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Davinas Sicht

Als er das Handy zu seinem Ohr hob, hörte ich förmlich wie mein Herz in tausend Stücke zerbarst.

Ich wollte nur noch aus diesem Auto raus und nach Hause.

Weit weg von allem.

Ich hätte nie gedacht, dass Nathan das tun würde. Noch einmal dort hingehen und sich für etwas aufopfern, was keinen Sinn ergab. Sein Leben für einen Bandenkrieg hinzugeben, bei welchem der Tod nur eine Notwendigkeit darstellte.

Ich schluckte das Schluchzen hinunter, doch die Tränen konnte ich nicht aufhalten. So schnell wie es mir möglich war, rannte ich durch den hinteren Teil des Hauses zur Haustür. Draußen angekommen, lief ich den langen Kiesweg entlang und war froh das die Garagenzufahrt auf der anderen Seite war.

Beim Tor angekommen, gab ich den Code ein den Nathan mir gegeben hatte, dann rief ich Kira an. Schon nach dem zweiten Hupen nahm sie ab.

"Davina, schön mal wieder etwas von dir zuhören." Sagte sie mit ironischem Unterton. Ich wollte etwas sagen, doch anstatt einer Antwort kam nur ein Schluchzen. Alamiert sagte Kira meinen Namen. "Davina... Schatz, alles in Ordnung?" Fragte sie und ich schluchzte verneinend ins Mikrofon. "Wo bist du?" War ihre nächste Frage und ich sagte ihr den Straßennamen, da ich ein Stück weiter gelaufen war um nicht mehr in der Nähe seines Hauses zu sein. "Ich komme sofort Süße!" Rief sie und dann erklang das Belegtzeichen.

Ich ließ mich an der Straßenlaterne zu Boden sinken, wohl wissend dass ich mein Abendkleid wahrscheinlich ruinieren würde, doch es war mir egal.

Alles war mir egal.

Ich hatte eine Leere in meinem Körper wie ich sie schon lange nicht mehr gespürte hatte, und doch war der Schmerz so wohl bekannt.

Ich saß nun hier für gefühlte Stunden, wartete auf Kira und gab mich meinem Selbstmitleid hin. Ich wusste nicht was jetzt kommen soll, nein eigentlich wusste ich es schon jedoch wollte ich es nicht wahrhaben. In den letzten Monaten war mir die Vorstellung von einem Leben ohne Nathan immer irrealer geworden.

Ich wollte nicht ohne ihn und ob ich das überhaupt noch kann müsse sich erst noch zeigen. 

In meinen Gedanken war eigentlich alles klar geregelt. Natürlich würde ich zunächst bei Kira unterkommen, doch irgendwann bräuchte ich wieder  eine eigene Wohnung, jetzt wo die andere verkauft war, und ich würde mir einen anderen Job suchen. Dieses klar geregelte war nur nicht das was ich tief im Inneren wollte. 

Ich war kurz davor wieder anzufangen zu weinen als Betsy, Kiras alter Polo vor meiner Nase anhielt. Ich stand etwas zittrig auf und fiel Kira, welche nun entsetzt vor mir stand um den Hals. Wieder begann ich zu schluchzen.

"Psst es ist alles gut, ich bin ja hier." Begann sie zu murmeln während sie über meinen Rücken strich. Sie wusste genau, dass wenn ich darüber reden will das auch irgendwann von mir aus tun werde. Wir setzten uns in den Wagen. Sie sah mich besorgt an und sagte "Ich werde keine Fragen stellen außer, hat er dich misshandelt?" Ich schüttelte schnell den Kopf und verneinte ihre Frage sofort. Nathan war immer so gut zu mir gewesen. 

Gemeinsam fuhren wir in ihre kleine zwei Zimmer Wohnung und ich legte mich sofort auf das Sofa. Ich fühlte mich leer und elend. Außerdem hatte ich schreckliche Angst um Nathan, ich hatte gesehen und gehört wozu diese Leute fähig waren. Kira ließ mich bis zum nächsten morgen dort liegen, denn geschlafen hatte ich nicht.

Auch aus dem Kleid wollte ich nicht heraus, zu sehr erinnerte es mich an Nathan und so blieb die Hoffnung, dass er nicht ganz weg war. Er war immer noch hier, solange ich das Kleid anbehalten.

Hätte er nur gefragt, ich wäre mit ihm gegangen wo auch immer er hingeschickt worden wäre. Ich wäre damit irgendwie klar gekommen. Aber er wollte allein gehen und mich zurücklassen.

Auch den nächsten Tag vegetierte ich auf dem Sofa. Ich bräuchte kein Essen oder Schlaf, denn der Sinn fehlte mir. Ich hatte mitbekommen wie Kira in der Früh zur Arbeit gefahren ist und abends wieder da war, aber auch das war mir egal. Immer wieder kam sie und wollte mich zum Essen überreden aber warum, wo ist der Sinn.

Ich bat sie nur, dass sie in meinem Namen bei Nathan kündigte, wenn das für ihn nicht eh schon klar war.

Dann kam sie am dritten Abend zu mir und knallte mir einen Teller vor die Nase. Dann legte sie noch einen Brief hinzu dessen Papier mir erschreckend bekannt vorkam.

Ich schluckte schwer als Kira sich in ihr Schlafzimmer zurückzog, und ich mich vorbeugen um dem Brief aufzuschlagen.

Es waren ein paar handschriftliche Zeilen, und mir war klar dass er von Nathan war.

Davina, es tut mir unendlich leid, dass du durch mich nun so leiden musst.
Kira hat mir erzählt dass du seit drei Tagen nicht gegessen hast, und ich bitte dich, auch wenn es mir nicht zusteht, lass dich nicht durch mich zerstören.
Ich habe schon zu viele Leben auf dem Gewissen und deines soll nicht auch dazugehören.
Lebe für mich weiter!
Dein Nathan 

Ich presste mir eine Hand auf den Mund, als ein Schluchzen sich den Weg aus meinem Körper bahnte und krümmte mich zusammen.

Nun erst realisierte ich, dass ich ihn verloren hatte.

Just One Drink #Wattys2017Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt