Meine übereilte Reaktion, Changbin zu küssen, war absolut inakzeptabel gewesen. Die Gefühle für ihn hatten mich einen Augenblick unvorsichtig werden lassen und es wäre für uns beide am besten, dies zu vergessen.
Das redete ich mir jeden Tag ein. Nur glaubte ich auch wirklich daran?
Ich hoffte zumindest, dass ich es tat. Außerdem half Changbins stoisches Schweigen, mich auf meine Tätigkeiten zu konzentrieren.
Aber wenn ich jetzt darüber nachdachte, hatte Changbin in den letzten Monaten auch nicht länger versucht, meine Schwester zur Ehefrau zu nehmen. Vermutlich wollte er uns beiden die Schmach ersparen, über so nichtige Belange in solch schweren Zeiten vor dem Pharao zu streiten. Zwar wirkte Minho nach außen hin ruhig und beherrscht, doch ich wusste, dass er tief im Inneren unter Seungmins Tod litt.
Schwermütig schob ich einige Goldstücke zu einem kleinen Stapel zusammen, den ich nachher noch zu Akay – dem Gewürzhändler – bringen würde, um seine letzte Lieferung an den Palast zu bezahlen. Sie war dieses Mal sehr großzügig ausgefallen und Minho war zufrieden mit den zubereiteten Speisen gewesen.
Die jetzige Situation im Palast belastete nicht nur den Pharao. Sogar ich spürte die Ernüchterung noch tief in mir, auch wenn ich daran glaubte, dass Seungmin nun gemeinsam mit den Göttern durch grüne Oasen lief und nie wieder Schmerz oder Furcht verspüren würde. Von klein auf hatten mir die Lehrmeister beigebracht, dass es eine Ehre war, in das Reich der Götter hinabsteigen zu dürfen, dennoch vermisste ich Seungmins fröhliche, unbeschwerte Natur und sein Talent, den Menschen immer etwas sagen zu können, das sie aufmunterte.
Mit einem tiefen Atemzug schloss ich meine Augen, entspannte mich ein wenig und versuchte gleichzeitig, die niederdrückenden Empfindungen aus meinem Körper zu verbannen. Aber es gelang mir nicht wirklich. Deshalb schlug ich die Augen wieder auf, erhob mich fest entschlossen, griff nach meinem Waffengurt und band mir diesen um. Dann beförderte ich die abgezählten Goldstücke in einen kleinen Lederbeutel und knotete diesen ebenso an den edelsteinbesetzten Gürtel.
Besser, ich erledige das Geschäftliche gleich, dann habe ich später noch genug Zeit, auf dem Trainingsplatz zu üben. Vermutlich begegne ich dort wieder Minho. Seit Seungmin nicht mehr unter uns ist, treffe ich ihn viel häufiger dort... Vielleicht beruhigt es ihn genauso wie mich, eine Waffe zu benutzen, auch wenn die Gegner nur Strohpuppen oder fähige Soldaten aus den eigenen Reihen sind.
Schwungvoll öffnete ich die Tür, um hinaus in den Gang zu treten und meinen Pflichten nachzukommen. Aber ich kam nicht einmal zwei Schritte weit, bevor mir der Türrahmen von einer breitschultrigen, dunkelhaarigen Gestalt versperrt wurde.
Changbins Hand verweilte halb erhoben in der Luft, so als hätte er jede Sekunde klopfen wollen, doch nun ließ er sie wieder sinken und starrte mich stattdessen an, als wäre ich ein fremdländisches Tier, das er noch nie zuvor gesehen hätte.
Nervosität breitete sich in mir aus, Nervosität und Wut. Diese Kombination aus Emotionen war ungewohnt für mich und ließ mich deshalb wohl auch heftiger reagieren als sonst.
„Was willst du hier?", fragte ich scharf. Gleichzeitig straffte ich meine Schultern, richtete mich auf und versuchte, noch größer zu wirken, um ihn nicht glauben zu lassen, ich wäre durch sein spontanes Auftauchen verunsichert.
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God-king of Egypt | Minsung
FanfictionWenn Jisung in seinem Leben eines gelernt hat, dann dass Aufgeben nie eine Option ist. Doch was passiert, wenn er in eine Welt gestoßen wird, die seine Prinzipien und Werte nicht anerkennt? Wenn sie diese mit ihren eigenen Gesetzen und Regeln übersc...