Markttag

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Jisungs Pov: 

Seit heute Morgen hatte ich es systematisch vermieden, den anderen zu begegnen. Noch vor Tagesanbruch hatte ich mich nach draußen in die Gartenanlagen geschlichen und mich dort hinter einem hohen, dichten Hartriegelstrauch versteckt, der mich mittlerweile auch zuverlässig vor der strahlenden Sonne schützte.

Mein Magen knurrte erneut und erinnerte mich daran, dass ich das Frühstück ausfallen lassen hatte, um keinen neugierigen Blicken und Fragen ausgesetzt zu sein. Ich wollte nicht darüber sprechen, was ich mit Minho getan hatte und wie es mir gefallen hatte, denn genau diese beiden Fragen würden sie mir stellen. Verdammt, ich wusste ja noch nicht einmal selbst, wie ich die Geschehnisse von gestern Abend für mich selbst einordnen sollte. Außerdem war es absolut nicht förderlich, dass meine Gedanken ständig zu diesem einen Thema zurückkehrten, egal was ich tat oder wie ich mich abzulenken versuchte.

Allerdings würde ich mich früher oder später mit dem auseinandersetzen müssen, was gestern passiert war. Demnach konnte ich es auch jetzt tun und mir möglicherweise weitere Grübeleien sparen. Mein Kinn sank auf mein Knie und für einen Augenblick beobachtete ich das Schattenspiel der Blätter auf dem sandigen Weg vor mir, bevor meine Überlegungen sich auf den Kern meines aktuellsten Problems fokussierten.

Ich hatte vor gestern Abend noch standhaft geschworen, mich nicht erneut von dem jungen König verführen zu lassen. Dennoch war es geschehen und ich verstand nicht wirklich, warum. Gestern hätte ich auf meinen Verstand hören sollen, auf die innere Stimme der Vernunft, die wusste, dass dieser König ein gefährlicher Mann war, dass er den Tod bedeutete und dass sich in seinem Herzen kein Platz für zärtliche Empfindungen wie Toleranz und Rücksicht fanden.

Er will nur seine Befriedigung, er will alles und jeden um sich herum kontrollieren. Er ist egozentrisch, rechthaberisch und vollkommen unfähig, seine Mitmenschen wie Gleichgestellte zu behandeln. Ach, scheiße, wir sind hier nicht im 21. Jahrhundert! Er kann Menschen so behandeln, weil er der König ist und es sein Leben lang nie anders getan hat. Er kann und darf jeden beherrschen, weil sein Status in dieser Gesellschaft es ihm erlaubt, uneingeschränkte Macht auszuüben. Sicherlich ist ihm das zu Kopf gestiegen.

Frustriert und gleichzeitig nachdenklich zerpflückte ich eine welke Blüte, die ich zuvor von einem der Blumenbeete abgebrochen hatte. Ihre dunkelroten Blütenblätter waren bereits so dünn und vertrocknet, dass sie zwischen meinen Fingerspitzen zerbröselten wie der feine Sand, der überall zu finden war. Langsam rieselten die Reste der Blume hinab auf den Boden und ich sah dabei zu, während ich an Minho dachte.

Ob man einen Mann wie ihn überhaupt verändern kann? Und warum wollte das meine Aufgabe sein? Ja, ich bin hier in der Vergangenheit, und logisch gesehen sollte es einen Grund für meine Reise hierher geben, aber ist es tatsächlich möglich, dass so viel davon vorherbestimmt ist? Wie passt Minhos Vergangenheit überhaupt zu dem Bild, das alle von ihm zeichnen? Wenn er wirklich so grausame Tendenzen hat und die ihm Nahestehenden umbringt, wer garantiert mir, dass er das nicht auch mit mir tut?

Mittlerweile lagen die Blütenblätter oder das, was von ihnen übrig war, verstreut auf dem Boden und eine sanfte Windböe wirbelte einen Teil davon. Erneut meldete sich dieses seltsame Gefühl in mir, das mir einreden wollte, ich müsste mich mit den Geschehnissen klarer auseinandersetzen und ehrlicher zu mir selbst sein.

Denn wenn ich ehrlich war, traute ich Minho momentan nicht zu, dass er mir Gewalt antat. Er mochte damit drohen und immer wieder betonen, dass wir eine Vereinbarung getroffen hatten, die mich ihm gegenüber in eine Pflicht stellte – aber körperlichen Schmerz hatte er mir bisher nie zugefügt.

Nun gut, vielleicht braucht er das bei mir auch nicht, weil ich bereits fragil und schicksalsgebeutelt genug erscheine. Ich habe in diese Zeit alles an Ballast mitgebracht und noch neuen aufgeladen... Aber ist das wirklich der Grund, weshalb ich ihm gestern zum zweiten Mal nachgegeben habe? Erlaube ich ihm deshalb, mich anzufassen und mit mir Dinge zu tun, die ich noch nie zuvor mit einem Mann getan habe?

God-king of Egypt | MinsungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt