25. Kapitel

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Ich sehe geradeaus zu meiner besten Freundin und beobachte, wie sie auf uns zu kommt. Mit langsamen und ungewollten Schritten, so als wolle sie gar nicht in unsere Richtung kommen. Als würde sie am besten schreiend wegrennen nur, um uns nicht in die Quere zu kommen. Ich werfe Cameron und Cole jeweils einen Seitenblick zu und die beiden scheinen sich ähnliche Gedanken, wie ich zu machen. Nämlich, warum Gwen im Herbst mit einer Brille zur Schule kommt und, warum sie diese auch mitten in der Schule trägt. Als Gwen sich uns nährt, bemerke ich, dass sie nicht besonders glücklich wirkt, wie an den vorherigen Tagen.

Irgendetwas stimmt nicht und ich weiß nicht, ob es an meiner Intuition oder daran liegt, dass ich einfach nur Überreagiere mit meiner Sorge, um meine Freunde und meine Familie.

"Hey, Leute.", begrüßt sie uns. Auf ihren Lippen bildet sich ein schiefes Lächeln und ich kann behaupten, dass es nicht ihr echtes Lächeln ist. Nein, ich weiß, dass es nicht ihr echtes Lächeln ist. Ich kenne sie gut genug um zu wissen, dass es falsch ist. Aber vielleicht bilde ich es mir ja auch nur ein. Wir drei erwidern ein kurzes."Hey.", und dann räuspert sich Cameron als erster. "Wo ist dein Macker?", er zieht eine Augenbraue hoch und streicht mit seiner Hand über sein Kinn. Als Gwen dann keine Antwort gibt, sondern nur ihren Kopf schief anliegt, mischt sich Cole ein.

"Neidisch?", fragt er mit einem unterdrückten Lachen. Ich kneife ihn in die Seite, woraufhin er aufstöhnt. "Lass es.", zische ich leise, nur um keine Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen. Er nickt trotzig mit dem Kopf und ich habe das Bedürfnis ihn noch einmal zu kneifen. Abrupt wende ich meinen Blick zu Gwen. Sie schaut umher und würdigt mir keinen einzigen Blick.

Ich runzle die Stirn. "Gwen ...", setze ich an. Sie dreht ihren Kopf zu mir und ich schenke ihr ein mildes Lächeln. "Obwohl du mit dieser Brille super sexy aussiehst, könntest du sie auch ausziehen. Wir sind in der Schule und außerdem ist die Jahreszeit nicht gerade passend ... Es sei denn du hast einen Kater ... Jedenfalls würde es erklären, warum du mich das ganze Wochenende lang über, ignoriert hast.", diese Worte sprudeln, wie ein Wasserfall aus meinem Mund und obwohl ich noch einige Worte sagen will, mache ich das nicht und halte mich zurück. Ja, etwas sauer bin ich schon, weil sie dumme Ausreden erfunden hat, um sich nicht mit mir zu treffen. "Sexy? Ich weiß nicht, was du dir genau unter diesem Wort vorstellst, Faith. Aber ich habe eine ganz andere Vorstellung von dem Wort 'sexy' als du.", sagt Cole und in seiner Stimme schwingt ein teuflischer Unterton mit. "Gwen ist immer hübsch.", apostrophiert Cam. Zu meiner Überraschung scheint er nicht länger sauer auf sie zu sein, was wirklich gut ist, da ich es hasse, wenn meine besten Freunde sich streiten und ich zwischen ihnen stehe. Am schlimmsten ist es, wenn man dann auch noch entscheiden muss, mit wem man sich trifft oder die Zeit verbringt.

"Ich will nicht wissen, was in deinem Kopf vor sich geht, Cole.", ich schüttle den Kopf und sehe ihn kurz an. "Was auch immer es sein mag, bitte, behalte es gefälligst für dich.", beende ich meinen Satz. Gwen schweigt immer noch und nun reicht es mir langsam und zum letzten mal bitte ich sie. "Kannst du jetzt mal deine Brille ausziehen?", langsam und unsicher tastet sie nach der Brille und zieht sie mit einem Ruck aus.

Mein ganzer Körper versteift sich, als ich sie mustere. Mir wird kalt und eine unangenehme Gänsehaut bildet sich auf meiner Haut. Ich hasse dieses Gefühl. Mein Magen verkrampft sich und meine Brust zieht sich zusammen. Der Anblick vor mir versetzt mir mehrere Messerstiche in das Herz.

Ihr linkes Auge ist etwas lila und unter ihren Augen haben sich falten, die vorher nicht da waren, gebildet. Neben mir ergreift Cam erneut das Wort. "Was ist passiert?", fragt er und ein besorgter Ausdruck liegt in seinem Gesicht. Er tapst zu ihr und legt ihr seine Hand auf die linke Wange. Langsam streicht er mit dem Daumen darüber und seine andere Hand hat sich auf ihren Rücken gelegt.

Ich rühre mich nicht, sondern schaue direkt in ihre Augen, darauf wartend, was sie als nächstes sagen wird. Gwen schaut Cam peinlich an. "Puh, ic- ich bin die Treppe runtergefallen. Und, ja. Ja, ihr habt recht ich hatte am Wochenende etwas zu viel getrunken und ja ... dann ist das hierbei rausgekommen.", sie zeigt auf ihr Auge. Weiterhin ist mein Blick fest auf sie gerichtet und ich sehe in ihre leeren Augen. Sie sind ausdruckslos, nicht wie vor einigen Tagen. So fröhlich, voller Freude und Liebe. "Sicher, dass es nichts anderes ist?", Cole hat die Augen zusammengepresst und beißt sich dabei in die Oberlippe, was unter normalen Umständen vielleicht gut aussehen würde aber es sind keine normalen Umstände.

Viel zu gut kenne ich Gwen, um zu wissen, dass sie nicht viel auf einer Party trinken würde. Das einzige, was sie doch so verrät ist, dass sie mich Hilfesuchenden ansieht. Als hätte sie Angst vor jemanden. Vor Finn. Gwen ist meine Freundin und ich verstehe sie ohne etwas zu sagen. Sie spricht es nicht aus aber ich kann mir schon denken, was passiert ist. Wenn es anders wäre, würde sie sich nicht so verhalten, wie sie es immerhin jetzt tut. Schon alleine der Blick auf sie, wie sie gegen alles ankämpft, was sie vorher gewusst und woran sie geglaubt hatte, verrät alles. Ich balle meine kleinen Hände zu Fäusten, sodass meine Knöchel fast weiß hervortreten.

Mein Herz rast vor Wut, Hass und Traurigkeit. Es hätte alles anders ausgehen können, hätte ich Gwen gesagt, was ich wusste. Aber ich dachte, dass Finn auch eine Chance verdient und, dass er niemals eine Hand gegen sie heben würde. Doch es war falsch von mir so etwas zu denken und jetzt trage ich die Konsequenzen dafür, indem ich meine beste Freundin leiden sehe.

Gott, diese Situation ist sowas von absurd. Es dürfte nie dazu kommen!

Alleine schon bei dem Gedanken, wie Finn seine Hand gegen Gwen erhebt, lässt mich erschaudern und mein Kopf fängt vor Wut an zu glühen. Ich nehme mir vor diesen Mistkerl jetzt zu finden. Kopfschüttelnd mache ich auf Absatz kehrt und renne in die Richtung des Parkplatzes, wo man Finn oft in den Pausen findet. Cole und Gwen schreien mir noch etwas hinterher, doch ich kriege es nicht mehr mit.

Ich kaue auf meiner Unterlippe rum und schlage die Tür, die nach außen führt wütend, auf. Vom weiten kann ich das blöde Gelache von Finn's Freunden hören und dann erblicke ich ihn, neben seinem Auto. Er trägt einen blauen Pullover und eine Jeans. Meine Augen sind weit aufgerissen, als ich auf ihn zu komme. "Da ist ja jemand heute etwas böse, was?", erklingt die witzige Stimme von Liam, den angeblichen Freund meines Bruders. Ich ignoriere ihn und steuere auf Finn, der mir keine Beachtung schenkt, zu. Vor ihm bleibe ich stehen und plötzlich sieht er mich fragend an. "Ist was?", als Antwort ramme ich meine Handball in seine Nase, die daraufhin anfängt zu bluten. Er fasst sich an die Nase, während er laut vor sich hinflucht. Und ich denke, dass ich mir die Hand gebrochen habe. Noch ein Schlag wird mir noch gelingen. Sicherlich ...

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