66 - Loslassen

3.6K 115 0
                                    

Ich habe jegliches Zeitgefühl verloren, während ich neben Marco in seinem Auto sitze und durch die Kräfte der enormen Geschwindigkeit, in den Sitz gedrückt werde. Ich weiß nur, dass es spät ist. Sehr spät. Zu spät.

Zu spät, um zusammen mit Tim zu lachen.

Zu spät, um in die exakt gleiche Augenfarbe wie meine zu blicken.

Zu spät, um ihm zu sagen, dass ich ihn liebe.

Zu spät für alles.

Ist es nicht lustig?

Wir fallen. Wir Stehen wieder auf und kämpfen. Wir kämpfen so lange, bis wir mit dem Schmerz, der unser Herz lahmgelegt hat, umgehen können und lernen, wieder normal zu atmen. Die Zeit vergeht und die Wunden heilen. Und genau dann, wenn wir wieder fest stehen, leben, atmen - werden wie wieder geschupst. Und wir fallen.

Ich bin mir sicher, irgendwann wird einen niemand mehr auffangen. Irgendwann wird man in ein schwarzes Loch fallen und langsam daran zerbrechen. Denn wir können nicht ewig fallen.

Irgendwann schlagen wir am Boden auf.

Nach Dortmund ist es lang. Irgendwann kommen wir an, aber ich weiß, dass wir schon seit Alena's Anruf, zu spät sind.

Marco sieht mich an, während wIch aus dem Auto auf die Klinik sehe. Die Klinik, in der ich schon öfters geschupst wurde, geradezu ertrunken bin. Es gibt wahrscheinlich keinen Ort, den ich mehr hasse, als dieses Gebäude.

,,Er war dein Bruder" sagt Marco plötzlich und ich zucke unerwartet zusammen.

Jetzt sieht er mich an.

,,Er war dein Bruder, Toni, aber du musst nicht darein gehen und zerbrechen" fügt er hinzu. Ich starre ihn an.

Die Stille zwischen uns, wird schließlich durch das Klingeln meines Telefons durchbrochen.

Mit zittrigen Händen gehe ich ran.

,,H-hey, ich bin es nochmal....kommt bitte ins Kopfzentrum, Zimmer 309" bittet Alena leise.

Ich schließe die Augen. Die dritte Station ist die Intensivstation, aber das war mir schon klar.

,,Ok" flüstre ich und lege auf.

Ich sage Marco knapp, wo wir hinmüssen und er nickt. Draußen wird er ununterbrochen von Fans angesprochen und sogar angemacht, weil er jetzt bei Bayern spielt, aber das interessiert ihn nicht. Marco legt einen Arm um mich und sieht zu Boden, während wir in die Klinik laufen, sodass die Fans allmählich das Interesse verlieren.

Als ich mich im Eingangsbereich umsehe, würde ich am liebsten kotzen. Erinnerungen schießen in meinen Kopf und ich schließe überfordert die Augen.

,,Komm" meint Marco sanft und als er mich berühren will, zucke ich stark zusammen.

Als ich meine Augen öffne, sieht er mich besorgt an. Ohne auf ihn einzugehen, laufe ich an ihm vorbei, zur Treppe.

Als ich die Intensivstation erreiche, zittre ich am ganzen Körper. Ich sehe das Zimmer, in dem Marco anfangs lag, sehe die gleichen Ärzte und Schwestern, sehe das gleiche Leiden. Jeder Schritt nimmt mir Kraft und als ich an Zimmer 309 ankomme, fühle ich mich völlig kraftlos.

Das Herz eines StarsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt