10 | 1943

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Hogwarts,
Dezember 1943

Ich rieb mir die Hände zusammen und versuchte so viel Wärme wie möglich zu schaffen, während ich durch die überfüllten Hallen von Hogwarts hinunterlief.

Heute war einer der kühlsten Tage seit langem. Auch die Körperwärme von Schülern, die draußen für das Quidditch-Spiel warteten, konnten mich nicht warm halten. Vorbei an der Grossen Halle, bereute ich keinen Moment lang, meine Mütze und meine Wollhandschuhe zum heutigen Spiel mitgebracht zu haben. Als Meredith, Druella, Lucretia und ich die Steintreppen auf den Felsen hinunterstiegen, habe ich einen kleinen, wärmenden Zauber in meinen Jackentaschen gesprochen. Druella entging natürlich nichts und fragte mich kurzdarauf hin, was ich denn da gemacht hätte.

"Oh, könntest du mir zeigen wie das geht? Ich friere sowas von!". Ich gab ihr ein freundliches Lächeln und erklärte ihr, wie sie den Zauber ausführen sollte. Der Rest der Mädchen machte es uns nach. Endlich gut aufgewärmt, suchten wir uns einen Platz mit toller Aussicht auf das Quidditsch Feld.

Nun, in den vergangenen Monaten meines sechsten Jahres hier in Hogwarts konnte ich die Unbeliebtheit, die mich seit den Anfangsjahren verfolgt hatte, glücklich vergessen. Im letzten Jahr, nachdem Tom mich am Geburtstag in die Abwasserkanäle gebracht hatte, drehte sich alles um 180 Grad. Ich habe diese Nacht unzählige Male vor meinen Augen abspielen lassen, und ich erinnerte mich noch genau an jeden Augenblick.

Es war plötzlich und unerwartet zu Ende.

Wir lagen verschlungen auf dem Boden, unsere Hände berührten unsere gegenseitigen Körper und unsere Lippen erforschten in ständiger Bewegung die des jeweils anderen. Nachdem, was wie eine Ewigkeit erschien, stolperte Tom von mir weg, als wäre er selbst von seinen eigenen Handlungen erschrocken. Seine Augen weit vor Schock aufgerissen, er schluckte kurz, richtete sich langsam wieder auf und nahm sein Tagebuch vom Boden auf. Ohne auch ein Wort mit mir zu wechseln, lief er den grossen Korridor zurück, welcher zum Ausgang führte.

Ich erinnerte mich, wie ich ihn immer noch am Boden liegend von unten ihn beobachtete. Er sah nicht ein mal zurück, als er ging. Langsam rappelte ich mich nach einer gefüllten Ewigkeit auf und folgte seinen Schatten vor mir. Nach dem Verlassen des Bades hatte Tom beim Waschbecken auf mich gewartet. Er fing mein Handgelenk in einem festen Griff und befahl mir, die heute Nacht zu vergessen.

Dann liess er mich allein.

Er hatte mich für eine ganze Weile allein gelassen um ehrlich zu sein. Jeden Tag versuchte ich, ihm einen Augenblick zu stehlen aber er würde es nicht zulassen. Doch was in dieser Nacht passiert war, konnte mir niemand nehmen. Nicht mal er selbst.

Nach etwa einem Monat bekam ich langsam Angst, dass ich nicht mehr Teil seines geheimen Clubs sein würde. Es gab keine Einladungen und keiner von den anderen Mitgliedern sah mich auch nur an, als sie in den Hallen an mir vorbeigingen. Das war eine schreckliche Zeit, ich wurde halb wahnsinnig vor Sorge, Wut und Enttäuschung. Ich habe damals nicht viel gegessen und sogar die anderen Mädchen schienen sich um mich überraschenderweise zu sorgen.

Aber am ersten Samstag im Dezember hinterliess Tom eine Notiz auf meinem Bett mit nichts weiter, als mit meinem Namen darauf. Ich war noch nie so beruhigt gewesen und meine Freude liess sich nicht mehr im Zaun halten. Wie eine Verrückte, quietschte und tanzte ich auf meinem Bett herum. Zum Glück war niemand im Zimmer. Am Sonntag sah ich Romule in den Gängen und wollte ihn schon fragen wo denn der Ort des nächsten Treffens sein würde. Doch bevor ich die Chance bekam, ihn zu fragen, versicherte er mir, ich solle doch mal den Astronomie Turm ausprobieren. "Und nimm einen Besen mit", fügte Romule noch mit einem Augenzwinkern hinzu.

HeirsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt