Seine Sonne

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Jisungs Pov:

Ich saß gerade etwas planlos vor der großen Truhe, in der meine Habseligkeiten ruhten. Eigentlich sollte ich mir darüber Gedanken machen, was ich zu dem bevorstehenden Ausflug mit Jeongin, Minho und Chan tragen wollte, doch etwas in mir war für diesen heutigen Tag nicht bereit. Seit dem gestrigen Gespräch mit Yeji fühlte ich mich seltsam rastlos, als müsste ich eigentlich etwas Wichtiges tun, aber ich wusste nicht, was es war.

Angespannt starrte ich vor mir in die spiegelglatt polierte Bronzescheibe und versuchte tief durchzuatmen, um irgendeine zündende Idee aus dem Nichts zu erhalten. Für einen Augenblick glaubte ich, Yeosangs Stimme in meinem Kopf zu hören, wie sie versuchte, mich in solchen Momenten zu beruhigen und mir den Stress zu nehmen. Sicher würde er eine Hand auf meine Schulter legen, die wie ein Rettungsanker funktionieren würde. Sie konnte mich an einem Platz halten, sodass ich mich nicht losreißen konnte und haltlos von den haushohen Wellen umhergeworfen wurde, die meine trüben und zermürbenden Gedanken bildeten.

Mittlerweile fragte ich mich, ob Yeosang die Suche nach mir aufgegeben hatte, immerhin waren schon zwei Monate vergangen. Sicherlich war er bald mit seinem Studium fertig und konnte dann selbst promovieren, so wie er es sich immer gewünscht hatte. Er wäre einer dieser coolen Professoren, die immer die spannendsten Forschungen mit seinen Studiereden durchführt und der immer die einleuchtendsten Thesen veröffentlicht.

Ich seufzte, weil ich nicht einmal wusste, ob mir je die Chance gegeben werden würde, nochmal eine Universität von innen zu sehen, geschweige denn, einen Abschluss zu machen. Es war, als würden meine grauen Zellen hier langsam verkümmern, obwohl sie so verzweifelt versuchen sollten, das Rätsel meiner Zeitreise in die Vergangenheit zu lösen.

An einen Zufall glaubte ich längst nicht mehr. Es wären einfach zu viele Zufälle für einen einzigen Menschen. Da war zunächst das Rätsel, das zwar jeder andere hätte finden können, aber wahrscheinlich nicht so hätte lösen können. Klar, viele der Elemente im Text waren Wegmarker oder Hinweise zum Eintreten in die Grabkammer gewesen, doch da war noch der Teil, der mir nicht mehr aus dem Kopf ging.

Die zwei blauen Lapislazuli, die als die zwei Tränen beschrieben worden waren, hätte nicht jeder andere Forschende beisteuern können. Es konnte einfach kein Zufall sein, dass ich einen der beiden Steine schon seit Kindestagen mit mir herumtrug und dieser rein zufällig zu dem zweiten Stein in einem unentdeckten Grab passte. Und dann der Fakt, dass sie nun nicht mehr hier waren: Als könnten sie nicht mit durch die Zeit geschickt werden. Möglicherweise waren sie nur der Auslöser für die Zeitreise gewesen und hatten damit ihren Zweck erfüllt.

Gedankenverloren betastete ich meinen jetzigen Schmuck aus grünem Smaragd und schwarzem Onyx und überlegte angestrengt, ob ich weitere Ungereimtheiten fand.

Teilweise sagt man Edelsteinen besondere Kräfte und Eigenheiten nach... Kann es wirklich sein, dass der Lapislazuli dafür verantwortlich ist, dass ich in der Vergangenheit gelandet bin? Hatten die beiden vereinten Steine genug Kraft, um mich hierherzuschicken?

Mein Zeigefinger glitt über die glatt polierte Oberfläche eines Onyx.

Aber dann bleibt immer noch die große Frage, was ich hier tun soll? Was ist mein Ziel in diesem turbulenten Jahrtausend?

Freudlos lächelte ich, als die absurde Möglichkeit durch meinen Geist zuckte, die Yeji mir gestern so plausibel erläutert hatte und die ich seit einigen Wochen selbst nicht mehr für ausgeschlossen hielt.

Vielleicht will das Universum tatsächlich, dass ich einem gewissen stolzen Pharao etwas Vernunft und Demut beibringe. Oder ihn vor seiner eigenen zerstörerischen Wut rette.

God-king of Egypt | MinsungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt