Jede Familie hat ihre Geschichte

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Jamie's Pov



Ich wusste das Justin zu Kian ist, aber  ich kann es ihm nicht verübeln. Er ist sein bester Freund, und nur, weil ich seine Freundin bin, muss er ihm nicht auch sauer sein, wenn Kian und ich Stress haben. Für Justin muss das Ganze auch ziemlich komisch sein, er weiß bestimmt nicht, wie er mit Dad umgehen soll. Genauso wenig wie ich. Kla, Kian's Worte hatten bei mir auch was ausgelöst. Wer wünscht sich nicht eine tolle Familie, eine die funktioniert, eine bei der man sich fallen lassen kann, eine, bei der man nicht das Gefühl hat, sich Sorgen machen zu müssen wenn man nach Hause kommt. So etwas wollte ich auch. Aber wer hat schon so eine Familie? Eine perfekte? Niemand. Auch wenn es manchmal so aussieht, jede Familie hat ihre Geschichte. Was in der Vergangenheit passiert ist, kann man zwar vergessen, aber es wird immer Teil der Geschichte bleiben. Das positive? Das Ende kann jeder selber gestalten. Ich wusste, dass Kian so eine Familie haben wollte. Wir hatten nie einen richtigen Vater, so wie er üblich war, und nun kam die Chance. Klingt sehr verlockend. Vielleicht kann Kian vergeben, oder vielleicht kann er einfach nur vergessen, aber ich wusste, dass ich es nicht konnte. Noch nicht. Ich habe nicht wirklich Angst vor ihm, aber nein, Respekt garantiert nicht, ich glaube, ich habe einfach nur zu viele Erinnerungen, die ich mit ihm verbinde. Und die sind nicht grade förderlich für einge gute Vater-Tochter Beziehung. Was außerdem die Pläne für eine neue, tolle Familie behindern könnte, wäre meine Mom. Meine Mom, die sich um uns gekümmert hat, aber irgendwie auch nicht. In der Hinsicht, war sie ziemlich wechselhaft, aber natürlich hatte, so wie immer in unserer Familie, alles mit meinem Dad zu tun. War er da, war sie weg. War er weg, war sie da. Trotzdem, irgendwo, das wusste ich, vermisste ich sie. Vermisste ich ihn, vermisste ich mich selber. Klar hatte ich mich verändert, nachdem beide wegwaren, ich hatte mir geschworen, nie wieder so klein und zerbrechlich zu sein. Ich hatte mir selber versprochen, und Kian auch ein wenig, dass ich mich beim nächsten Mal verteidigen würde. Ich hatte mich in sämtlichen Sportarten bewährt, und viel gelernt. Ich konnte mich verteidigen, aber wollte ich es?

Gegen meinen eigenen Vater? Müsste ich das überhaupt? Es gab immerhin noch keinen Grund. Würde ich alles vergessen, was er bisher getan hatte, wäre das treffen heute Mittag eigentlich sehr nett gewesen, er hat uns gefragt, aber nicht ausgequetscht. Er hatte sich nach Mom erkundigt, und war nicht direkt wieder eingezogen. Außerdem hatte er versprochen, oft vorbei zu kommen. Es war offensichtlich, dass er wieder eine halbwegs vernünftige Beziehung mit uns aufbauen wollte. Warum also würde er das wollen, und nett zu uns sein, wenn er andere Absichten hätte? Er hätte uns nach dem Knast auch einfach vergessen können, oder umziehen können, nie wieder kommen und sich einen Dreck um uns kümmern können. Wollte ich die jenige sein, die Kian und Dad die Beziehung kaputt machte? Oder die jenige, die sich quer stellt bei dem Versuch, eine neue Familie aufzubauen?

Nein, das wollte ich nicht. Ich versuche einfach, die Bilder zu verdrängen, was schwer war, aber ich tat es für Kian. Für niemand anderen, nur für ihn. Und das war ja wohl Grund genug, es wenigstens zu versuchen, auch, wenn es nie wieder so sein wird wie vorher, was, wenn man drüber nachdenkt, auch gut so ist. 

Justin kam spät wieder, ich ließ die Augen geschlossen, tat so, als würde ich schlafen, er küsste mich leicht auf die Wange und legte sich neben mich, nahm mich in den Arm, und nach einer Weile wusste ich, er war eingeschlafen. Ich jedoch konnte nicht schlafen. Mitten in der Nacht, laut seinem iPhone halb 4, legte ich seine Arme vorsichtig von meiner Taillié und schlich aus dem Zimmer. Ich ging in die Küche und öffnete leise den Kühlschrank und nahm mir ein Schoko-Müsli Riegel raus. Nachdem ich ihn eher aus Langeweile als aus Hunger gegessen hatte, ging ich auf die Veranda vor die Tür und setzte mich auf die kleine Bank.

Nach ungefähr 20 Minuten quitschte die Tür und ich schrack hoch. 'Was machst du? Ich bin grad fast gestorben als du nicht im Bett warst Jamie. Ich dachte du bist wieder weg-..' 'Mir war warm. Ich brauchte mal Luft.' redete ich dazwischen. Justin seuftzte und ging wieder rein. Ich schaute ihm nach. War er jetzt sauer oder wie? Aber er kam kurz danach wieder, mit zwei Tassen und einer Decke, die er als er sich neben mich gesetzt hatte, über uns legte. 'Du bist kalt.' meinte er und rieb ein wenig an meinen Schultern. Ich nahm eine Tasse und trank den lauwarmen Zitronentee. 'Was hat Kian gesagt?' 'Das er Streit mit dir hasst.' meinte er und trank auch einen Schluck aus seiner Tasse. 'Ich auch.. Und ich werd mich morgen wieder mit ihm vertragen. Ich versuch es einfach. Vielleicht hat Dad sich echt geändert. Aber ich werde es nicht vergessen. Sicherlich nicht.' 'Musst du ja auch nicht, das verlangt niemand, aber ich finds gut, dass du es versuchen willst.' sagte er und küsste mich sanft. Wir tranken aus, laberten noch eine Weile, und gingen dann wieder hoch, um einzuschlafen.

Justin's Pov

Sie will es versuchen. Das ist doch gut, oder? Oder sollte sie sich lieber von ihm fern halten? Ich war mir nicht sicher. Ich wollte das sie UND Kian glücklich sind. Aber das würde schwer werden. Außerdem wollte ich, das sich Jay nicht unwohl fühlt, wenn sie mit ihrem Dad zusammen ist. Aber das wird sie wohl erst einmal. Ich meine, wer weiß, was seine Absichten sind. Ich hoffe für ihn, es sind gute. Sonst verschohne ich ihn nicht wie damals. 

Mit diesen Gedanken machte ich endlich meine Augen auf und sah, dass Jay ebenfalls schon wach war. Sie grinste und gab mir einen Kuss. Ich grinste auch, da es mich freute, dass sie glücklich war. 'Ich hab das Gefühl, heute wird ein guter Tag.' lächelte sie und hüpfte aus dem Bett. Ich ging ihr nach ins Bad. Diesesmal, würde sie nich alleine im Bad lassen. Sie lächelte immernoch als sie mich in dem großen Spiegel entdeckt hatte. 'Duschen?' fragte sie selbstverständlich. Mein Mund klappte ein wenig auf, ging es ihr wirklich so gut, oder tat sie nur so? Da ich nicht antwortete stellte sie sich frech vor mich hin und zog meine Boxershorts runter. Dann stellte sie sich leicht auf die Zehenspitze und küsste mich leidenschaftlich. Offensichtlich ging es ihr echt gut. Ich zog sie nach und nach aus und zusammen gingen wir duschen. Nicht mehr und nicht weniger. Kein Sex, aber das brauchte ich auch nicht unbedingt. Sie reicht mir so vollkommen.

Nach dem duschen rasierte ich mich kurz, während sie ihre Haare zurecht machte. 'Ich fühl mich grad wie in einem dieser total romantischen Mädchenfilmen wo sich das Ehepaar wie selbstverständlich zusammen fertig macht..' lachte Jay und machte sich ein wenig von diesem Lippen - Zeugs drauf, was immer so lecker nach Himbeere schmeckt. 'Stimmt.. aber mich störts nicht. Außerdem sind wir nicht so langweilig wie die ganzen Pärchen im Film.' meine ich und zog mir ein weißes Shirt über. Danach zog ich noch eine Beige kurze Hose an und stylte meine Haare hoch. 'Ich geh jetzt rüber, kannst du heute einmal alleine hier frühstücken? Meinst du, du schaffst das?' stichelte sie mich und zog sich an. (Kommentar ♥) 'Kla süße, ich bin ja schon groß. Sag aber bescheid, wenn du mit ihm geredet hast. Ok?' fragte ich und guckte traurig. Sie nickte und küsste mich. 'Was soll ich denn jetzt essen?' fragte ich spielend panisch. 'Mach dir ein Spiegelei oder so. Schmeckt auch lecker.' meinte sie und legte ihre Arme in mein Nacken. 'Auf jeden Fall besser wie den Müsli.' grinste ich und küsste sie lange, damit sie nicht protestieren konnte. 'Bis nachher!' rief sie nochmal und ich frühstückte das erste mal seit langem alleine in meiner Küche.

Jamie's Pov

 Ich klingelte. Hatte ja keinen Schlüssel. Kian öffnete die Tür, und lächelte mich an. 'Hey..' sagte ich und guckte ihn an. 'Tut mir leid, ich war scheiße, ich weiß dass du dir eine normale Fami-..' er umarmte mich einfach und ich sagte nichts mehr. 'Ich hab mir Sorgen gemacht. Mach das nie wieder, klar?' 'Klar.' Wir gingen rein, und ich erzählte ihm von meinen Gedanken von letzter Nacht. Er war glücklich, das merkte ich. Nachdem wir geredet hatten, schrieb ich schnell Jus eine SMS das alles wieder gut war und dass er sich sein Spiegelei schmecken lassen soll. Er antwortete nur mit einem '♥' und ich grinste. 'Mit wem schreibst du?' Toll. Jetzt darf ich ihn schon wieder anlügen. 'Ari.' war meine knappte Antwort und ich war froh, als es klingelte. Ich lief schnell zur Tür, und nun ratet mal, wer mit einem fetten  Grinsen da stand.

Hey, Kleine.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt