Wie geht's?

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'Hallo ihr beiden. Wie geht's?' Wie geht's? War das sein ernst? Er hat uns unser Leben zur Hölle gemacht, mit Schlägen und Drohungen, seellisch und körperlich. Und wenn wir uns nach 4 Jahren wiedersehen, fragt er: Wie geht's? 'Geht schon..' murmelte Kian als keiner von uns ein Wort sagte. 'Mh..Kann..kann ich reinkommen?' fragte er und musterte Kian und mich von oben bis unten. Ich wusste, dass er es hasste zu fragen, ob er in sein eigenes Haus kommen durfte. Kian, der immernoch meine Hand fest hielt, trat einen Schritt zur Seite und er ging langsam rein. Er ging direkt in die Küche und ließ seine schwarze Tasche auf seinen alten Barhocker fallen. Ich hatte dieses Stuhl immer gemieden. Er sah sich um. Eigentlich hatte sich nicht viel geändert, seitdem er gegangen war. 'Und ähm.. wie läuft es so in der Schule?' fragte er nach einer Ewigkeit unerträglicher Stille. 'Ich bin dieses Jahr noch fertig und werde Sport studieren..' antwortete Kian nach kurzer Zeit und setzte sich etwas entspannter gegenüber auf einen Barhocker. Ich stand immernoch in dem Rahmen zwischen Wohnzimmer und Küche.

'Schön.. spielst du noch Hockey?' Kla hatten es Mum und Dad rausgefunden, ich meine, Kian ist einer der besten Spieler. Es gab richtig Ärger, aber nach einem Monat hatten sie gemerkt, dass sie Kian nicht davon abbringen konnten, weiter zu spielen. 'Ja, noch in der Schulmannschaft aber bald gehen einige von uns in eine neue Mannschaft. Der Coach kommt in ein paar Wochen.' sagte Kian. 'Ähm.. willst du was trinken?' fragte er und sah unseren Vater an. 'Ja bitte..' Kian nickte und ging zum Kühlschrank, guckte kurz rein, und nahm dann zwei Cola Dosen. Er gab ihm eine uns setzte sich wieder zu ihm. Er öffnete sie und trank einen Schluck. Dann drehte er sich leicht zu mir. 'Und? Bei dir ist alles kla? Hast du.. Probleme oder so?' fragte er und ich merkte, dass es ihm irgendwie unangenehm war, mich das zu fragen. War auch gut so. 'Nein.' sagte ich. Er nickte langsam und drehte sich wieder zu Kian. 'Wie geht es eurer Mutter? Ich hab sie nur kurz gesprochen. Sie wollte mir nicht sagen, wo sie ist. Wisst ihr das?' Kian fing an. 'Ihr geht es glaube gut, im Moment ist sie geschäftlich unterwegs. Wir wissen selber nicht wo. So richtig wohnt sie hier nicht mehr. Sie kommt nicht häufig.' 'Okay. Und, ähm.. ja. Ich werde nicht sofort wieder einziehen, ich schlafe erstmal bei einem Kumpel außerhalb. Ich komme euch so oft es geht besuchen, wenn was ist, dann ruft an, okay?' Wollte er mich grade verarschen? Er tat anscheinend echt so, als wären die ganzen Jahre nicht passiert. Als wäre das hier ein tolles, neues Zusammentreffen. Das ist nicht lache. 'Kla.' macht Kian und lächelte ein wenig. 'Ich ähm, leg euch meine Nummer hierhin, wie gesagt, ruft an.' Er sah mich nochmal an, ich starrte zurück. Er nickte erneut und nahm seine Tasche. Als er an mir vorbei ging, überlegte er kurz, ob er noch was sagen sollte, ließ es aber.

Er hatte sich schon verändert, er hatte einen leichten Bart, was irgendwie komisch war, er hatte nie einen. Seine Haare waren auch kürzer, und trainiert hatte er auch. Ob er sich von Charakter her verändert hatte, konnte ich noch nicht sagen, glaubte aber nicht wirklich dran. 

Kian ging mit einem leichten Lächeln mit ihm zur Tür. Mein Vater machte die Tür auf und sah nochmals zu Kian. 'War schön euch.. zu sehen.. Bis zum nächsten Mal.' Kian und er lachten sich kurz an, und Kian schloss die Tür. Wir sagten kein Wort, und warteten am Fenster, bis er mit dem dunkelgrünen Auto von seinem Freund wegfuhr. 

'Das..lief doch ganz gut, oder?' grinste Kian und drehte sich zu mir. 'Gut? Gut? Du willst mich verarschen oder? Er tut als wäre er im Urlaub gewesen, als wäre nie was passiert!' schrie ich ihn an. 'Was sollte er deiner Meinung nach denn sagen huh? Hey Kinder, ich bin ausm Knast entlassen und sorry, dass ich euch immer verprügelt habe?!' schrie er zurück. 'Wäre mal eine Möglichkeit, ne Entschuldigung! Die habe ich aus seinem Mund ja noch nie gehört!' 'Jamie, gib ihm doch ein paar Tage, dann spricht er uns bestimmt drauf an!' meinte Kian. 'In welcher Traumwelt lebst du bitte? Im Leben wird er uns nicht darauf ansprechen! Nie!' 'Jetzt sei doch nicht so zickig!' schrie er wieder. 'Zickig? Auf wessen Seite stehst du eigentlich?' 'Auf der Seite unserer Famile!' Ich schnaubte. 'Familie. Wir hatten nie eine richtige Famile.' 'Nur weil wir nicht perfekt waren?' fragte er.

Hey, Kleine.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt