Der auserwählte Herrscher

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Jisungs Pov:

Wie an jedem anderen Tag ging die Sonne über der Wüste in einem fulminanten Zusammenspiel von Licht und Farben auf und dennoch spürte ich instinktiv eine Veränderung in den Geräuschen und den übrigen Sinneseindrücken um mich herum.

Meine Umgebung war lauter als sonst, geschäftiger und wacher, so als hätten sich alle Menschen schon in freudiger Erwartung auf das heutige Fest von ihren Nachtlagern erhoben.

Ich blinzelte schläfrig gegen die einfallende Morgensonne an, die ich unter halbgeschlossenen Lidern für einige Sekunden betrachtet hatte, bevor ich meinen Kopf nach rechts wandte, nur um bereits von zwei großen, wachen, dunkelbraunen Augen begrüßt zu werden. Mit einem trägen Lächeln hob ich nun meine Hand, stupste Minhos kleine Nasenspitze an und fragte, ein Gähnen unterdrückend: „Hast du gut geschlafen, mein Liebster?"

Ein leises Summen ertönte als Antwort, bevor Minho seine Hände unter unserer Decke in meine Richtung schob und über meinen zart gerundeten Bauch strich.

Seit ich das erste Mal die Tritte gefühlt hatte und mich mit dem Gedanken vertraut machen musste, dass die Ärzte und Minho recht behalten hatten, konnte ich kaum noch leugnen, dass sich mein Körper veränderte. Zwar tat er es äußerst subtil, doch nun immer beständiger und sichtbarer.

Ich hatte versucht, die Zeit abzuschätzen, die ich bereits schwanger sein musste, und hatte dafür all meine spärlichen Erinnerungen an den Biologieunterricht zusammengekratzt. Wenn ich davon ausging, dass meine Übelkeit und die Schwächeanfälle erste, klare Anzeichen gewesen waren, musste ich kurz vor Seungmins Tod oder genau in dieser Nacht schwanger geworden sein. Was bedeutete, dass ich mindestens schon neunzehn Wochen in diesem Zustand war... vielleicht sogar etwas länger. Es war schrecklich beängstigend. Allein die Vorstellung, dass gleich zwei kleine Lebewesen in diesem Bauch heranwachsen könnten, schüchterte mich ein. Vor allem, weil ich nicht verstand, wieso es überhaupt möglich war.

Aber immerhin wusste ich, dass es selbst in dieser Zivilisation Mediziner gab, die sich nicht davor scheuten, bei Komplikationen während der Geburt ein Messer in die Hand zu nehmen und damit zumindest das ungeborene Kind zu retten. Ja, es gab in dieser Zeit die ersten Aufzeichnungen von versuchten Kaiserschnitten, jedoch führten diese überwiegend zum Tod der Gebärenden – was mich nicht unbedingt hoffnungsvoll stimmte. Dennoch verbot ich mir, gerade jetzt in eine Gedankenspirale abzurutschen, die kein Ende – zumindest kein positives Ende für mich – nehmen würde.

Ich erschauderte ungewollt, als Minhos Finger hauchzart die warme, gestraffte Haut berührten und mich so liebevoll streichelten, dass ich mir kaum vorstellen konnte, diesen Mann je mit Zorn in den Augen oder einem Schwert in den Händen gesehen zu haben. Momentan verhielten sich die beiden Babys ganz ruhig und ich war dankbar dafür, denn es gab nichts Unangenehmeres als ihre hartnäckigen Versuche, meine Organe zur Seite zu treten. Zwei kleine Quälgeister also, die mittlerweile so groß sein sollten wie zwei Mangos – wenn ich diesem einen Video trauen konnte, das ich einmal gesehen hatte.

Aber jedes Mal, wenn die beiden in den letzten Tagen gar zu wild getreten hatten, war Minho zur Stelle gewesen, hatte einfühlsam mit ihnen gesprochen oder auch liebevoll geschimpft, wenn ich in Unbehagen mein Gesicht verzog. Wenn es dann nicht besser wurde, hatte er mich auf seinen Schoß gezogen, mich versöhnlich gestreichelt, mich beruhigt und mich mit Küssen für meine Tapferkeit belohnt.

Nur dank ihm war ich wohl noch bei klarem Verstand. Minho war wie ein Rettungsanker und nichts fühlte sich für mich sicherer an als seine zärtliche Umarmung und sein glückliches Lächeln, wann immer ich seine Nähe suchte.

„Wir werden bald aufstehen müssen, um uns für das Fest anzukleiden", erinnerte mich Minho, während er selbst noch kleine Kreise mit dem Zeigefinger auf meinen Bauch malte. „Es werden sich heute viele unserer Untertanen in Theben versammeln, um uns zu sehen und uns anzubeten."

God-king of Egypt | MinsungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt