Der Mann in Schwarz

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Der Mond ist bereits aufgegangen, als wir in die verlassene Gasse treten und dann unvermittelt stehen bleiben. Wieso warten wir denn an diesem grusligen Ort?

Ich sehe mich um, auch wenn ich wegen der Dunkelheit nicht viel erkennen kann. Doch ich fühle mich sicherer, wenn ich die Umgebung im Blick habe.

»Wir müssen warten«, sagt Fionn und ich sehe ihn an, als ob er mich veralbern will. Ich wende schnell die Augen ab, weil mein herablassender Blick sicherlich genug ausgesagt hat.

Ich höre ihn leise vor sich hin lachen. »Es ist wirklich nicht leicht, deine Schale zu knacken.«

Ich verziehe angewidert den Mund. »Das klingt, als wäre ich ein Käfer.«

»Oder eine Baumnuss«, ergänzt er grinsend.

Ich schnaube, schenke ihm aber nicht weiter meine Aufmerksamkeit. Ich bin noch immer verunsichert wegen der Dunkelheit und der Tatsache, dass wir noch immer in England sind.

Doch als urplötzlich ein ohrenbetäubender Knall in der Stille explodiert, kann ich mir nicht mehr weiter den Kopf darüber zerbrechen. Aus den Schatten der einsamen Gasse lösen sich flinke Gestalten, die allesamt von Kopf bis Fuss in Schwarz gekleidet sind und in aggressiver Haltung auf uns zu kommen.

Ich bin so überrascht, dass ich kaum noch rechtzeitig reagiere. Aber dann schaffe ich es gerade noch einen der Angreifer abzuwehren, indem ich ihm eine knallharte Rechte verpasse.

Er taumelt rückwärts und will sich dann ein zweites Mal auf mich stürzen, doch ich wehre ihn erneut ab. In beinahe gleicher Sekunde steht schliesslich Fionn neben mir, als Verstärkung oder Beschützer, ist mir nicht ganz klar.

»Soll das wieder ein mieser Trick sein?«, frage ich ihn brüllend, um das Getose der Angreifer übertönen zu können.

»Sieht es für dich danach aus, verdammt noch mal!?«, schreit er zurück und ich erkenne, dass er dieses Mal nichts damit zu tun hat. Unweigerlich bedeutet dies, dass wir tatsächlich mächtig in der Scheisse sitzen.

»Wer sind die?«, frage ich, als sie wie wild gewordene Affen auf uns zu gerast kommen.

Fionn sieht mich einen Moment an. Auch wenn es vollkommen unpassend ist, denn er muss praktisch währenddessen weitere Ninja's abwehren. »Sie wollen dich.«

Dann kommt Fionn auf mich zu, schlägt geschwind alle Angreifer nieder, welche sich in meiner Nähe befinden und schubst mich dann in Richtung Hauptstrasse, weg von der unheimlichen Gasse. »Lauf, Emma.«

Ich bleibe einen Moment stehen, unschlüssig was ich nun tun soll. Doch als er mich ein weiteres Mal anbrüllt, ich solle verschwinden, tue ich es schliesslich.

Aus Instinkt, Angst oder purem Überlebenswunsch, weiss ich nicht sicher, doch ich tue was er mir sagt. Und lasse ihn kämpfend zurück.

Jedoch komme ich nicht weit, denn natürlich ist mir einer der in Schwarz gekleideten Krieger gefolgt und packt mich an der Schulter. Er schleudert mich zu sich herum und ich nutze den Schwung um ihm meinen Fuss in den Weg zu stellen, sodass er sich durch eigenes Verschulden breitbeinig hinblättert. Wenn die Situation nicht gefährlich gewesen wäre, hätte ich jetzt lauthals gelacht.

Er ist aber schnell wieder auf den Beinen und noch ehe ich etwas dagegen unternehmen kann, weil ich mit seiner nächsten Bewegung nicht gerechnet habe, jagt er mir eine kleine Spritze in die Seite meines Halses.

Meine Reaktionen funktionieren im ersten Moment noch tadellos, denn ich ziehe das Teil blitzschnell aus meinem Hals. Doch da der Fremde den gesamten Inhalt der Spritze bereits hinaus drückte, als er diese in meinen Körper bohrte, bemerke ich bereits nach wenigen Augenblicken die Wirkung der Substanz.

Mir wird schwindelig und übel. Ich verliere die Kontrolle über meine Gliedmassen, habe das Gefühl, als ob ich ungewollt in den Schlaf fallen würde und kippe schliesslich vor dem Entführer auf die Knie.

Ich sehe, wie er die Hand nach mir ausstreckt, mich am Kragen meiner schwarzen Jacke packt und mich wieder auf die Beine zieht. Doch weil ich langsam das Bewusstsein verliere, kann ich nicht mehr eigenhändig stehen und so geschieht es, dass der Fremde mich auf seine Schulter verfrachtet und kurzer Hand trägt.

Ich versuche mich zusammenzureissen, mich gegen die Droge in meinem Blut zur Wehr zu setzen, doch es gelingt mir nicht.

Stattdessen verdeckt eine unsagbar kalte Dunkelheit mein Blickfeld und ich falle, falle tief in sie hinein, bis sie mich vollkommen ummantelt und zum Schweigen bringt.

Shadow of Past - Band IWo Geschichten leben. Entdecke jetzt