91 - Sorgen und Hoffnung - David

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- Mittwoch, 10.07.2024 - Schluckauf (happy)/RIAN -

Auch heute ließ sich Liv nach ihrer abrupten Flucht aus dem Spieleraum nicht beim Krafttraining blicken. Stattdessen erfuhr ich von Jari, dass Liv einen Vormittag für sich bräuchte, was meine Sorge um sie nicht gerade verschmälerte. Die meisten Jungs hatten wahrscheinlich nichts geahnt, doch ich kannte sie einfach besser als die meisten. Deshalb hatte ich mich auch heute Morgen, als sie nicht beim Frühstück aufgetaucht war, auf die Suche nach ihr gemacht. Doch selbst nach einem halbstündigen Lauf um das Resort war sie nirgends zu finden.

Ich wusste ja inzwischen sogar, was es war, was sie so umpolte. Falls es überhaupt das war, was ich dachte. Sie musste gerade gewaltig zwischen den Stühlen sitzen und ihre Gefühle gegen ihren Job hier abwägen. Gleichzeitig musste sie noch irgendwie Justus und seine Enttäuschung jonglieren und ganz nebenbei noch einen Podcast am Laufen halten und eine Bachelorarbeit vorbereiten. Sie war wahrscheinlich heillos überfordert und überarbeitet.

Am liebsten würde ich ihr ein wenig Last nehmen. Doch dafür musste ich mit ihr reden und sie musste bereit sein, ihre Sorgen mit mir zu teilen. Inoffiziell wusste ich zwar schon, was Phase war, doch ich musste es von ihr bestätigt bekommen, bevor ich die gesamte Situation nur noch verschlimmbesserte mit meinem Versuch, ihr zu helfen.

Wo steckte sie nur? Ich ließ meinen Blick durch den Kraftraum gleiten, der sich langsam, aber stetig leerte. Dann blieb er an Justus hängen, der am anderen Ende des Raums gerade mit Martin redete. Ich gab Juri ein Zeichen, dass ich nachher nachkommen würde zum Duschen und bahnte mir meinen Weg um die Geräte herum zu meinem allerliebsten Kreisläufer.

"Na, Großer?", begrüßte mich Justus mit einem sanften Lächeln. Ich lächelte ihn ebenfalls an, aber die Sorge um Liv rumorte immer noch in meinem Bauch und zog meine Mundwinkel wie zwei gegensätzliche Pole aneinander. Justus erkannte, dass mein Lächeln nicht echt war, und verabschiedete sich beziehungsweise uns mit einem Nicken von Martin. Dieser akzeptierte, dass ich einmal in Ruhe mit Justus reden musste und blieb zurück, während Justus und ich aus dem Kraftraum traten und ein wenig Abstand zu den anderen Spielern gewannen.

"Was gibt's?", fragte er mich schließlich, als wir genügend Distanz zwischen uns und die anderen gebracht hatten, um sicher zu sein, dass man uns nicht mehr hören konnte. Ich seufzte leise. "Ich mach mir Sorgen um Liv. Das gestern, das war gar nicht normal für sie..." Justus nickte. "Das hast du bemerkt?" Ich lachte sarkastisch. "Wundert dich das?"

Er schüttelte den Kopf. "Eigentlich nicht. Du kennst sie halt von uns allen immer noch am besten..." Ich nickte und zuckte mit den Schultern. "Ja, schon. Aber du kommst inzwischen auch richtig gut mit ihr klar, oder nicht?" Er lächelte ehrlich und nickte. "Sie ist wie die ältere Schwester, die ich nie hatte." Ich grinste. "Unser aller Schwesterchen." Daraufhin lachte er leise. "Definitiv."

Dann holte mich die gestrige Situation wieder ein und ich seufzte erneut. "Weißt du, was gerade mit ihr los ist? Sie verhält sich schon seit Tagen... anders. Sie ist gerade einfach nicht sie selbst. Und ich hab' zwar eine Idee, was das gerade soll, aber so richtig sicher bin ich mir da nicht." Dafür müsste ich mit ihr reden und meine Theorie bestätigt bekommen. Aber dafür müsste ich sie wohl erst einmal finden...

Er seufzte und allein an dieser Reaktion erkannte ich, dass er mehr wusste, als er zugeben konnte oder wollte. "Also... ja, weiß ich. Aber das kann ich dir nicht erzählen. Das muss sie schon selbst machen." Ich nickte. "Klar, das dachte ich mir schon. Weißt du, wo ich sie finden kann? Ich hab' gefühlt schon das halbe Resort nach ihr abgesucht..."

Zum Glück nickte er. "Auch das weiß ich. Aber... denkst du, es könnte ihr helfen, wenn du mit ihr redest? Ich will ihr gerade eigentlich ein bisschen ihren Freiraum lassen..." Er war ein unfassbar guter Freund für sie. Wieder einmal wusste ich, warum ich Liv und Justus beide gleichermaßen schnell ins Herz geschlossen hatte, als ich sie separat zum ersten Mal kennengelernt hatte. Ich lächelte. "Keine Ahnung. Aber ich will ihr helfen. Sie unterstützen, wenn ich irgendwie kann. Aber dafür muss ich wissen, was los ist." Justus nickte. "Verständlich. Na dann komm mal mit."

121 km/h /// Juri Knorr ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt