27. Kapitel

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Unwillig schaue ich ihn von der Seite an. Cole's Blick ist starr auf die Straße gerichtet und jetzt umklammert er das Lenkrad nur mit einer Hand. "Du kannst das nicht tun, Cole.", sage ich ruhig und etwas leiser. Er lacht ungläubig in sich hinein und wirft seine freie Hand in die Höhe. "Was kann ich verdammt noch mal nicht tun? Kannst du mich hierbei aufklären!", verlangt er, wohlwissend, dass ich ihm darauf nur schwer antworten kann.

Warum macht er das alles so schwer? Er weiß doch ganz genau, dass ich mich von ihm fern halten sollte, das hat die Situation von gerade eben noch bestätigt und jetzt verlangt er von mir, dass ich ihn nicht von mir fern halten soll? Das ich ihn an mich ranlassen soll? Das ist doch absurd! Es macht überhaupt keinen Sinn mehr. Nichts, hat im Moment einen Sinn für mich.

"Du weißt, was ich meine.", erkläre ich, während ich ihn immer noch von der Seite ansehe. Er dreht seinen Kopf in meine Richtung und antwortet dann. "Wie alt sind wir, Faith, vier? Kannst du bitte in vernünftigen Sätzen mit mir sprechen oder soll ich dich zurück in die Grundschule schicken?", ich verenge meine Augen und werfe ihm einen langen Blick zu. "Schau lieber auf die Straße.", bemerke ich trocken.

Ich wende meinen Blick von ihm ab und lehne meinen Kopf an die Fensterscheibe an. "Ich bereue es zusammen mit dir in dieses Auto eingestiegen zu sein.",

"Du hattest keine andere Wahl. Ich hätte dich sogar mit all meiner Kraft ins Auto reingezerrt.",

"Sowie Finn? Mit all deiner Kraft?",

Er schluckt hörbar und biegt in die Einfahrt eines Motels ein. "Wir sind da.", sagt er und lässt meine Frage somit in der Luft aufgehen und ich bin froh, dass er darauf nichts geantwortet hat. Es wäre besser, wenn wir nichts mehr zu einander sagen würden, denn ich habe Angst, dass einer von uns einige Wörter zu viel sagen könnte.

Noch mehr habe ich Angst, dass ich diejenige sein werde, die noch etwas zu viel sagen wird.

Wir steigen aus dem Auto aus und während Cole auf das Motel zusteuert, bleibe ich mit verschränkten Händen vor der Brust, sturr stehen. Denkt er sich jetzt wirklich, ich würde eine Nacht mit ihm in einem Motel oder überhaupt irgendwo, verbringen wollen? Wenn er es tut, dann hat er sich gewalttätig geschnitten.

Ich will wieder zurück nach Hause, zu meiner Mom und Nolan. "Was machst du?", rufe ich ihm nach. Abrupt bleibt er stehen und seinen Gesichtsausdruck nach, kann ich sagen, dass er erst jetzt bemerkt hat, dass ich ihm gar nicht hinterher gegangen bin.

"Reingehen?", er runzelt die Stirn und strafft die Schulter. "Das habe ich bereits gemerkt. Ich will hier nicht bleiben ... Ich möchte nach Hause.",

"Du dachtest jetzt nicht wirklich, wir würden hier bleiben, oder?", langsam nicke ich und lasse meine Hände fallen. Ich zucke kurz zusammen, da meine Hand und mein Oberarm immer noch schmerzen.

"Das tuen wir aber nicht.", gibt er bitterlich von sich. Er sieht mich fragend an und fügt noch schnell hinzu. "Kommst du jetzt?", ich nicke und setze meine Beine in Bewegung.

Cole ist einfach ein Arsch. Gerade eben hat er noch Finn, hauptsächlich meinetwegen geschlagen und jetzt verhält er sich, wie das aller letzte. Vom Anfang an wusste ich, dass er Stimmungsschwankungen hat aber, dass es so schlimm ist, war mir bisher nicht bewusst.

Wir laufen zur Rezeption und dort nimmt Cole ein Zimmer. Erst jetzt frage ich mich, wie es sein kann, dass Cole hier alleine lebt  - ohne Eltern -, und sich trotzdem eine Unterkunft und alles andere leisten kann.

Fragen will ich jetzt nicht, dafür habe ich heute keine Lust und, wenn ich fragen würde, wäre seine Antwort so etwas, wie. "Ich habe im Lotto gewonnen", oder. "Ich bin ein Räuber".

Finding FaithWo Geschichten leben. Entdecke jetzt