One-Way-Ticket, bitte.

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Während die Leiche aus meinem Zimmer transportiert wurde, saß ich auf der kaputten Couch und versuchte, dem Kommissar der Kripo so weit es ging zu zuhören. Als schließlich die klapprige Trage mit der Leiche, die mit einem dunkelgrauen Plastiktuch überdeckt war,  die Treppe hinunter gehievt wurde, bekam ich eine Gänsehaut. Der Kommissar wandte sich von uns ab und ging einige Schritte weiter zu seinem Kollegen. 'Er hatte ein Portmonnaie in seiner Jacke. Auf seinem Führerschein stand "Jacob White".' Der Kommissar nickte und und unterhielt sich weiterhin mit seinem Partner. Ich sah in die Runde. Kian hatte Maddi auf dem Schoß, Zayn und Ari saßen vor der Couch, Ryan lehnte gegen die Fensterbank und Mila hockte vor mir. Justin stand einfach nur vor dem Scherbenhaufen, der einmal unsere Terrassentür dargestellt hatte. 


'Tja, das war's dann wohl mit den Crips.' Ryan zuckte mit seinen Schultern und stieß sich von der Fensterbank ab, um sich eine Kippe von Kian zu schnorren. 'Was hat das zu bedeuten? Ich meine, warum Jacob und warum in Jay's Bett?' Ari hatte, so wie ich von meinem Platz sehen konnte, Tränen in den Augen. 'Ari, es muss nicht immer alles eine Bedeutung haben. Phil wollte uns dafür eine reinwürgen, weil wir in sein Haus eingebrochen sind. Und er wollte uns Angst machen.' Justin drehte sich zu uns und nickte Kian zu, um ihm zu signalisieren, dass er auch eine Kippe wollte. 'Das hat er ja wohl auch geschafft,' säuselte Mila und stellte sich neben Ryan. 'Was machen wir denn jetzt. Uns raushalten? Es wäre wohl das Beste uns einfach nicht mehr einzumischen..Sorry Kian, aber irgendwann ist Schluss. Ich glaube, wir bringen uns nur unnötig in Gefahr.' Ryan legte einen Arm um Mila's Taille und zog sie etwas zu sich ran. Er blickte zu Kian und man konnte in seinen Augen sehen, dass es ihm leid tat, was er grade gesagt hatte, aber wir alle wussten, dass er Recht hatte. Oder?

 'Spinnst du? Lässt du mich jetzt einfach hängen oder wie? Falls du es noch nicht gemerkt hast, wir sind viel zu tief drinnen um jetzt auszusteigen.' Kian nahm sich seine Schachtel, seine Jacke und ging Richtung Tür. 'Warte bitte Kian, du musst noch ein paar Fragen beantworten..' sagte der Kommissar. Kian machte eine Kopfbewegung zu uns hin. 'Bin mir sicher, die da wissen auf alle Fragen eine Antwort. Ich muss hier raus.' Weg war er. 

Justin guckte mich mit diesem Blick an, mit dem er sagen wollte, dass er auf Kian's Seite war. Er wollte wissen, was ich davon halte. 

Tja, was halte ich davon? Am liebsten würde ich einfach meine Taschen packen, meine Freunde mitnehmen und mit einem One-Way-Ticket Richtung 'keine Ahnung wo' nehmen. Nie wieder zurück kommen. Wenn ich alle meine Freunde dabei hätte, wär alles cool. Ich meine, mich hält hier sowieso nichts mehr. Wann ist die ganze Scheiße endlich vorbei..

'Ich weiß es nicht, Baby. Ich weiß es nicht...' flüsterte Justin und legte seine Stirn an meine Schläfe. Hatte ich das laut gesagt? 



'Baby, steh auf. Es ist halb 7..komm schon... los, ich hab auch keine Lust, aber Schule muss sein..'

Mittlerweile war es Freitag. Gestern war nicht viel passiert, ich war nicht in der Schule gewesen, Kian und ich wurden beurlaubt. Frau Stein mag mich, glaube ich, nicht sonderlich, aber sie hatte mir und Kian Hilfe angeboten, falls wir etwas brauchen. Aber sie kann uns nicht helfen.. Und langsam weiß ich nicht mehr weiter. Ich lief runter in die Küche, wo Kian an der Marmor-Arbeitsfläche gelehnt war. Er sah leicht verwirrt aus. 'Was ist los?' fragte ich vorsichtig und ging auf ihn zu. 'Ich hab Mum angerufen. Sie kommt nach Hause. Gleich morgen.'

Ich dachte ich hatte mich verhört. Klar, unsere Mutter und wir, wir hatten ein relativ gutes Verhältnis miteinander, aber nun auch nicht wieder so gut, dass ich mich ungemein besser fühlen würde, wenn sie nach Hause käme. 'Wie lange?' 'Ich weiß nicht.. kommt auf ihre Arbeitszeiten an.' er trank ein Schluck O-Saft, verzog den Mund und schmiss einige Eiswürfel ins Glas. 'Ihre Arbeitszeiten? Ihre Kinder finden in ihrem Haus eine Leiche, und sie muss sich an ihre Arbeitszeiten halten? Das ist so typisch. Du kannst ihr sagen, dass es keinen Unterschied macht, ob sie kommt oder nicht. Es ist mir egal, es würde nichts ändern.' Kian zog nur seine linke Augenbraue hoch und trank noch einen Schluck aus seinem Glas. 'Wenn du das so siehst..' Wenn ich das so sehe? Geht's ihm noch gut? 'Kian.. du weiß noch wer unsere Mutter ist, oder? Was erhoffst du dir bitte davon, wenn sie hierhin kommt. Sie kann uns nicht beschützen, sie konnte es nie, und sie hat es auch nie versucht, sein wir doch mal ehrlich miteinander. Sie wird hier sein, meckern wie das Haus aussieht, putzen, und wieder gehen. Wenn wir Glück haben, bekommen wir Lasagne. Sonst nichts.' 

Hey, Kleine.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt