Die Maske fällt

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Jisungs Pov:

Die nächsten beiden Tage verbrachte ich größtenteils damit, das Für und Wider der Argumente meines zentralen, inneren Konflikts abzuwägen. So gern ich ihn nämlich auch zur Seite schieben wollte, so wenig konnte ich vergessen, dass ich noch immer alle um mich herum belog. Außerdem hatte meine letzte Unterhaltung mit Yeji vielmehr meine Unsicherheiten hervorgeholt, statt sie zu lindern.

Dieses Leben hier veränderte mich allmählich und mir war bewusst, wie gefährlich es werden konnte, sich noch tiefer in diese Gefühle für Minho zu stürzen. Aber ich wusste ebenso wenig, ob ich den Punkt für einen rechtzeitigen Absprung nicht schon längst verpasst hatte.

Mindestens ebenso unnachgiebig drehten sich meine Gedanken um die Frage, ob ich nicht doch irgendwo einen entscheidenden Denkfehler gemacht hatte und ich mir nur einredete, Minho helfen zu müssen, um alles wieder ins Lot zu bringen.

Ist es nicht genau das, was auch das Chaos erst auslösen könnte? Ich meine, wenn ich seinen Tod verhindere, statt ihn zuzulassen, könnte es passieren, dass der gesamte Verlauf der Geschichte beeinflusst wird. Es ist zwar schön zu glauben, dass eine so kleine Tat nicht alles aus der Bahn werfen kann, aber immerhin ist es ein Menschenleben – von einer Person, die Macht und Einfluss über ein gesamtes Land besitzt. Ich darf das nicht unterschätzen.

Wie so oft in den letzten Tagen streifte ich ruhelos durch die Säulengänge des Palastes und versuchte mit der Bewegung, die Anspannung aus meinem Körper zu lösen. Aber es herrschte schon den ganzen Morgen eine schwüle Hitze und dunkle Wolken schoben sich allmählich und umso bedrohlicher vor den sonst so klaren Vormittagshimmel. Wie angewurzelt blieb ich mitten im Gang stehen und starrte vor mich. Nicht weil ich etwas sah, sondern weil mein nächster Gedanke noch erschreckender und quälender war.

Was ist, wenn ich für Minhos Tod verantwortlich bin? Ich könnte ebenso hier gelandet sein, damit dieser Mord überhaupt erst passiert. Oh mein Gott, ob ich darin verwickelt werde, dass er getötet wird? Muss ich es möglicherweise selbst tun, um zu verhindern, dass die Weltgeschichte sich ändert? Oder tue ich es, weil ich erkenne, dass er grausam ist? Ich kann keinen Menschen umbringen, schon gar keinen, den ich liebe. Eher würde ich freiwillig gehen.

Mit einem geräuschvollen Einatmen versuchte ich, mich wieder auf meinen Weg zu fokussieren und setzte erneut einen Schritt vor den anderen.

Kann das sein? Nirgendwo wird beschrieben, wie genau es geschieht. Nur die Umgebung oder Umstände sind vage genannt. Es soll während eines größeren Festes stattfinden. Dennoch sind keine Details bekannt. Heißt das, es wird niemand das Attentat überleben, um davon zu berichten? Es steht geschrieben, dass nicht nur Minho, sondern auch seine Wachen ermordet werden... Also sollten doch mehrere Personen daran beteiligt sein, sonst könnten sie nicht mehrere gute Kämpfer überwältigen. Das heißt doch, dass ich nicht damit zu tun haben kann, oder?

Ein wenig beruhigt von diesem Aspekt, ließ ich die Schultern sinken und bewegte meinen Nacken, um das unangenehme Ziehen in meinen Halswirbeln zu lindern.

Wie finde ich nur mehr darüber heraus, was geschehen wird? Ich muss Personen aufsuchen, die gut über Minho Bescheid wissen oder, noch besser, ihm nahestehen.

Kurz dachte ich nach, wer dafür überhaupt in Frage kam.

Da wäre zum einen Jeongin. Er ist sehr aufmerksam und weiß sicher viel über Minhos Gewohnheiten und die Vorgänge in diesem Land. Aber ihn würde ich nur ungern fragen. Er ist sehr feinfühlig und zur Zeit zu sehr mit sich selbst und Chan beschäftigt. Chan mag zwar dem Pharao nahestehen, aber er war die letzten Monate nicht einmal in Ägypten. Er wird nicht auf dem neuesten Stand sein. Ich brauche jemand anderes.

God-king of Egypt | MinsungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt